Mehr als 70 Frauen in Ikonen-Ausstellung

"Eva hat als Gegenpol zu Maria das Frauenbild stark geprägt"

Das Ikonenmuseum Recklinghausen zeigt mit der Ausstellung "IKONA" bis Ende März mehr als 70 Ikonen mit heiligen und seligen Frauen und damit starke Frauen, die heute die #MeToo-Bewegung sicherlich unterstützen würden.

Die Ausstellung IKONA im Ikonenmuseum Recklinghausen beschäftigt sich mit Frauen in der orthodoxen Kirche. / © Oliver Kelch (DR)
Die Ausstellung IKONA im Ikonenmuseum Recklinghausen beschäftigt sich mit Frauen in der orthodoxen Kirche. / © Oliver Kelch (DR)
Dr. Lutz Rickelt, Leiter des Ikonenmuseum Recklinghausen / © Oliver Kelch (DR)
Dr. Lutz Rickelt, Leiter des Ikonenmuseum Recklinghausen / © Oliver Kelch (DR)

DOMRADIO.DE: Welche Bedeutung haben Ikonen, insbesondere wenn wir auf die Darstellung von heiligen Frauen schauen? 

Dr. Lutz Rickelt (Museumsleiter Ikonenmuseum Recklinghausen): Die Bedeutung, die Ikonen mit Frauen haben, ist in der orthodoxen Kirche relativ groß. Weibliche Heilige sind auch sehr beliebt als Hauspatrone. 

In den Ausstellungen sind sie bisher meistens nicht dezidiert betrachtet worden. In dieser Ausstellung im Ikonenmuseum wollen wir speziell darauf schauen, was mit den anderen Frauen ist, die nicht so im Vordergrund stehen wie die Muttergottes. Es gibt viele Geschichten hinter diesen Heiligenfiguren.

DOMRADIO.DE Welche anderen Frauen sind das, die man in der Ausstellung sehen kann? 

Rickelt: Das Frauenbild der orthodoxen Kirchen kann man nicht verstehen ohne Maria und auch nicht ohne Eva. Eva ist ja der Gegenpol zu Maria. Wenn man so will, hat Eva das Frauenbild stark geprägt. Daran anknüpfend kommen dann östliche Heilige und Märtyrerinnen sowie Nonnen und Eremiten in der Ausstellung vor.  

Auch die Mutter Gottes kommt auf zahlreichen Ikonen vor und bekommt besonderen Raum im Ikonenmuseum Recklinghausen. / © Oliver Kelch (DR)
Auch die Mutter Gottes kommt auf zahlreichen Ikonen vor und bekommt besonderen Raum im Ikonenmuseum Recklinghausen. / © Oliver Kelch (DR)

DOMRADIO.DE Die Verehrung und Anbetung von Ikonen ist in der orthodoxen Welt viel intensiver als bei uns. Ich denke da zum Beispiel an den Kuss auf die Ikone.  

Rickelt: Die Ikone hat Anteil an der Heiligkeit des himmlischen Urbilder. Das, was auf der Ikone zu sehen ist, ist mit dem Urbild verknüpft. Man betet immer das Urbild an, deswegen ist es eben auch ein heiliges Objekt. Man hofft, dass eine Berührung Wunder wirken kann. 

Da kommt es sicherlich auch her, dass man diese Ikonen küsst. Es hat auch schon Fälle gegeben, wo manchmal auch ein Stück abgebissen wurde. Der sakrale Charakter der Ikonen ist eben "magnetisch", stärker als wir es immer bei unserer Kunst sehen. 

Ikonenmaler Naser Abdallah Jildah arbeitet an einer seiner Brandmalerei-Ikonen / © Andrea Krogmann (KNA)
Ikonenmaler Naser Abdallah Jildah arbeitet an einer seiner Brandmalerei-Ikonen / © Andrea Krogmann ( KNA )

DOMRADIO.DE: Welche theologischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es denn, wenn ich jetzt heilige Frauen der orthodoxen und katholischen Kirche gegenüberstelle? 

Rickelt: Ich würde eigentlich denken, dass bei dem Thema der heiligen Frauen die Unterschiede nicht so groß sind, abgesehen vielleicht von Dogmen und bei der Mutter Gottes. Was das leibliche Entschlafen Gottes angeht oder die leibliche Auferstehung – da gibt es schon Unterschiede. 

Bei den Frauen in unserer Ausstellung sind überwiegend Heilige der beiden Kirchen dabei. 

DOMRADIO.DE: Das Schisma von 1054, auch morgenländisches oder großes Schisma genannt, hat heute immer noch Bestand. Beeinflusst diese Glaubensspaltung die gegenwärtigen Beziehungen und den Dialog zwischen den beiden Kirchen? 

Die heilige Fomaida von Alexandrien wird auf Ikonen extrem selten dargestellt.  / © Oliver Kelch (DR)
Die heilige Fomaida von Alexandrien wird auf Ikonen extrem selten dargestellt. / © Oliver Kelch (DR)

Rickelt: Das wirkt natürlich bis heute. Die Spaltung besteht immer noch. Man kann vielleicht anmerken, dass für die orthodoxe Kirche dieses Schisma vor 1000 Jahren gar nicht das Entscheidende war. Damals war das in der zeitgenössischen Wahrnehmung nicht so was besonders. 

In der Ausstellung finden sich auch Heilige, die ganz speziell dafür gefeiert werden, was sie in dieser Zeit getan haben und sich dem Westen gegenüber stellten. Alexander Newski ist zum Beispiel jemand, der das Wort instrumentalisiert hat und wird aufgrund dieser Rolle, die er damals eingenommen hat, verehrt. 

(Anm. d. Red.: Alexander Jaroslawitsch Newski war Heerführer, als 1242 die Expansionsversuche des Deutschen Ordens nach Russland in der Schlacht auf dem Peipussee gestoppt wurden. Er gilt als russischer Nationalheld und ist ein Heiliger der orthodoxen Kirche)

DOMRADIO.DE: Können Ikonen zu einem besseren Verständnis zwischen Orthodoxen und Katholiken führen? 

Rickelt: Ich hoffe es. Das ist auch eines der Anliegen, was wir mit dem Ikonenmuseum haben. Museen sind dafür geeignet, Zeugnisse dieser Kultur einem interessierten Publikum nahezubringen. Und gerade jetzt, in der aktuellen Zeit ist es wichtig, dass man zeigt, dass wir eine reiche Kultur haben. Gerade jetzt, weil die politische Lage so furchtbar ist.

Das Interview führte Oliver Kelch.

Quelle:
DR