Neue Lutherbibel auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt

Otterngezücht statt Schlangenbrut

Beide großen Kirchen stellen in diesem Herbst neue Bibelübersetzungen vor. Auch wenn es sich für Gläubige um die "Heilige Schrift" und "Gottes Wort" handelt, wird am Text immer wieder gefeilt - so auch bei der jetzt vorgestellten Lutherbibel.

Autor/in:
Christoph Arens
Verschiedene Druckausgaben der neuen Lutherbibel / © Karl-Josef Hildenbrand (dpa)
Verschiedene Druckausgaben der neuen Lutherbibel / © Karl-Josef Hildenbrand ( dpa )

Martin Luther hatte es eilig. Pünktlich zur Leipziger Buchmesse im September 1522 lieferte der auf der Wartburg versteckte Mönch den ersten Teil seiner Bibelübersetzung ab: das Neue Testament in deutscher Sprache.

Schnell waren die 3.000 Exemplare des sogenannten Septembertestaments vergriffen. Bereits im Dezember desselben Jahres wurde eine verbesserte Auflage gedruckt, und schon bald kam es zu Nachdrucken in Basel, Augsburg, Grimma und Leipzig. Das erklärt die rasend schnelle Verbreitung in den Anfangszeiten des Buchdrucks.

Lutherbibel 2017 ist da

Fast 500 Jahre später ist es die Frankfurter Buchmesse, auf der eine überarbeitete Fassung von Luthers Bibel die Öffentlichkeit erreicht. Rechtzeitig zum Beginn der Feierlichkeiten zum 500. Reformationsgedenken am 31. Oktober legten evangelische Kirche und Deutsche Bibelgesellschaft am Mittwoch die "Lutherbibel 2017" vor.

Luther, der geniale Medienstratege, wäre zufrieden: Fahrradtaxis mit der Aufschrift "Die Bibel. Das Buch. Mein Buch" pendelten am Mittwoch zwischen Messehallen und Frankfurter Hauptbahnhof. Als "ersten Bestseller und wichtigsten Longseller" der Literaturgeschichte würdigte der Generalsekretär der Deutschen Bibelgesellschaft, Christoph Rösel, die Bibelübersetzung des Wittenberger Mönchs. Der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Heinrich Riethmüller, sagte, die Bibel sei ein prominentes Beispiel für die "Macht der Bücher". Sie transportiere Werte und sei in ihrer langen Geschichte Bezugspunkt für Kritik, Protest und Aufklärung gewesen.

Sammlereditionen im Schmuckschuber

Hatte schon der Reformator selbst zu Lebzeiten immer neue, verbesserte Fassungen der Heiligen Schrift unters Volks gebracht, so nutzen seine Nachfolger heute die ganze Bandbreite der Publikationskanäle: Die neue Bibelausgabe liegt in 14 Startausgaben vor, zum Beispiel für Schulen und Kirchengemeinden sowie als hochwertige Variante mit Ledereinband und Goldschnitt. Künstler und Prominente wie der Kinderbuchillustrator Janosch und Fußballtrainer Jürgen Klopp haben Sammlereditionen im Schmuckschuber gestaltet.

Außer in Druckausgaben erscheint die Lutherbibel auch in digitalen Formaten, zum Beispiel als E-Book, App und Computersoftware. Die komplette Hörbibel - gelesen von Rufus Beck - erscheint im Frühjahr.

Luthers Übersetzung war zwar nicht die erste Bibelübersetzung ins Deutsche; doch seine geniale, volksnahe Übersetzung trug wesentlich zur Bildung einer einheitlichen deutschen Sprache bei und wurde zum Gründungsdokument der evangelischen Kirchen. Formulierungen wie "jemanden auf Händen tragen", "im Schweiße Deines Angesichts" oder "wie seinen Augapfel hüten" stammen aus seinem Sprachschatz.

Die neue Lutherbibel kehrt zu Luther zurück. "Dort wo Luther draufsteht, soll auch Luther drin sein", bekundete Altbischof Christoph Kähler, der das Projekt leitete. Sie ist den Worten des früheren thüringischen Landesbischofs zufolge wieder näher am Original als vorherige Fassungen.

Aus "Wehmutter" wird "Hebamme"

Im Matthäusevangelium etwa ersetzt Luthers Wort des "Otterngezüchts" die 1984 eingeführte "Schlangenbrut". Theologische Begriffe des Reformators wie "selig" oder "Heiland" kehren zurück. Andererseits musste Luthers Begriff "Wehmutter" der heute verständlicheren "Hebamme" weichen. Textänderungen wurden auch durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse erforderlich: Nicht zuletzt die 1947 in Nähe des Toten Meeres entdeckten Qumran-Texte wurden wichtige Quellen der Neufassung.

Auch enthalte die neue Bibelübersetzung weniger antijüdische Formulierungen als vorherige Fassungen. "Eine ganze Reihe von Antijudaismen haben wir in Überschriften gefunden", sagte Kähler.

Dabei stamme so gut wie keine judenfeindliche Äußerung von Luther selbst. "Die meisten dieser negativen Dinge sind später von Revisoren hineingebracht worden." In der Übersetzung seit 1912 sei etwa von der endgültigen "Verwerfung" Israels die Rede (Röm 11,15), Luther habe hingegen von einem "Verlust" gesprochen.


Quelle:
KNA