Merkel und andere Unions-Politiker verteidigen Papst gegen Kritik

"Er hat klar gemacht: Null Toleranz"

"Der Papst schweigt und verärgert die Katholiken" schreibt am Montag tagesschau.de. Dabei bezieht sich die ARD-Seite auf Kritik des Bundestagsvizepräsidenten. Sonst allerdings halten sich öffentliche Unmutsbekundungen bislang in Grenzen. Im Gegenteil: Die Bundeskanzlerin und andere Politiker stellen sich hinter die Bemühungen der Kirche angesichts der Missbrauchsfälle.

Autor/in:
Michael Borgers
 (DR)

Angela Merkel hat sich der Kritik am Papst angesichts der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche nicht angeschlossen. Es sei für die Bundesregierung ein gutes Zeichen, dass die katholische Deutsche Bischofskonferenz für ihre Aufarbeitung der Fälle die Rückendeckung des Vatikans bekommen habe, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans am Montag (15.03.2010) in Berlin.

Merkel habe es begrüßt, dass Papst Benedikt XVI. die Notwendigkeit einer vollständigen Aufklärung unterstrichen habe. "Sie ist zufrieden mit der Botschaft, die Erzbischof Robert Zollitsch aus dem Vatikan mitgebracht hat", sagte Steegmans. Es gehe zudem nicht nur um die katholische Kirche beim Thema Kindesmissbrauch, sondern um eine gesamtgesellschaftliche Debatte.

Nach einem Gespräch mit dem Papst in Rom hatte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Zollitsch, berichtet, dass Benedikt XVI. mit großer Betroffenheit und tiefer Erschütterung auf die Fälle in katholischen Einrichtungen in Deutschland reagiert habe. Das Kirchenoberhaupt unterstütze uneingeschränkt die Maßnahmen der deutschen Bischöfe zur Aufklärung und zur Prävention künftiger Missbrauchsvorfälle, hieß es weiter. Am Wochenende berichteten mehrere Zeitungen, dass in der Amtszeit des heutigen Papstes als Erzbischof von München und Freising ein wegen Kindesmissbrauchs vorbelasteter Priester in der Gemeindearbeit eingesetzt worden sein. Der Vatikan sprach daraufhin von einer Verleumdungskampagne gegen den Papst. Kirchenkritiker und Missbrauchsopfer forderten eine Entschuldigung des Papstes.

Thierse: Ansehen der Kirche schwer geschädigt
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse hält die Vertrauenswürdigkeit der katholischen Kirche für schwer beschädigt. Papst und Kirche müssten ehrlicher sein, mahnte der SPD-Politiker, der auch Mitglied im Zentralkomitee der Katholiken ist, am Montag im ARD-Morgenmagazin. Den Opfern diene man vor allem dann, wenn Kirchen, Schulen und Gesellschaft mit diesen Verbrechen offen umgingen und ernsthaft über Konsequenzen diskutierten.

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, dagegen hat Benedikt in Schutz genommen. Die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in Deutschland sei Sache der Bischöfe, betonte Glück gegenüber der "Passauer Neuen Presse". Deshalb sei es nicht notwendig, dass sich der Papst einschalte, so Glück. Das Kirchenoberhaupt habe sich stets klar und eindeutig zum Thema Kindesmissbrauch durch Geistliche geäußert.

Die kirchenpolitische Sprecherin der Unions-Fraktion, Maria Flachsbarth (CDU), sagte, der Papst habe in seiner bisherigen Amtszeit mit verschieden schweren Missbrauchsverfahren in verschieden Ländern zu tun gehabt "und er hat ganz unmissverständlich klar gemacht, dass für ihn Null Toleranz gilt", sagte die CDU-Politikerin am Montag im NDR. Das Kirchenoberhaupt nehme den Skandal nicht auf die leichte Schulter.

Auch der Leiter der deutschsprachigen Abteilung von Radio Vatikan, Pater Bernd Hagenkord, verteidigte das Schweigen des Papstes. Er sage dazu nichts, weil es "eine klare Stellungnahme" seines Sprechers Federico Lombardi zu diesem Fall gegeben habe, sagte Hagenkord am Montag dem Radiosender NDR Info.

Ministerium: Gesprächstermin mit Zollitsch steht fest
Unterdessen steht drei Wochen nach dem ersten Disput zwischen Bundesjustizministerin Sabine-Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, ein Termin für ein Gespräch der beiden fest: Die beiden wollen am 15. April in Berlin den Missbrauchsskandal aufarbeiten. Das sagte der Leiter des Katholischen Büros, Prälat Karl Jüsten, am Montag auf Anfrage. Es handele sich wegen der Kar- und Ostertage sowie anderweitiger Verpflichtungen beider Seiten um den frühest möglichen Gesprächstermin. Aus dem Justizministerium war zunächst noch keine Bestätigung dieses Termins zu erhalten.

In der Debatte um die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen hatte die Justizministerin mit deutlicher Kritik am kirchlichen Kurs für Empörung der Bischöfe gesorgt. Seit längerem bemühten sich beide Seiten um ein Treffen von Zollitsch und Leutheusser-Schnarrenberger.