Ökumenischer Patriarch Bartholomaios I. leitet Orthodoxes Konzil

Beharrlich für die Einheit

Ohne seinen Einsatz hätte es das Panorthodoxe Konzil nicht gegeben - und nun ist es gefährdet. Trotz äußerer Machtlosigkeit ist das Ehrenoberhaupt der Orthodoxie die treibende Kraft zum Konzil - gegen manche Widerstände.

Autor/in:
Norbert Zonker
Patriarch Batholomaios I. 2014 in Frankfurt  / ©  Arne Dedert (dpa)
Patriarch Batholomaios I. 2014 in Frankfurt / © Arne Dedert ( dpa )

Wenn der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., am orthodoxen Pfingstsonntag (19. Juni) die "Große und Heilige Synode" der Orthodoxie in der Kirche des heiligen Minas in Heraklion eröffnet, sollte das der Höhepunkt seiner 25-Jährigen Amtszeit werden. Doch der Traum vom Panorthodoxen Konzil, an dessen Verwirklichung er lange und hart gearbeitet hat, ist jetzt durch Konflikte und Absagen brüchig geworden.

Ohnehin ist der Alltag des Ehrenoberhaupts der Weltorthodoxie derzeit wenige erfreulich. In der Türkei, ihrem historischen Stammland, ist die griechische Orthodoxie seit vielen Jahrzehnten bedrängt.

Bedrängte Kirche

Hoffnungszeichen aus der ersten Phase der Erdogan-Regentschaft haben sich bislang kaum erfüllt. An die lange Phase eines laizistischen und generell religionsunfreundlichen Kemalismus hatte sich längst eine Islamisierung des öffentlichen Lebens angeschlossen, die der christlichen Minderheit kaum Entfaltungschancen lässt.

Gleichgeblieben ist aber die Ablehnung jeglicher gesamtorthodoxen Aufgaben des 270. Nachfolgers des Apostels Andreas durch die türkische Regierung. Außerhalb der Türkei ist der 76-Jährige freilich ein anerkannter Theologe und Ökumeniker. Sein Bemühen gilt der Einheit der Weltorthodoxie und dem Dialog mit anderen Kirchen. Der promovierte Kirchenrechtler, der sieben Sprachen fließend spricht, ist auch ein vertrauenswürdiger Gesprächspartner für Islam und Judentum. Mehrmals besuchte der Patriarch den Vatikan und empfing umgekehrt drei Päpste in seinem Amtssitz, dem Phanar. Besonders eng ist sein Verhältnis zu Papst Franziskus, mit dem er sich zuletzt auf der griechischen Insel Lesbos traf, um die Not der Flüchtlinge in den Blick zu rücken.

Gern gesehener Gast

Auch politisch stehen Bartholomaios I. viele Türen offen, zumindest im Westen. Bei seinem jüngsten Deutschlandbesuch vor zwei Jahren wurde er von höchsten Repräsentanten empfangen. Dabei konnte er auch offen über die schwierige Lage der Christen in seiner Heimat und in den angrenzenden Regionen sprechen. Bei öffentlichen Auftritten hält er sich zu diesem Thema zurück, um nicht Öl ins Feuer zu gießen.

Lieber spricht er über sein weiteres großes Anliegen, die "Bewahrung der Schöpfung" - auch ein Thema mit politischer Dimension, aber weit unverfänglicher. Sein ökologisches Engagement brachte ihm den Ehrennamen "Grüner Patriarch" ein.

Vita

Geboren wurde er am 29. Februar 1940 als Dimitrios Archondonis auf der türkischen Insel Imbros. Er studierte an der später von den türkischen Behörden geschlossenen Hochschule von Chalki und erhielt bei seiner Diakonenweihe den Namen des Apostels Bartholomäus. Zur weiterführenden Ausbildung ging er nach Rom, nach Bossey in der Schweiz und nach München. Als Metropolit von Chalcedon wurde Bartholomaios I. 1990 ranghöchster Metropolit der Heiligen Synode und hatte den Vorsitz mehrerer Kommissionen, darunter die Bereiche Kirchenrecht und Ökumene. 1991 wurde er zum Ökumenischen Patriarchen gewählt.

Zu seiner Jurisdiktion gehören nicht nur die wenigen tausend in der Türkei verbliebenen griechisch-orthodoxen Christen, deren Zahl stetig sinkt, sondern auch rund 3,5 Millionen Gläubige in Teilen Griechenlands und in der Diaspora in Nord- und Südamerika, Mittel- und Westeuropa sowie in Australien. Für die übrigen Mitglieder der griechisch-orthodoxen Kirchenfamilie, deren Zahl weltweit auf 220 bis 300 Millionen geschätzt wird, ist er nur ein Ehrenoberhaupt ohne Jurisdiktionsbefugnisse in den 13 anderen nationalen Kirchen. Ein Großteil von ihnen lebte bis Anfang der 90er Jahre unter kommunistischem Regime - was das bereits seit Jahrzehnten geplante Vorhaben eines orthodoxen Konzils beeinträchtigte.

Beharrlichkeit des Bartholomaios

Nach dem Zerfall der Sowjetunion ergaben sich neue Schwierigkeiten durch das Bestreben orthodoxer Kirchen in den verselbstständigten Staaten, sich auch kirchlich von Moskau zu lösen. Nicht zuletzt der Beharrlichkeit von Bartholomaios I. ist es zu verdanken, dass ein Großteil dieser Hindernisse vor Beginn des Konzils ausgeräumt werden konnte. Umso wichtiger wäre es ihm, dass das Konzil nun ein deutliches Signal der Einheit der Orthodoxie geben würde. Doch sieht es augenblicklich eher nach einer Manifestation der Uneinigkeit aus.


Quelle:
KNA