Muslime fordern differenzierte Sicht auf Nahostkonflikt

Debatte schürt Vorurteile und Stigma

Der Koordinationsrat der Muslime fordert mehr Sachlichkeit und Differenzierung in Bezug auf den Nahostkonflikt. "Die Debatte spaltet unsere Gesellschaft", erklärte das Gremium aus fünf islamischen Organisationen am Mittwoch in Köln.

Eine verletzte Palästinenserin wird nach einem israelischen Luftangriff ins Krankenhaus gebracht / © Abed Rahim Khatib (dpa)
Eine verletzte Palästinenserin wird nach einem israelischen Luftangriff ins Krankenhaus gebracht / © Abed Rahim Khatib ( dpa )

Es gebe mehr als die zwei Lager pro-palästinensisch oder pro-israelisch, heißt es in der Erklärung des Rates. Die meisten Menschen forderten das Ende der Gewalt und Frieden. Das werde medial und politisch nicht transportiert. "Die bisherige Debatte schürt Vorurteile und führt zu verbalen oder tätlichen Angriffen gegenüber Juden und Muslimen".

Mehr Übergriffe auf Juden und Muslime 

Jüdische Menschen und Einrichtungen seien antisemitischen verbalen und tätlichen Angriffen ausgesetzt, hieß es. Seit der Gewalteskalation in Nahost lebten sie in großer Sorge vor Übergriffen. Zudem habe es auch dutzende Übergriffe auf Muslime und Moscheen gegeben.

Muslimische Familien berichteten von Stigmatisierungen von Kindern und Jugendliche in Schulen.

Muslimische Menschen seien in Deutschland mit "gebetsmühlenartig wiederholten Distanzierungsforderungen vom Terror" konfrontiert, erklärte der Rat.

Fehlendes Verständnis für palästinensische Opfer

Wer auf die palästinensischen Opfer aufmerksam mache, werde teilweise ausgegrenzt. Viele Betroffene seien frustriert und fühlten sich nicht verstanden. Wenn sie den Terror verurteilen, würden ihre Aussagen in Zweifel gezogen.

"Dieser Generalverdacht führt insbesondere bei jüngeren Muslimen zu einer Entfremdung - eine zutiefst besorgniserregende Entwicklung".

Es gehe nicht darum, den Terror zu relativieren oder zu unterstützen, betonte der Koordinationsrat. Wer Verbrechen verteidigt, müsse "selbstverständlich Gegenwind ernten".

Solidarität mit Palästinensern verdient Gehör

Wer jedoch legitime Forderungen stelle, das Leid des palästinensischen Volkes thematisiere, sich mit Palästinenserinnen und Palästinensern solidarisiere und für Frieden einsetze, verdiene Gehör.

Auf antisemitische Äußerungen und Plakate bei pro-palästinensischen Demonstrationen ging der Rat in der Erklärung nicht ein. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, hatte solche Vorfälle am Wochenende verurteilt.

"Passt auf, wo ihr mitlauft", sagte er im Deutschlandfunk. Judenhass und antisemitische Parolen hätten auf Kundgebungen "nichts zu suchen". Jede Form von Menschenfeindlichkeit müsse bekämpft werden.

Mitglieder des KRM sind die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion Ditib, der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland, die Union der Islamisch-Albanischen Zentren, der Zentralrat der Muslime und der Zentralrat der Marokkaner.

Mehr als 30 Deutsche aus Gazastreifen in Sicherheit gebracht

Am Freitag sind mehr als 30 Deutsche über den ägyptischen Grenzübergang Rafah aus dem umkämpften Gazastreifen in Sicherheit gebracht worden. Das teilte das Auswärtige Amt am Abend auf der Online-Plattform X mit. Unter den Ausgereisten sind den Angaben zufolge Familien mit Kindern. Das Team der deutschen Botschaft in Kairo kümmere sich nun um sie. "Wir setzen unsere Bemühungen fort und arbeiten intensiv daran, dass weitere Deutsche ausreisen können", hieß es weiter.

Rauch nach israelischen Luftangriffen im Gazastreifen / © Abed Khaled (dpa)
Rauch nach israelischen Luftangriffen im Gazastreifen / © Abed Khaled ( dpa )

 

Quelle:
epd