Nach anstrengenden Wochen für die Kirche hat nun endlich der Fastelovend begonnen

Alaaf, Helau, Fölsch Foll - Hinein und Majuu!

Pünktlich um 11.11 Uhr hat am Donnerstag in den närrischen Hochburgen im Rheinland der Straßenkarneval begonnen. Nun interessiert sich kein Kölner mehr für Exkommunikationen. Mehrere Zehntausend Frauen werden an "Wieverfastelovend" das Regiment übernehmen. Als "Zeichen der Weiberherrschaft" wird den Männern mit der Schere die Krawatte abgeschnitten. Die Jecken stürmen die Rathäuser, um dort bis zum Aschermittwoch zu regieren. Unsere neuen UKW-Hörer in Fulda begrüßen wir mit einem "Fölsch Foll - Hinein" und die in Bretzenheim mit einem jecken "Majuu"!

 (DR)

Unter fast wolkenlosem Himmel hatten schon seit den Morgenstunden Zehntausende Kostümierte ausgelassen in der Kölner Altstadt gefeiert. Ritter in Kettenhemden schunkelten mit knapp geschürzten Teufelchen, gar nicht keusche falsche Nonnen «bützten» (küssten) unerschrockene Piraten. Viele Jecken zeigten sich lokalpatriotisch und trugen Kostüme in den Stadtfarben rot und weiß.

Bei der Verkleidung wurde gerne längst vergangenen Hippie-Tagen gehuldigt, doch auch Exotisches war zu sehen. Ein Frauenstammtisch aus dem Bergischen Land trat geschlossen als blauhaarige TV-Cartoon-Heldin Marge Simpson auf, gleich mehrfach war auch der Batman-Gegenspieler «Joker» zu sehen, durch den der im vergangenen Jahr gestorbene Schauspieler Heath Ledger unvergesslich wurde.

Zudem war die Kölner Innenstadt wohl einer der wenigen Orte, an dem man Skandalsängerin Amy Winehouse nüchtern erleben konnte - oder zumindest eine junge Frau mit Bienenkorb-Frisur und Minirock, die durchaus als Doppelgängerin des labilen Stars durchgehen könnte. «Alkohol trinke ich sowieso nicht», beteuerte Marisa Keller. Spaß am Karneval habe sie trotzdem.

Nur der «Tod» schlich leicht betrübt durch die Gassen der Kölner Altstadt. Dem jungen Mann, der sich mit schwarzer Kutte, Totenkopf-Maske und Plastik-Sense als «Gevatter Hein» verkleidet hatte, war im jecken Gewühl die Freundin abhanden gekommen. Nach einigen hektischen Handy-Telefonaten hatte der Sensenmann dann aber sein geliebtes «Funken-Mariechen» wieder gefunden.

In Düsseldorf füllten sich die Altstadtgassen kurz vor 11.11 Uhr bei Sonnenschein und milden Temperaturen schlagartig mit verkleideten Gestalten. Auf dem Marktplatz war eine 15-köpfige Gruppe englischsprachiger Studentinnen «very excited», da sie sich am Sturm des Rathauses beteiligten. Für ihren ersten Karnevalsauftritt hatten sich die Frauen aus Amerika, Australien und England für schwarz-silberne Punkfrisuren, John-Lennon-Sonnenbrillen und pinke Federboas entschieden. Nur beim Mitsingen unter der Parole «Do bes de platt, was Düsseldorf zu bieten hat» zeigten die Karnevalsneulinge noch leichte Unsicherheiten.

Lautstark unterstützt wurden sie dafür von kampferprobten Möhnen deutlich älteren Semesters, die in Geisha-Kleidung und ausladenden Kleidern Aufsehen erregten. «Wir wollen rein», schmetterten sie Oberbürgermeister Dirk Elbers (CDU) entgegen, der noch versuchte, sie mit den Worten wegzuschicken: «Habt ihr alle nichts zu tun? Ich habe keine Arbeit für Euch. Das Rathaus ist schon geputzt.»

Dennoch stürmten die Möhnen Punkt 11.11 Uhr seinen Amtssitz und übernahmen den von Venezia Ute bereits gesicherten Rathausschlüssel - und damit die Herrschaft über die Stadt. Im Angesicht einer bunten Menge schunkelnder Jecken meinte Prinz Lothar I.: «Wer heut nicht küsst, ist selber schuld». Das ließen sich zahlreiche Jecken nicht zweimal sagen.