Menschenrechtsbeauftragte will Korrektur der China-Politik

"Ein Weiter-so darf es nicht geben"

Nach jüngsten Berichten über den Umgang Chinas mit Uiguren hat die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung eine Veränderung der deutschen China-Politik gefordert. Es bedürfe eine Debatte über die wirtschaftlichen Beziehungen.

Uigurische Türken protestieren in der Nähe der chinesischen Botschaft in Ankara. / © Burhan Ozbilici (dpa)
Uigurische Türken protestieren in der Nähe der chinesischen Botschaft in Ankara. / © Burhan Ozbilici ( dpa )

"Ein Weiter-so darf es in unseren bilateralen Beziehungen nicht geben", sagte Luise Amtsberg (Grüne) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). "Wir brauchen eine offene Debatte über unsere wirtschaftlichen Abhängigkeiten von Staaten, die eine solch erschreckende Menschenrechtsbilanz aufweisen." Das habe schon der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine gezeigt.

Schnelle Veröffentlichung des UN-Berichts

Zunächst müsse sichergestellt werden, dass deutsche Unternehmen keine Produkte bezögen, die in Zwangsarbeit gefertigt würden, sagte Amtsberg. Das deutsche Lieferkettengesetz gebe einen Rahmen vor, müsse aber unter Berücksichtigung von UN-Vorgaben nachgebessert werden. Auch müsse China in internationalen Foren entschiedener begegnet werden. Es sei ein Problem, dass China sich der internationalen Gerichtsbarkeit entziehe.

Uiguren in China

Die Uiguren sind ein muslimisches Turkvolk. Sie leben vor allem in der autonomen Region Xinjiang (Ostturkestan) im Nordwesten Chinas. Mit rund 10 Millionen Mitgliedern sind sie nach den Hui die zweitgrößte muslimische Bevölkerungsgruppe unter den 23 Millionen Muslimen in China. Größere Minderheiten gibt es auch auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion, etwa in Kasachstan. Kleinere Gruppen leben in Kirgistan, Usbekistan, in der Mongolei, der Türkei, Afghanistan und Pakistan.

Ein Angehöriger der uigurischen Minderheit in China geht vorbei an chinesischen Sicherheitskräften / © Diego Azubel (dpa)
Ein Angehöriger der uigurischen Minderheit in China geht vorbei an chinesischen Sicherheitskräften / © Diego Azubel ( dpa )

Amtsberg forderte die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet auf, ihren Bericht über Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang schnell zu veröffentlichen. Die aktuelle Reise Bachelets nach China sei richtig. "Sie muss aber den Beginn einer Aufklärung der Vorwürfe markieren, gerade weil wir davon ausgehen müssen, dass Bachelet nicht ungehinderten Zugang bekommen wird." Die Veröffentlichung des Berichts sei hierbei ein wichtiger Beitrag.

Derweil versprach Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), die Abhängigkeiten von China verringern zu wollen. "Die Wahrung der Menschenrechte hat ein höheres Gewicht", sagte Habeck am Dienstag laut Mitteilung des Ministeriums. Anträge deutscher Unternehmen auf Bürgschaften des Bundes für Investitionen in China würden mit Blick auf Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsaspekte untersucht. Ebenso würden chinesische Übernahmeofferten in Deutschland genau betrachtet und im Zweifel untersagt.

Menschenrechtsverletzung an den Uiguren

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) forderte von China die Aufklärung mutmaßlicher Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren. Bei einer Videokonferenz mit ihrem chinesischen Amtskollegen Wang Yi betonte Baerbock nach Angaben des Auswärtigen Amtes am Dienstag, dass Menschenrechte ein elementarer Bestandteil der internationalen Ordnung seien. Dabei habe sie auch "die schockierenden Berichte und neuen Dokumentationen über schwerste Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang" angesprochen und eine transparente Aufklärung der Vorwürfe gefordert.

Zuvor waren laut Medienberichten Beweise über eine massenhafte Internierung von Angehörigen der muslimischen Minderheit in der Region im Nordwesten Chinas "geleakt" wurden. An den Recherchen waren demnach der Bayerische Rundfunk (BR), der "Spiegel" sowie zwölf weitere Medienhäuser beteiligt.

Den Berichten zufolge zeigen Fotos, Reden und Behördenweisungen, dass es sich bei den Lagern nicht wie von der chinesischen Regierung behauptet um "berufliche Fortbildungseinrichtungen" handelt. Laut Menschenrechtlern hat China 2017 mit der Einrichtung von Umerziehungslagern begonnen, in denen rund eine Million Uiguren, Kasachen und Kirgisen festgehalten werden sollen. Zahlreiche Berichte sprechen von willkürlichen Verhaftungen und Justizurteilen, Folterungen und ständiger Überwachung durch das Regime.

Quelle:
KNA