Nach Schlüter soll Kirche assistierten Suizid respektieren

"Es gibt hier keinen kirchlichen Sonderweg"

Nach dem Theologischen Vizepräsidenten der westfälischen Kirche, Ulf Schlüter, müssen Kirche und Diakonie den vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Anspruch auf selbstbestimmtes Sterben respektieren. Es gebe keinen Sonderweg.

Assistierter Suizid / © Julia Steinbrecht (KNA)
Assistierter Suizid / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Kirche und Diakonie müssen nach Worten des Theologischen Vizepräsidenten der westfälischen Kirche, Ulf Schlüter, den vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Anspruch auf selbstbestimmtes Sterben "unzweideutig respektieren". "Es gibt hier keinen kirchlichen Sonderweg", unterstrich Schlüter am Mittwoch in Schwerte. Es komme darauf an, eine situationsgemäße und menschengerechte Antwort auf einen Sterbewunsch zu finden. Dabei solle das Prinzip "Vorrang für das Leben - Raum für Verantwortung" gelten.

Grundrechte auf selbstbestimmtes Sterben respektieren

Diakonische Träger von Krankenhäusern und Altenheimen seien verpflichtet, die Grundrechte ihrer Klienten auf selbstbestimmtes Sterben zu respektieren, erläuterte Schlüter. Das schließe auch den Zugang von Dritten ein, die hierfür Hilfe anbieten. Zwar könne keine Institution dazu verpflichtet werden, aktiv Sterbehilfe zu leisten. Zugleich dürfe kein Träger von diakonischen Einrichtungen seinen Klienten oder Patienten den Zugang zu assistiertem Suizid verwehren.

In Verantwortung handeln

Bei einer Entscheidung über einen Sterbewunsch müsse in Verantwortung vor dem Grundrecht des Sterbewilligen, dem eigenen Gewissen und zum Wohl der anvertrauten Menschen gehandelt werden, sagte Schlüter. Grundlegende Aufgabe von Kirche und Diakonie sei es, Menschen die Angst vor dem Sterben zu nehmen: Jede und jeder Einzelne müsse die Gewissheit haben, "am Ende keinesfalls in einer für ihn unerträglichen oder würdelosen Lage gefangen zu sein", sagte der Theologe auf einer Fachtagung der Evangelischen Kirche von Westfalen in Haus Villigst zum assistierten Suizid.

Wenn diese Angst durch die Freiheit der Entscheidung sowie durch das Wissen um wirksame palliative Systeme genommen werde, werde der Wunsch, aktiv aus dem Leben zu scheiden, seltener, erklärte der Theologische Vizepräsident. Dazu sei ein Versorgungsnetz der medizinischen Schmerzbekämpfung und der Seelsorge notwendig. Für die Diakonie solle dies "ein selbstverständliches Markenzeichen" sein.

Auf verbindliche Regeln verzichten

Schlüter plädierte dafür, in der Praxis von Krankenhaus und Altenheim auf verbindliche Regeln im Umgang mit einem Sterbewunsch zu verzichten. In den Grenzfällen solle "auf diakonische Kultur, die Urteilskraft, das Gewissen" und andere Möglichkeiten wie Ethikkommissionen gesetzt werden.

Auch die westfälische Präses Annette Kurschus hatte im Sommer vor der Synode, dem "Kirchenparlament", gesagt: "Die Argumente und die Lebens- und Sterbesituationen sind weitaus vielschichtiger und mannigfaltiger, als dass sie sich in eine einfache Ja-Nein-Alternative fügen ließen." Der Suizid dürfe aber niemals eine rechtlich, ethisch und gesellschaftlich gleichwertige alternative Option zum Leben sein.

Alternativen zur Sterbehilfe

Wie steht die Kirche zur Sterbehilfe?

Die Kirche lehnt die organisierte oder kommerzielle Beihilfe zum Suizid sowie den ärztlich assistierten Suizid ab, weil sie es seit jeher als ihr Selbstverständnis betrachtet, das Leben von seinem Beginn an bis zu seinem Ende hin zu schützen.

Welche Alternativen sieht die Kirche zur Sterbehilfe?

Symbolbild Pflege / © Robert Kneschke (shutterstock)
Quelle:
epd