Musterprozess zur Patentierbarkeit menschlicher embryonaler Stammzellen

Patentierter Mensch?

Beim Europäischen Patentamt (EPA) in München steht eine Grundsatzentscheidung zur Patentierbarkeit menschlicher embryonaler Stammzellen an. Am Dienstag und Mittwoch findet vor der Großen Beschwerdekammer des EPA eine Anhörung zu einem bisher nicht genehmigten Patent der US-Firma Wisconsin Alumni Research Foundation statt. Kritiker wie die Umweltorganisation "Greenpeace" erwarten, dass der Ausgang des Musterprozesses für alle weiteren anhängigen Fälle verbindlich sein wird. Dabei geht es nach den Angaben um rund 100 weitere Patentanmeldungen.

 (DR)

Bei der Entscheidung geht es um ein Patent, das der US-Forscher James Thomson bereits im Januar 1995 beantragt hatte. Bislang scheiterte er damit. Die Große Beschwerdekammer des EPA ist die letzte Instanz. Ihr Spruch kann vor keinem anderen Gericht angefochten werden.

Der Tübinger Ethiker Dietmar Mieth bezeichnete es in einem Pressegespräch als problematisch, dass das EPA ethische Grundsatzentscheidungen von dieser Tragweite fällen könne. Der katholische Theologe sprach sich dafür aus, die ethische Kompetenz der Behörde zu stärken, etwa durch eine ständige Ethik-Kommission. Außerdem solle sich die EU auf politischer Ebene mit den strittigen Fragen befassen.

"Kommerzialisierung menschlichen Lebens"
Nach Angaben der Münchner Molekularbiologin Ruth Tippe hat das EPA seit 1990 insgesamt 41 von mehr als 300 Patentanmeldungen auf Stammzellen stattgegeben. Nur in einem Fall, nämlich dem des Bonner Forschers Oliver Brüstle, habe sich das Patent auch auf menschliche embryonale Stammzellen erstreckt. In den übrigen Fällen sei es um adulte oder tierische Stammzellen gegangen.

Nach dem Europäischen Patentübereinkommen ist die Verwendung menschlicher Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken nicht patentierbar. Wenn die Beschwerdekammer die bisherige Linie des EPA bestätigen sollte, so «Greenpeace», würden der Kommerzialisierung menschlichen Lebens Grenzen gesetzt. Wie weitreichend solche Entscheidungen seien, zeige ein Fall aus dem Jahr 1999. Damals habe das EPA den Weg für Patente auf Saatgut und Tiere freigegeben, obwohl dies nach dem Wortlaut europäischer Patentgesetze verboten sei. Inzwischen gebe es in Europa bereits rund 600 Patente auf Pflanzen und 300 auf Tiere.

«Greenpeace» verlangt eine Neuverhandlung der EU-Patentgesetze. Alle Patente auf Lebewesen und ihre Gene müssten verboten werden. Die Kommerzialisierung des Lebens sei schon weit fortgeschritten. Es bestehe die Gefahr, dass menschliche Embryonen künftig in industriellem Stil aus wirtschaftlichen Motiven geklont würden. Die Umweltorganisation hat in den vergangenen Jahren etliche Einsprüche beim EPA gegen Patente auf Leben erhoben. In mehreren Fällen wurden daraufhin Patente wieder eingeschränkt, sofern sie sich auf menschliches Zell-Material erstreckten.