Papst feierte Messe im größten Stadion Zyperns

Neue christliche Geschwisterlichkeit

Im GSP-Stadion in Nikosia, im größten Zyperns, feierte der Papst mit rund 10.000 Teilnehmende eine Messe. Dabei appellierte er an mehr Geschwisterlichkeit. In der Gemeinschaft zu leben, sei eine Gnade, so Franziskus.

Papst Franziskus feiert einen Gottesdienst im größten Stadion Zyperns / © Alessandra Tarantino (dpa)
Papst Franziskus feiert einen Gottesdienst im größten Stadion Zyperns / © Alessandra Tarantino ( dpa )

Der Papst wünscht sich ein Erneuern der christlichen Geschwisterlichkeit. "Wenn wir unter uns gespalten bleiben; wenn jeder nur an sich selbst oder an die Seinen denkt; wenn wir uns nicht zusammentun, nicht miteinander reden, nicht gemeinsam gehen, können wir von unserer Blindheit nicht vollständig geheilt werden", sagte Franziskus bei einem Gottesdienst in der zyprischen Hauptstadt Nikosia. Die Messe fand im größten Stadion der Insel mit schätzungsweise 10.000 Teilnehmern statt.

Hässliche Traurigkeit lauere in der Einsamkeit

In Gemeinschaft zu leben, sei eine Gnade, so der 84-Jährige, und: "Hässliche Traurigkeit, die gefährlich ist und nicht von Gott kommt, lauert in der Einsamkeit. Wir müssen uns gegenseitig beistehen, unsere Wunden teilen und den Weg gemeinsam aufnehmen."

Papst würdigt christliche Vielfalt Zyperns

Am Ende der Messe bedankte sich Franziskus bei den Christen auf Zypern. Er habe hier die "Ursprünglichkeit und Vielfalt" der christlichen Tradition gesehen. Und er habe Menschen getroffen, die die Gegenwart mit Hoffnung lebten, offen für die Zukunft seien und diese Haltung den Bedürftigsten zukommen ließen. Dabei denke er insbesondere "an die Migranten auf der Suche nach einem besseren Leben".

Wunden Zyperns

Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa, hatte in seinen Begrüßungsworten daran erinnert, dass Zypern die Wunden Europas und des Mittleren Osten trage. Dazu zählten auch die Wunde der politischen und militärischen Teilung, aber auch der religiösen Differenzen. Dennoch könne Zypern durchaus ein Modell von "Einheit und Harmonie, Begegnung und ernsthafter Freundschaft" werden.

Nähe zu orthodoxer Kirche

Papst Franziskus hat sich für eine größere Nähe zur orthodoxen Kirche ausgesprochen. "Ich hoffe aufrichtig, dass die Möglichkeiten zunehmen werden, einander zu begegnen, sich besser kennenzulernen, viele Vorurteile abzubauen und den Glaubenserfahrungen der anderen offen zuzuhören", sagte er in Nikosia vor dem Heiligen Synod, dem höchsten Gremium der orthodoxen Kirche auf Zypern.

"Synodale Dimension"

Dabei bat das Kirchenoberhaupt konkret um Hilfe bei der Weltsynode bis 2023. Mit dieser wolle die katholische Kirche die "synodale Dimension" der Kirche wiederentdecken. "Und dabei haben wir das Bedürfnis, noch intensiver mit euch, liebe Brüder, zusammenzuarbeiten, die ihr uns durch die Erfahrung eurer Synodalität wirklich helfen könnt", so Franziskus.

Chrysostomos II. beklagt türkische Besatzung

Zuvor hatte Franziskus den orthodoxen Erzbischof Chrysostomos II. zu einem kurzen Gespräch getroffen. Erzbischof Chrysostomos II. beklagte deutlich die türkische Besetzung des Nordens der Insel. Die christlichen Einwohner seien mit "unglaublicher Barbarei" aus ihrer Heimat vertrieben, die uralte klassische Kultur zerstört worden. Der 80-Jährige rief Franziskus auf, die Kirche Zyperns zu unterstützen "für den Schutz und die Achtung unseres kulturellen Erbes und für die Vorherrschaft der unschätzbaren Werte unserer christlichen Kultur, die heute von der Türkei brutal verletzt werden".

Bei einer kurzen Begegnung bat Franziskus den Oberrabbiner Zyperns, Arie Zeev Raskin, der gesamten jüdischen Gemeinde der Insel Grüße auszurichten.

Kritik am Umgang mit Migranten

Mit deutlichen Worten hat Papst Franziskus den derzeitigen Umgang mit Flüchtlingen und Migranten in der "entwickelten Welt" verurteilt. Es sei eine "schwere Krankheit", sich an diese Fluchttragödien zu gewöhnen, eine Krankheit, gegen die kein Antibiotikum helfe, klagte Franziskus bei einem ökumenischen Gebet mit Migranten in der zyprischen Hauptstadt Nikosia. "Es ist der Krieg von heute", eine "Geschichte der Sklaverei" und zugleich die "Geschichte dieser entwickelten Welt", so die anklagenden Worte des Kirchenoberhauptes.

Verantwortung des Papstes

Es sei seine Verantwortung, "Augen zu öffnen", so Franziskus. Es müsse "jedem einen Stich versetzen", dass Stacheldrahtzäune und Lager errichtet würden, während viele Menschen auf dem Mittelmeer gestorben seien und sich weiterhin viele auf den gefährlichen Wegen nach Europa befänden. Für die christlichen Gemeinschaften seien die jungen Migranten ein Spiegel, so der 84-Jährige weiter. Denn all die jungen Migranten seien "keine Fremden, sondern Mitbürger".

Papst nimmt Geflüchtete mit nach Rom

Zugleich kündigte der Vatikan an, von Zypern zwölf Geflüchtete mit nach Rom bringen lassen. Die zyprische Regierung hatte eine solche Geste bereits angekündigt, aber die Zahl von 50 Migranten genannt. Dem Vernehmen nach sind die zwölf Personen eine erste Gruppe. Weitere der geplanten 50 Migranten sollen demnach noch vor Weihnachten folgen sowie Anfang des kommenden Jahres.

"Werkstätte der Geschwisterlichkeit"

In Anwesenheit von Vertretern verschiedener Konfessionen richtete Franziskus an die zyprische Bevölkerung einen Wunsch. "Möge diese Insel, die von einer schmerzlichen Spaltung gezeichnet ist, mit Gottes Gnade zu einer Werkstätte der Geschwisterlichkeit werden." Dafür brauche es zum einen die Anerkennung der individuellen, "unverkäuflichen und nicht vermietbaren" Menschenwürde sowie eine vertrauensvolle Offenheit gegenüber Gott.


Papst Franziskus zelebriert eine Heilige Messe im GSP-Stadion in Nikosia, Zypern / © Philippos Christou (dpa)
Papst Franziskus zelebriert eine Heilige Messe im GSP-Stadion in Nikosia, Zypern / © Philippos Christou ( dpa )

Der orthodoxe Erzbischof Chrysostomos II. begrüßt den Papst zum Treffen mit der Heiligen Synode / © Vatican Media (dpa)
Der orthodoxe Erzbischof Chrysostomos II. begrüßt den Papst zum Treffen mit der Heiligen Synode / © Vatican Media ( dpa )

Papst Franziskus und Arie Zeev Raskin, Oberrabbiner von Zypern / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus und Arie Zeev Raskin, Oberrabbiner von Zypern / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA