Die Gemeinde von Monsignore Wicks (Josh Brolin) ist klein. Und das ist keineswegs ein Versehen. Seine Herde ist überschaubar und fest im Griff ihres Hirten. Seine Predigten sind alles andere als zeitgeistig. Wokeness hat in seiner Kirche keinen Platz, und Barmherzigkeit scheint nicht Teil seines Wörterbuchs zu sein. Wer zu seinen Jüngern dazugehört, weiß, woran er ist – und vor allem, wer das Sagen hat.
Dass der junge Priester und ehemalige Boxer Jud (Josh O’Connor) in die Gemeinde versetzt wird, bringt Unruhe in die Landpfarrei. Wo Jud Seelsorge anbietet, stößt er auf Mauern. Glaubensgespräche ohne Wissen des Monsignore? Beichten bei einem anderen Priester? Undenkbar. Schnell wird klar: Hier prallen zwei Kirchenbilder aufeinander.
Ein Priestermord in der Karfreitagsliturgie
Da ist der eine, der vorgibt, seine Kirche und deren Mitglieder vor einer feindlichen Welt schützen zu müssen. Und da ist der andere, ein Idealist, der die Seelen der Menschen retten will und dabei in dunkle Abgründe blickt. Dann stirbt einer der beiden – ausgerechnet während der Liturgie am Karfreitag. Es ist Mord. Und plötzlich scheint jedes Mitglied der kleinen Gemeinde ein Motiv zu haben.
Spätestens der geniale, atheistische Detektiv Benoit Blanc (Daniel Craig) komplettiert das Drehbuch und lässt befürchten: Ab hier geht es undifferenziert steil bergab. Die Abrechnung mit einer Kirche, die ihre eigenen Werte verrät, scheint vorprogrammiert.
Ambivalenz statt platter Kirchenkritik
Doch was den dritten Teil der Knives-Out-Serie besonders macht, ist sein respektvoller Umgang mit Religiosität. In kaum einem anderen Film wird das Sakrament der Beichte so oft gezeigt, und so ambivalent. Es wird als Machtinstrument, als Waffe, als Ermittlungswerkzeug, als Ausdruck von Trotz missbraucht. Und doch zeigt der Film auch seine wahre Kraft: Reue aus freien Stücken. Wahrheit, die befreit. Vergebung, die nur Gott schenken kann.
Netflix gelingt hier etwas Bemerkenswertes. "Wake Up Dead Man: A Knives Out Mystery" erzählt von Machtmissbrauch, von geistlicher Enge und von der Versuchung, den Glauben an Gott für eigene Zwecke zu vereinnahmen. Die Macher widerstehen dabei aber der Versuchung, in platte Kirchenkritik zu verfallen. Der Film zeigt vielmehr das ehrliche Ringen darum, wie die Liebe Gottes zu den Menschen gebracht werden kann. "Knives Out" erzählt von Schuld, Hoffnung und Gnade.
Ein Plädoyer für die Beichte und das Priestertum
Selten wurde ein Sakralraum auf Netflix so gut inszeniert, wie die kreuzlose Pfarrkirche von Monsignore Wicks in Upstate New York. Und womöglich einmalig ist, dass es theologische und pastorale Gründe hat, dass nicht der Detektiv die Auflösung des Verbrechens vornimmt, sondern der reuige Täter.
Am Ende ist der dritte Teil der "Knives Out"-Reihe mehr als ein cleverer und unterhaltsamer Krimi. Er ist eine Hommage an den Idealismus junger – und sicher auch älterer – Priester, die ihre Unzulänglichkeit in den Dienst ihrer Gemeinde stellen. Und vielleicht ist "Wake up dead man", mit all seinen spannenden Ermittlungen und überraschenden Wendungen, auch ein unerwartetes Plädoyer für ein fast vergessenes Sakrament.