Ministerpräsident kündigt Konzept zum besseren Schutz von Kindern an

NRW will Interessen von Familien stärken

Die nordrhein-westfälische Landesregierung will im neuen Jahr die Interessen von Kindern stärken. "Wir dürfen nicht länger zusehen, wenn Eltern überfordert sind und Kinder verwahrlose", sagte NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) in seiner Neujahrsansprache am Montag im WDR-Fernsehen und kündigte ein Konzept zum besseren Schutz von Kindern an. "Wenn Eltern das Wohl ihrer Kinder missachten, werden wir eingreifen."

 (DR)

Rüttgers kündigte zudem den weiteren Ausbau von Kindergärten zu Familienzentren an. Auch die Integration von Kindern aus Zuwandererfamilien solle in 2007 Schwerpunkt der Landesregierung sein. Bereits im vergangenen Jahr habe das Land NRW eine Viertel Milliarde Euro mehr an öffentlichen Mitteln für Kinder und Jugendliche zur Verfügung gestellt als zuvor, sagte der Ministerpräsident. Darüber hinaus seien 3.230 neue Lehrerstellen geschaffen worden.

Rüttgers zeigt sie zugleich besorgt über die zunehmende Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft. Beim Thema Jugendkriminalität "müsse härter durchgegriffen werden", sagte der CDU-Politiker.

NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) hatte nach dem Mord an einem 20-jährigen Häftling in der Justizvollzugsanstalt Siegburg im November bereits neue Haftbedingungen in Gefängnissen angekündigt. Künftig sollen Häftlinge bereits bei der Eingangs-Untersuchung im Gefängnis mit einer Risiko-Analyse auf ihre Gewaltbereitschaft hin untersucht werden. Zudem sollen mit mehr Personal und mehr Beschäftigungsmöglichkeiten für die Häftlinge die Straftaten hinter Gittern eingedämmt werden.

Die Neujahrsansprache des Ministerpräsidenten im Wortlaut

„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
im gerade zu Ende gegangenen Jahr haben wir den 60. Geburtstag unseres Bundeslandes gefeiert. 2 Millionen Menschen haben am großen Bürgerfest teilgenommen. Deshalb werden wir künftig jedes Jahr einen Nordrhein-Westfalen-Tag feiern. Dieses Geburtstagsjahr war ein gutes Jahr für unser Land.
Der Aufschwung ist da. Er hat den Arbeitsmarkt erreicht. Die Zahl der Arbeitslosen liegt unter 1 Million. Noch wichtiger: Mehr als 110.000 Männer und Frauen haben einen festen Arbeitsplatz gefunden. Wir haben es trotz mancher Schwierigkeiten geschafft, dass fast jeder Jugendliche eine Lehrstelle oder ein anderes Angebot bekommen hat. Experten haben uns den Titel „Aufsteigerland Nr. 1" verliehen.
Zu diesen Erfolgen haben Sie alle beigetragen. Männer und Frauen. Alte und Junge. Einheimische und Zugewanderte. Dafür sage ich Ihnen allen herzlich Danke. Um das zu erreichen, mussten wir die Schulden¬spirale im Landeshaushalt stoppen. Das war nur mit Ihrem Verständnis und Ihrer Hilfe möglich. Doch es hat sich gelohnt. Statt Schulden zu machen können wir wieder mehr investieren. Vor allem in Bildung und Innovation.

Heute tritt das neue Hochschulfreiheitsgesetz in Kraft. Unsere Hochschulen haben jetzt die Chance, weltweit Spitze zu werden. Ich danke den Lehrerinnen und Lehrern, den Schülern und Eltern für ihre Bereitschaft, im Rahmen des neuen Schulgesetzes Neues zu wagen.

Das Ziel unserer Bildungspolitik bleibt mehr individuelle Förderung und mehr Durchlässigkeit in unseren Schulen. Bereits jetzt konnten wir den Unterrichtsausfall von 5 Millionen Stunden auf 2,8 Millionen senken. Wir haben 3230 neue Lehrerstellen geschaffen. Und wir haben die Zahl der Ganztagsschulplätze in den Grundschulen auf 115.700 erhöht.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
Sie wissen: Meine Frau und ich setzen uns für die Kinder in Nordrhein-Westfalen ein. Heute kann ich Ihnen berichten: Der Landtag hat im vergangenen Jahr eine Viertel Milliarde Euro mehr für Kinder und Jugendliche zur Verfügung gestellt. Wir bauen die Kindergärten zu Familienzentren aus. Die ersten 250 haben ihre Arbeit bereits aufgenommen. Bis Mitte Juni werden es weitere 750 Einrichtungen sein. Unsere Kinder sollen es einmal besser haben.

Aber immer mehr Kinder brauchen unseren Schutz. Zum Beispiel vor Gewalt auf den Schulhöfen. Wir werden das Thema Jugendkriminalität anpacken. Die zunehmende Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft macht mir Sorge. Ich glaube: Wir müssen härter durchgreifen.

Wir dürfen nicht länger zusehen, wenn Eltern überfordert sind und Kinder verwahrlosen. Väter und Mütter sind nicht nur erziehungsberechtigt. Sie sind auch dazu verpflichtet. Wenn Eltern das Wohl ihrer Kinder missachten, werden wir eingreifen. Wir legen in Kürze ein umfassendes Konzept vor. Wir werden Familien vorbeugend unterstützen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Integration von Kindern aus Zuwandererfamilien. Ab April werden alle Vierjährigen einen Sprachtest machen. Jedes Kind, das nicht altersgemäß Deutsch spricht, bekommt dann Hilfe. Denn nur wer Deutsch spricht, startet auch erfolgreich ins Leben.

All das dient dem Ziel: Unsere Gesellschaft darf nicht auseinander fallen. Jeder muss seine Chance bekommen. Wer etwas leistet, muss den sozialen Aufstieg schaffen können. Wer etwas geleistet hat, darf nicht absteigen. Das war das Versprechen, dass uns unsere Eltern gegeben haben. Wir sollten es auch unseren Kindern geben.
Helfen Sie mit, dass wir gemeinsam stark in eine gute Zukunft gehen. Ich wünsche Ihnen mit Ihren Familien und Freunden und besonders allen, die sich einsam und allein fühlen, ein gutes, ein gesegnetes neues Jahr."