Die Bundeswehr ist nach Einschätzung des katholischen Militärbischofs Franz-Josef Overbeck derzeit personell nicht in der Lage, ihre Schutzfunktion zu erfüllen. Daher sei die aktuelle Debatte um den Wehrdienst notwendig. "Um der Zukunft unseres Landes und des inneren Friedens willen muss sie mit großer Sorgfalt geführt werden", erklärte Overbeck am Donnerstag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur. In der kommenden Woche nimmt der Bischof an der Gesamtkonferenz der katholischen Militärseelsorge teil, um über aktuelle Themen zu beraten.
In der Diskussion um einen Wehrdienst betonte der Bischof, eine Pflicht stelle einen erheblichen Eingriff in Freiheitsrechte dar und sei nur dann legitim, wenn freiwillige Maßnahmen ausgeschöpft seien. "Deshalb plädieren wir derzeit für eine allgemeine Wehrerfassung und für ein intensiveres Werben um Freiwillige", sagte Overbeck der KNA.
Spahn wie Wadephul für Wehrpflicht sofort
Sollte die Rückkehr zu einer Wehrpflicht unumgänglich sein, müssten laut Militärbischof zunächst Fragen der Wehrgerechtigkeit geklärt werden. "Wichtig ist mir, dass diese Pflicht nicht einfach selbstverständlich der jungen Generation allein aufgebürdet wird." Verteidigungsfähigkeit sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Für ältere Generationen könnten etwa parallel freiwillige Tätigkeiten im Zivil- und Heimatschutz ausgebaut werden.
In der Debatte über den geplanten Wehrdienst spricht sich nach Außenminister Johann Wadephul auch Unionsfraktionschef Jens Spahn (beide CDU) für die sofortige Einführung einer Wehrpflicht aus. "Wir müssen als Gesellschaft unser Bewusstsein an die Lage anpassen. Wir sind nicht im Krieg, aber auch nicht mehr im Frieden", sagte er den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.
Gesetz setzt bisher auf Freiwilligkeit
Um die Freiheit zu verteidigen, müsse man glaubhaft verteidigungsfähig sein, fügte er hinzu. Dazu müsse so rasch wie möglich eine funktionierende Drohnenabwehr aufgebaut werden. Zur Forderung des Außenministers nach sofortiger Wiedereinführung der Wehrpflicht sagte Spahn: "Wenn die These des Verteidigungsministers stimmt, dass Putin 2029 Nato-Gebiet angreifen könnte, dann kann die gemeinsame Schlussfolgerung nur sein, dass wir beim Wehrdienst deutlich ambitionierter sein müssen. Also: Ja, da hat Jo Wadephul Recht."
Die Wehrpflicht war in Deutschland 2011 ausgesetzt worden, was in der Praxis einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleichkam. Anstelle des Zivildienstes wurde der Bundesfreiwilligendienst eingeführt. Im Sommer brachte das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Einführung eines neuen Wehrdienstes auf den Weg. Der Entwurf führt eine Wehrerfassung junger Männer ein, setzt aber zunächst auf Freiwilligkeit und einen attraktiveren Dienst. Als Grund wird eine neue Bedrohungslage in Europa genannt.