Historiker und Experten aus der Kunst- und Kulturszene wenden sich gegen den geplanten Wiederaufbau der Hamburger Bornplatz-Synagoge nach historischem Vorbild. In einer im Dezember verfassten Stellungnahme fordern sie "einen breiten, offenen Diskurs" über das Projekt.
Das Papier sei unter anderem an politische Vertreter in Hamburg und an die jüdischen Gemeinden verschickt worden, sagte die Direktorin des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien an der Universität Potsdam, Miriam Rürup, am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Hamburg. Sie zählt zu den acht Unterzeichnern.
Kritik an "historisierendem Wiederaufbau"
"Wir begrüßen das Engagement der maßgebenden Hamburger Politiker und Politikerinnen, durch große staatliche Anstrengungen die jüdische Gemeinschaft und ein vielfältiges jüdisches Leben in unserer Stadt sichtbar zu stärken", heißt es unter anderem in der Stellungnahme, die der KNA vorliegt. "Der historisierende Wiederaufbau der Großen Bornplatz-Synagoge scheint uns dagegen aus vielen Gründen nicht der richtige Weg zu sein."
Daran sei "auf besondere Weise problematisch, dass dadurch das Resultat verbrecherischer Handlungen unsichtbar gemacht und die Erinnerung an dieses Verbrechen erschwert wird", so die Unterzeichner mit Blick auf die Zerstörung der Synagoge durch die Nationalsozialisten und den späteren Abriss. Zeitgenössische Neubauten von Synagogen in Konstanz, Gelsenkirchen, München oder Dresden zeigten, wie jüdische Gemeinden ihre Bedürfnisse in einer zeitgemäßen Architektur umsetzen könnten, die ihre Entstehungszeit reflektiere.
Die Hamburgische Bürgerschaft hatte sich im Februar für den Neubau eines jüdischen Gotteshauses an der Stelle der 1906 eröffneten Bornplatz-Synagoge ausgesprochen. Er soll sich architektonisch an dem Vorgängerbau orientieren. Kürzlich hatte der Bundestag Mittel in Millionenhöhe für das Projekt freigegeben.
Weitere Unterzeichner der Stellungnahme sind die Zeithistorikerin Ursula Büttner, Holger Cassens und Ingrid Nümann-Seidewinkel von der Mara-und-Holger-Cassens-Stiftung, Gora Jain und Oliver Kühn vom Forum für Künstlernachlässe, der Bauhistoriker Gert Kähler sowie der Historiker Moshe Zimmermann.
Jüdische Gemeinde widerspricht Kritik
Die Jüdische Gemeinde in Hamburg hat der Kritik am geplanten Wiederaufbau der Bornplatz-Synaoge nach historischem Vorbild widersprochen. "Unseren Wunsch nach einem Wiederaufbau der Bornplatz-Synagoge teilen überwältigend viele Menschen", sagte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Philipp Stricharz, am Mittwoch der "Jüdischen Allgemeinen". Die überwiegende Mehrheit der Hamburger - jüdisch oder nichtjüdisch - sei der Meinung, dass der Wiederaufbau der Synagoge, die der Gemeinde von den Nazis genommen wurde, ermöglicht werden solle.
"Mir persönlich ist zunächst einmal wichtig, was die Hamburger Juden und deren demokratisch gewählte Vertreter wünschen", sagte Stricharz der Zeitung. Würde man Plätze leer und Gebäude zerstört lassen, um an die Verbrechen der Nazis zu erinnern, würde es heute keine Schule und keinen Kindergarten in der ehemaligen Talmud-Tora-Realschule neben dem Bornplatz geben, betonte der Gemeinde-Vorsitzende.
Er kündigte an: "Wir werden intensiv mit denjenigen, die unsere Gemeinde beim Wiederaufbau unterstützen, über das Wie des Aufbaus ins Gespräch gehen."
Die Hamburgische Bürgerschaft hatte sich im Februar für den Neubau eines jüdischen Gotteshauses an der Stelle der 1906 eröffneten Bornplatz-Synagoge ausgesprochen. Er soll sich architektonisch an dem Vorgängerbau orientieren.
Kürzlich hatte der Bundestag Mittel in Millionenhöhe für das Projekt freigegeben. Seit einigen Wochen läuft in Hamburg auch eine Kampagne für den Wiederaufbau. Zu den Unterstützern zählen der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Hamburgs Erzbischof Stefan Heße.