Neues Interviewbuch mit Zollitsch und Glück

Warum wir die katholische Kirche brauchen

Als "Gedankenaustausch über Gott und die Welt" versteht "Christ und Welt"-Chefredakteurin Christiane Florin ihr neues Interviewbuch. Und dementsprechend geht das Gespräch mit dem Bischofskonferenzvorsitzenden Robert Zollitsch sowie ZdK-Präsident Alois Glück ein weites Spektrum an Themen und Fragestellungen an.

Autor/in:
Volker Hasenauer
 (DR)

Was hat Kirche im 21. Jahrhundert zu bieten? Wie will sie Gesellschaft mitgestalten? Warum wenden sich viele junge Menschen ab und wie will Kirche diesen Trend umkehren? Was folgt aus Missbrauchskrise oder dem Deutschlandbesuch des Papstes? Welche Reformen und Aufbrüche streben Katholiken für ihre Kirche an? Ein Überblick also über aktuelle katholische Debatten, Probleme und Hoffnungen auf 160 Interviewseiten.



Oft ergänzen und bestätigen sich Glück und Zollitsch in ihren Analysen, beispielsweise, wenn beide Kirchenvertreter eine aus ihrer Sicht orientierungslose Moderne, hemmungslose Kommerzialisierung oder blinde Wachstumsideologie kritisieren. Binnenkirchlich wird manches Mal deutlich, dass viele Katholiken (und somit auch das von Glück repräsentierte Zentralkomitee der deutschen Katholiken) auf mutigere Reformen hoffen, als sie die Kirchenleitung derzeit anzupacken bereit ist. Beispiel: Frauen in der Kirche, Einführung eines Diakonninnen-Amts, Sexualmoral, Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen oder Ausgrenzung von Mitarbeiterinnen der von der Kirchenhierarchie nicht tolerierten Schwangerenberatung Donum Vitae.



Zollitsch argumentiert, dass auf vielen dieser seit Jahren schwelenden Konfliktfelder einiges in Bewegung gekommen sei. Vielerorts sei etwa ein neues konstruktives Miteinander von Frauen und Männern, von Laien und Klerikern gelungen, so Zollitsch mit Verweis auf das Erzbistum Freiburg. Gleichzeitig hält er aber entschieden am derzeitigen Sakramentenausschluss von Wiederverheirateten fest: "Da muss noch vieles geklärt werden. Es gibt ja zum Beispiel auch den Fall, dass eine Frau sagt: Mein Mann hat mich und die Kinder wegen einer anderen verlassen, nun will er die andere Frau heiraten. In einem solchen Fall wird eine einseitig verstandene Barmherzigkeit als Ungerechtigkeit empfunden."



Kein energisches Nachhaken

Als roten Faden des Interviewbandes stellt Florin immer wieder die Frage nach dem "Aufbruch" in der Kirche, wie ihn das Motto des 98. Deutschen Katholikentags ("Einen neuen Aufbruch wagen") verspricht.  Konkret geht es beispielsweise darum, wie die Kirche nach den Missbrauchsskandalen verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen will. Oder darum, wie trotz immer größer werdender Seelsorgeeinheiten Kirche und Religion vor Ort lebendig bleiben könnte. "Wir wollen uns nicht auf die kleine Herde zurückziehen und sagen: Lass die anderen davon laufen!", bekennt Zollitsch. Doch was für die aktuelle Lage genau daraus folgt, bleibt offen.



Es ist ein mehrfach zu beobachtendes Manko des Interviewbandes, dass energisches Nachhaken oder Fragen nach konkreten Schlussfolgerungen unterbleibt. Nur selten verlassen die beiden routinierten Interviewpartner zudem ihre in zahlreichen öffentlichen Auftritten eingeübten und damit großteils bekannten Rollen und Positionen. Etwa dann, wenn Zollitsch und Glück über ihre biografische Herkunft und ihre persönlichen Wege zum Glauben sprechen.



Hinweis: Vitamin K: Warum wir die katholische Kirche brauchen. Christiane Florin im Gespräch mit Alois Glück und Robert Zollitsch; 160 Seiten, 12,99 Euro, Verlag Herder, Freiburg 2012, 160 Seiten, 12,99 Euro.