Das Papstkostüm ist kein Tabu mehr - Es gibt aber auch Gegner klerikaler Verkleidung

Einmal Heiliger Vater spielen

Für die Deutschen keine Frage: "Wir sind Papst!" Doch seit aus Joseph Ratzinger Benedikt XVI. wurde, heißt es auch immer öfter: "Ich bin Papst!" Denn nach Nonnenkostümen und Priestergewändern haben Faschings-Fans jetzt auch die weiße Soutane, das Gewand des Heiligen Vaters, als ideale Karnevalsverkleidung für sich entdeckt. Der Kölner Weihbischof Koch sieht die Situation gelassen, warnt aber vor Provokationen. Der Chefredakteur der Kölner Kirchenzeitung, Georg Schmidt, findet nichts Witziges an Mönchen und Nonnen.

Autor/in:
Martina Gnad
 (DR)

Ein Trend, den die Kostümhersteller schnell aufgegriffen haben. Wer sich einmal wie das Oberhaupt der katholischen Kirche fühlen will, hat inzwischen die breite Auswahl. Feste Bestandteile jedes Kostüms sind die Soutane, der Schulterumhang, der Gürtel, die Scheitelkappe und das große Brustkreuz. Dafür zahlt der angehende Papst dann zwischen 20 und 40 Euro - durchaus im Rahmen, findet Frank Schröder, Geschäftsführer der Kölner Filiale des Kostümherstellers "Der Karnevalswierts". Schließlich erwerbe der Käufer nicht nur ein originelles, sondern auch ein sehr praktisches Gewand: "Man kann wenig darunter tragen oder sehr viel - es ist wirklich vielseitig verwendbar."

Außerdem eignet sich das Kostüm nach Angaben von Schröder gut, wenn Freunde gemeinsam nach einer Verkleidung suchen: "Einer ist Papst, dann gibt es ein paar Nonnen dazu. Und wir haben ja auch noch Bischöfe und Priester, das ganze Sammelsurium." Dass viele Narren diese Vorteile zu schätzen wissen, erkennt Schröder an den Verkaufszahlen. Seit der Papstwahl im Jahr 2005 gehen sie stetig nach oben.

Gar nicht überraschend kommt diese Entwicklung für den Psychologen Frank Oelsner. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Karneval und hat schon einige Bücher über das "Fest der Sehnsüchte" geschrieben, wie er es nennt. Die Papstschwemme auf deutschen Straßen ist für ihn eine Folge der anhaltenden Benedetto-Euphorie: "Dieses Wir-sind-Papst-Gefühl hat die Hemmschwelle noch einmal ein Stückchen gesenkt. Früher war der Papst gerade für Nicht-Katholiken jemand, der fern in Rom saß. Durch die verstärkte Medienpräsenz ist das vielen greifbarer geworden." Für etliche Menschen sei der Papst inzwischen so etwas wie ein Popstar - und damit zur Nachahmung freigegeben. "Es ist einem einfach weniger heilig", glaubt Oelsner. "In früheren Zeiten war das noch tabuisierter."

Deshalb kann er durchaus verstehen, dass diese Entwicklung vielen deutschen Geistlichen bitter aufstößt. Von Blasphemie und fehlendem Anstand ist in Kirchenkreisen die Rede. Dennoch warnt der Psychologe vor überzogener Panik. Die wenigsten Träger wollten durch das Kostüm Kirchenkritik üben oder provozieren. Stattdessen stehe der Wunsch nach Kontakt im Vordergrund - zumindest unterbewusst: "Wer in das Gewand einer exponierten, weltbekannten Persönlichkeit schlüpft, der veranlasst andere Menschen dazu, einen anzusprechen. Die Menschen wollen mit ihren Kostümen ja nicht alleine bleiben."

Dass zuviel Widerstand oft das Gegenteil bewirkt, wissen vor allem die Kirchenvertreter in den Faschings- und Karnevalshochburgen. Darum gibt sich auch der Kölner Weihbischof Heiner Koch betont gelassen. Er wolle das Thema nicht "hochdramatisieren", doch gleichzeitig appelliert er an alle Narren: "Verletzen Sie die religiösen Gefühle der Menschen nicht!" Verwechselungen mit dem Original hält er aber für ausgeschlossen. Denn Benedikt XVI. "trägt das Gewand mit Würde und ganz anders, das habe ich selbst erlebt".

Keine Kutten für Unberufene?
Etwas anders sieht die Situation Stefan Georg Schmidt, Chefredakteur der Kölner Kirchenzeitung. Im Kommentar der aktuellen Ausgabe warnt er davor, Nonnen und Mönche "zu Witzfiguren" zu machen, "über die man Possen reißt". Das sollten sich "alle hinter die Ohren schreiben, denen jetzt im Karneval wieder nichts Originelleres zum Verkleiden einfällt als Mönchskutten oder Nonnenhauben. Für die Papstkostüme, die offenbar hier und da in Mode kommen, gilt dasselbe", schreibt Schmidt, gebürtiger Niederrheiner.

Auch das Argument, dass sich die Menschen mit den Dingen, über die sie sich lustig machen, immerhin noch auseinander setzten, lässt er nicht gelten: "Es bleibt ein Geheimnis, wo die verstandesmäßige Auseinandersetzung mit dem christlichen Ordensstand liegen soll, wenn ein Angetrunkener in Mönchskutte über Tisch und Bänke geht oder wenn eine verkleidete Nonne mit Netzstrümpfen und Strapse auf Tour zieht. Solchen Spaßvögeln kann man allenfalls zur Entschuldigung anrechnen, dass sie vielleicht gar nicht wissen, was sie tun." Die Nonnen- und Mönchskleider sollte man von denjenigen tragen lassen, die dazu berufen seien, meint Schmidt, Pressesprecher des Kölner Kardinals.

Erzbistum: Es gibt Regeln
Das Kölner Erzbistum hat schon vor fast dreißig ein Papier zum Thema Karneval herausgegeben, welches nun im Januar noch einmal neu aufgelegt wurde und bei vielen Gläubigen für Staunen sorgte: "Liturgie und Leben. Handreichung zu Brauchtums- und Mundartmessen." Es basiert auf Vorschriften, die seit vielen Jahren feststehen und z.B. im Sommer 1979, damals noch unter Kardinal Höffner, im Amtsblatt veröffentlich wurden. Danach gehört die Fröhlichkeit zwar zum Glauben, aber Kostüme in der Kirche sind nicht erwünscht, Platt darf zwar gepredigt werden, liturgische Texte und bestimmte Gebete oder die Wandlungsformel in Mundart sind jedoch nicht gestattet.

Ganz so streng werden die Regeln jedoch nicht eingehalten, meist findet sich doch eine "kölsche Lösung". Und war es nicht der Kardinal höchstselbst, der für tausende Karnevalisten im Kölner Dom ein Extra-Pontifikalamt abhielt und seine Predigt mit einem zünftigen Alaaf beendete? Er wolle, so Meisner in der Messe, beim Papst noch einmal nachfragen, ob das liturgisch in Ordnung gehen würde ...

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