Metropolit Augoustinos kritisiert Russen vor orthodoxem Konzil

"Persönliches Interesse über Einheitsgedanken"

Kurz vor Beginn des Orthodoxie-Konzils auf Kreta hat Metropolit Augoustinos von Deutschland die Russische Orthodoxe Kirche wegen ihrer Absage ungewöhnlich scharf kritisiert.

Metropolit Augoustinos  / © Cornelis Gollhardt (KNA)
Metropolit Augoustinos / © Cornelis Gollhardt ( KNA )

Die russische Kirche stelle persönliches Interesse, "das auf nationalistischen Bestrebungen und Vormachtstreben beruht, über das höchste Interesse der Einheit unserer heiligen orthodoxen Kirche", erklärte der Vorsitzende der deutschen Orthodoxen Bischofskonferenz am Donnerstag in Bonn kurz vor seiner Abreise nach Kreta.

Absage der russisch-orthodoxen Kirche

Das Konzil findet vom 19. bis 26. Juni auf Kreta statt. Auftakt ist am Sonntag, dem orthodoxen Pfingstfest. Nach den Patriarchaten von Bulgarien, Georgien und Antiochien hatte die Russische Orthodoxe Kirche am Montag ihre Teilnahme an dem seit mehr als 50 Jahren geplanten historischen Konzil abgesagt. Mit rund 160 Millionen Mitgliedern stellt Russland mehr als die Hälfte aller orthodoxen Christen weltweit.

Der für die Absage "ins Feld geführte Vorwand war von vielen erwartet worden", erklärte der griechisch-orthodoxe Metropolit Augoustinos: "Denn er hat durch die allbekannten Spielchen, die Täuschungsmanöver und unsinnigen Boykottmaßnahmen bereits die präkonziliaren Verhandlungen gelähmt und zielt nicht auf die Verschiebung, sondern auf das Scheitern des Heiligen Großen Konzils."

Ehrenoberhaupt der orthodoxen Weltkirche mahnt zur Teilnahme

Er habe bis zum letzten Augenblick gehofft, die Kirche Russlands "hätte nach mehr als fünf Jahrhunderten und jedenfalls nach den Schrecknissen der langen Jahre des Atheismus wenigstens ein gesundes kirchliches Denken erworben und sich zur Höhe der Tatsachen erhoben", fügte Metropolit Augoustinos hinzu. Es sei noch Zeit, diese Position zu revidieren und in "Übereinstimmung mit dem recht verstandenen Interesse unserer Kirche zu handeln", betonte Augoustinos. Auch der Ökumenische Patriach von Konstantinopel, Bartholomäus I., - das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Weltkirche - hatte am Mittwoch alle Kirchen zur Teilnahme ermahnt.

Aus verschiedenen orthodoxen Kirchen waren in den vergangenen Wochen kritische Stimmen zum Konzil laut geworden. Einige beklagten eine zu liberale, zu ökumenische Ausrichtung der Versammlung. Andere haben Vorbehalte gegen Dokumente und Abläufe, die von den Konzilsteilnehmern allerdings selbst im Januar beschlossen wurden.

Machtspiele zwischen Moskau und Konstantinopel

Beobachter sprechen auch von Machtspielen zwischen Moskau und dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel um die Vorherrschaft in der Orthodoxie. Das Konzil am orthodoxen Pfingstfest (19. Juni) auf Kreta wäre nicht nur die erste gesamtorthodoxe Versammlung seit mehr als einem Jahrtausend, sondern dient auch der Selbstvergewisserung und Standortbestimmung der orthodoxen Kirchengemeinschaft.


Quelle:
epd