Medizinethiker verteidigt Privatsphäre von Papst Franziskus

Auch für den Papst gilt Schutz der Intimsphäre

Das Bedürfnis, über den Gesundheitszustand des Papstes informiert zu sein, ist verständlich und legitim. Aber auch der Papst hat ein Recht auf Privatsphäre, meint der Schweizer Medizinethiker Ralf Jox.

Menschen beten am 01.03.2025 für Papst Franziskus vor der Poliklinik Agostino Gemelli, wo der Papst im Krankenhaus liegt / © Andrew Medichini/AP (dpa)
Menschen beten am 01.03.2025 für Papst Franziskus vor der Poliklinik Agostino Gemelli, wo der Papst im Krankenhaus liegt / © Andrew Medichini/AP ( dpa )

Der Schutz der Intimsphäre gilt nach Ansicht eines Schweizer Medizinethikers auch für den Papst uneingeschränkt. "Es ist richtig, dass wir keine Bilder sehen, wie er gewaschen oder beatmet wird. Das sind Dinge, die auch bei einem Papst privat bleiben sollten", sagte der Professor für Medizinethik an der Universität Lausanne, Ralf Jox, dem Schweizer "Pfarrblatt" aus Bern am vergangenen Montag. 

Es sei zwar verständlich und legitim, über die Situation informiert zu werden, um zu verstehen, warum gewisse Termine nicht wahrgenommen würden. "Auf der anderen Seite hat auch ein Papst ein Recht auf Privatsphäre und den Schutz seines Wohls", so der Medizinethiker.

Päpste hätten eine Vorbildfunktion, die aber unterschiedlich gelebt werde. Jox nennt Johannes Paul II. (1978-2005), der seine Parkinson-Erkrankung bewusst öffentlich zeigte, und seinen Nachfolger Benedikt XVI. (2005-2013), der in Gesundheitsfragen die Öffentlichkeit mied. Es liege also im Ermessen eines Papstes und seines Umfeldes, "wie viel er preisgeben möchte und wie er mit Krankheit und Leiden umgehen will", heißt es weiter.

Leiden ist kein Selbstzweck

Die jüngste Äußerung des deutschen Kardinals Gerhard Ludwig Müller zu einem möglichen Rücktritt des Papstes, man steige nicht vom Kreuz herab, hält Jox für problematisch. "Sie würde bedeuten, dass man den kranken Papst auf eine Stufe mit Jesus stellt, der auf bestialische Weise hingerichtet wurde". 

Zwar gehöre es zur christlichen Ethik, Leiden bis zu einem gewissen Grad zu akzeptieren und nicht zu ignorieren oder gar zu tabuisieren, allerdings sei Leiden kein Selbstzweck. "Das Ziel besteht auch im Christentum in der Überwindung des Leidens. Die Erlösung ist durch Christi Passion erfolgt. Sie muss nicht vom Papst wiederholt werden", so Jox.

Maßnahmen am Lebensende

Auf die Frage, ob der Papst entscheiden könne, dass er nur noch palliativ behandelt werden dürfe, erinnerte der Professor an eine medizinethische Konferenz im Vatikan zum Thema Sterbehilfe im Jahr 2017, bei der er selbst Teilnehmer gewesen sei. 

Dort habe das Oberhaupt der katholischen Kirche erklärt, dass es durchaus im Sinne der christlichen Ethik sein könne, bestimmte Maßnahmen am Lebensende zu unterlassen. "Es geht um ein 'liebevolles Unterlassen'. Franziskus betonte, dass jede Maßnahme am Lebensende verhältnismäßig sein müsse. Maßnahmen brauchen ein Maß", so Jox.

Ziel der Palliativmedizin ist nicht mehr Heilung, sondern bestmögliche Lebensqualität für sterbenskranke Menschen. Im Mittelpunkt stehen Wünsche und Befinden des Patienten, etwa die Linderung von Schmerzen, Trockenheit im Mund oder Atemnot.

Quelle:
KNA