Mentorat Bonn feiert 50-jähriges Bestehen

"Wie ein zweites Zuhause"

Seit 50 Jahren begleitet das Mentorat Bonn Studierende durch ihr Theologiestudium und steht ihnen mit Rat und Tat auch seelsorgerisch zur Seite. Gerade in Zeiten von Pandemie und Kirchenkrise ist die Einrichtung gefordert.

50 Jahre Mentorat Bonn / © Gerald Mayer (DR)
50 Jahre Mentorat Bonn / © Gerald Mayer ( DR )

DOMRADIO.DE: 50 Jahre Mentorat Bonn haben Sie gestern Abend gefeiert. Warum brauchen Theologie-Studierende überhaupt eine solche Begleitung in ihrem Studium?

Marion Lammering (privat)
Marion Lammering / ( privat )

Marion Lammering (Pastoralreferentin im Mentorat Bonn): Ich glaube, anders als bei vielen anderen Studiengängen geht es im Theologiestudium ja nicht nur darum, sich wissenschaftlich und fachlich mit Themen auseinanderzusetzen, sondern das ist gleichzeitig auch immer ein Fachwissen, das den persönlichen Glauben vielleicht noch mal anfragt. Das erfordert auch noch mal ein Wachstum in der Persönlichkeitsentwicklung oder auch in der Entwicklung der eigenen Spiritualität. Das ist so unsere Aufgabe, neben dem Fachlichen die persönliche Begleitung zu leisten und junge Menschen im Wachsen zu unterstützen.

50 Jahre Mentorat Bonn / © Gerald Mayer (DR)
50 Jahre Mentorat Bonn / © Gerald Mayer ( DR )

DOMRADIO.DE: Was fasziniert Sie persönlich daran, junge Menschen so zu begleiten in ihrem Studium?

Lammering: Die stecken einfach in einer total spannenden Lebensphase. Das ist dieser Übergang ins Erwachsenwerden. Dabei kommen sie mit sehr vielen Fragen und bringen immer frischen Wind mit. Das, was sie gerade umtreibt in ihrem Glauben oder in der Kirche, das ist auch etwas, wo man dann selbst auch Impulse von außen bekommt. Ich finde es einfach auch total schön, gerade in dieser spannenden Lebensphase mit ihnen gehen zu können und das auch so mitzubekommen, was sie mit einem teilen und wie sie größer werden. Das ist wirklich schön.

DOMRADIO.DE: Vor drei Jahren wurden Sie Mentorin. Da haben Sie dann auch die Corona-Pandemie sehr direkt von Anfang an auch mitbekommen. Wie herausfordernd war das für Sie damals?

Lammering: Das war schon eine sehr große Herausforderung, weil wir wirklich auch ad hoc von Präsenz auf digital umstellen mussten und weil ja in dieser Zeit auch sehr viele existenzielle Fragen aufgebrochen sind bei den jungen Menschen. Das, was diese Lebensphase eigentlich ausmacht, nämlich andere Menschen zu treffen, miteinander zu feiern und auf Konzerte zu gehen, das fiel auf einmal alles flach.

Da waren schon auch viele dabei, denen wirklich die Decke auf den Kopf gefallen ist. In der Zeit habe ich aber auch das Gefühl gehabt, dass wir hier sehr eng zusammenwachsen, weil wir einfach da waren, weil wir ansprechbar waren und weil wir sehr viel Einzelseelsorge angeboten haben. Das war, glaube ich, für viele junge Menschen hier bei uns in Bonn ein wichtiger Ankerpunkt, wo sie dann noch einmal Halt und Zuspruch gefunden haben.

DOMRADIO.DE: Zum Jubiläum gibt es ein digitales Gästebuch. Können Sie ein bisschen darüber verraten, was darin steht?

50 Jahre Mentorat Bonn / © Gerald Mayer (DR)
50 Jahre Mentorat Bonn / © Gerald Mayer ( DR )

Lammering: Wir haben sämtliche Ehemalige, die wir so eingeladen haben, auch gebeten, uns da einen Gruß zu hinterlassen oder ihre schönsten Erinnerungen und Erlebnisse mit dem Mentorat zu teilen. Und das ist wirklich wie so eine warme Dusche. Der Grundtenor ist wirklich in sehr vielen Beiträgen aus wirklich sämtlichen Generationen und Jahrgängen, dass das hier immer ein Ort war, der so ein bisschen wie ein zweites Zuhause geworden ist. Dass man hier kommen und sein durfte, wie man ist und wie man war. Hier wurde gefeiert, hier wurde gelacht und hier wurde aber auch miteinander gerungen und diskutiert. Das hatte hier alles Raum.

Das ist hier auch wirklich ein Ort, wo man sich ausprobieren kann und wo man immer einen Ansprechpartner findet und sich auch einfach entwickeln und entfalten darf. Das habe ich auch selbst als Studentin in meiner Zeit hier so erlebt. Ich finde, es ist toll, dass das so ein großes Kontinuum ist, das sich durchzieht.

DOMRADIO.DE: Sie sind ziemlich nah an den Studierenden. Zugleich steckt die Kirche aktuell in einer ziemlichen Krise. Wie macht sich das bei den Studierenden bemerkbar?

Lammering: Es macht sich schon bemerkbar, dass sie diese Themen mitbringen und dass man merkt, sie reiben sich daran und sie setzen sich damit auseinander. Natürlich gibt es da auch Wünsche oder Forderungen, dass Kirche sich verändert oder dass sie sich vielleicht auch schneller verändert, als sie es de facto gerade tut.

Was ich so bewundernswert finde, ist aber, dass es gleichzeitig immer noch eine sehr große Motivation und auch Begeisterung gibt, für die Sache einzustehen und da dabei zu bleiben, den Glauben mit anderen zu leben, zu teilen und zu verkündigen. Man lässt sich von den äußeren Umständen allein nicht unterkriegen. Hier wird aber schon auch viel kritisch diskutiert. Das gibt einem auch selbst dann einfach noch mal Denkanstöße mit.

Das Interview führte Florian Helbig.

Mentorat Bonn

Theologie ist mehr als ein Studium. Das Fach bringt es mit sich, dass Studierende der Theologie sich auch mit ihrem Glauben auseinander setzen. Ob Studierende nun einen Beruf in der Kirche anstreben oder nicht: Studierende der katholischen Theologie sind meistens Überzeugungstäter_innen. Um aber ein guter Theologe oder eine gute Theologin zu werden, bedarf es mehr als nur fundierter Sach- und Fachkenntnis.

Symbolbild Kreuz im Licht / © Kanjana Kawfang (shutterstock)
Symbolbild Kreuz im Licht / © Kanjana Kawfang ( shutterstock )
Quelle:
DR