Muslime kritisieren Bundesregierung für Israel-Unterstützung

Zu wenig Einsatz für Waffenstillstand

Seit knapp sechs Monaten führt die israelische Armee ihre Militäraktion gegen die terroristische Hamas im Gazastreifen durch. Deutschland unterstützt das – viel zu unkritisch, meint der Koordinationsrat der Muslime.

Bundeswehr wirft Hilfsgüter für Gazastreifen ab / © Sherifa Kästner/Bundeswehr (dpa)
Bundeswehr wirft Hilfsgüter für Gazastreifen ab / © Sherifa Kästner/Bundeswehr ( dpa )

Der Koordinationsrat der Muslime hat der Bundesregierung mangelnden Einsatz für einen Waffenstillstand im Gazastreifen vorgeworfen. "Deutschland unternimmt leider keine ausreichenden Anstrengungen, um diesem Krieg ein Ende zu setzen", heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Offenen Brief des Gremiums an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Insbesondere kritisiert der Verband, dass die Bundesregierung weiter Israel bei seiner seit fast sechs Monaten andauernden Militäraktion unterstütze, "obwohl bekannt ist, dass in der aktuellen Regierung israelische rechtsextreme Fanatiker den Ton angeben". Dadurch hätten das internationale Ansehen Deutschlands sowie dessen Vertrauenswürdigkeit für den weltweiten Einsatz für Menschenrechte gelitten.

Unglaubwürdig 

"Wer trotz besseren Wissens schweigt und die Menschenrechtsverletzungen nicht deutlich und mit Nachdruck verurteilt, macht sich unglaubwürdig, wenn er sich woanders für Menschenrechte und internationales Recht stark machen möchte", heißt es in dem Brief.

Dem Koordinationsrat gehören den Angaben zufolge der Moscheeverband Ditib, der Zentralrat der Muslime in Deutschland, der Islamrat, die Union der Islamisch Albanischen Zentren sowie der Zentralrat der Marokkaner an.

Vorwurf: Kriegsverbrechen 

Die Verbände werfen der israelischen Armee vor, im Gazastreifen Kriegsverbrechen zu begehen. So seien 33.000 Menschen seit Beginn der Operation getötet worden, darunter auch über 12.000 Kinder. Deutschland müsse sich dafür einsetzen, dass diese Fälle dokumentiert und wenn nötig strafrechtlich verfolgt würden.

Am 7. Oktober hatten Terroristen auf Geheiß der Hamas im Süden Israels ein Massaker mit rund 1.200 Toten angerichtet und mehr als 200 Menschen in den Gazastreifen verschleppt. Israel antwortete mit einer großangelegten Militäroffensive, die bis heute anhält. Dutzende israelische Geiseln werden immer noch von der Hamas festgehalten.

An Zwei-Staaten-Lösung festhalten 

Zugleich solle die Bundesrepublik weiter auf die Zwei-Staaten-Lösung dringen sowie unmittelbar Schritte unternehmen, um humanitäre Hilfe für den Gazastreifen über den Landweg zu ermöglichen, heißt es in dem Brief. Auch der Internationalen Gerichtshof in Den Haag hatte Israel im Januar aufgefordert, umgehend Maßnahmen zum Schutz der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen vor Gewalt zu ergreifen und humanitäre Hilfe zuzulassen.

Der Koordinationsrat betont auch seine eigene Verantwortung für jüdisches Leben in Deutschland. "Antisemitismus soll und darf in unserer Gesellschaft keinen Platz finden." Diese Verantwortung müsse jedoch zusammen gehen mit der Achtung von Menschenrechten und dem Einsatz für menschliches Leben "überall auf der Welt, insbesondere jetzt für die Rechte der Palästinenser in Gaza und im Westjordanland".

Zweistaatenlösung

Mit der Resolution 181 (II) hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen am 29. November 1947 den UN-Teilungsplan für Palästina angenommen. Er sieht die Einrichtung zweier unabhängiger Staaten für Juden und Araber auf dem Gebiet Palästinas vor und wollte Jerusalem und Bethlehem unter internationale Kontrolle stellen. 

Getrennte Straße in der Judäischen Wüste / © Andrea Krogmann (KNA)
Getrennte Straße in der Judäischen Wüste / © Andrea Krogmann ( KNA )
Quelle:
KNA