Markus Hofmann leitet von nun an Münsterpfarrei und Stadtdekanat

Mit offenen Armen von den Bonnern empfangen

Er war Direktor des Collegium Albertinum, Regens des Priesterseminars und Generalvikar von Köln. Nun kehrt der 56-Jährige dorthin zurück, wo für ihn einst alles begann. Als führender Seelsorger in Bonn erwarten ihn große Aufgaben.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
Kardinal Woelki und Monsignore Dr. Markus Hofmann tauschen den Friedensgruß. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Kardinal Woelki und Monsignore Dr. Markus Hofmann tauschen den Friedensgruß. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

"Danke, dass ich nun tatsächlich Pastor sein darf." Es ist ein entwaffnendes Bekenntnis am Ende eines rund zweistündigen festlichen Pontifikalamtes. Markus Hofmann, der soeben von Erzbischof Kardinal Woelki in sein neues Amt als leitender Pfarrer der Bonner Innenstadtpfarreien St. Martin und St. Petrus sowie als Stadtdechant eingeführt wurde, zuvor nochmals sein Weiheversprechen erneuert und den symbolischen Schlüssel der Münsterbasilika aus der Hand seines Bischofs empfangen hat, begleitet seine eigenen Worte mit einem Schmunzeln. Vielleicht weil sie die Wirklichkeit konterkarieren und es für ihn auch in Zukunft nicht ausschließlich um ein überschaubares Arbeitsfeld in der Gemeindepastoral gehen wird. Oder aber weil sie auf die vielen verantwortungsvollen Aufgaben, die er in der Vergangenheit schon innehatte, anspielen – obwohl da immer schon die Sehnsucht war, eigentlich nur "einfacher" Pfarrer zu sein.

Für einen kurzen Augenblick jedenfalls gibt da jemand, der nie dazu angetreten ist, als Theologe Karriere zu machen, Spitzenämter zu bekleiden oder bei kirchlichen Verwaltungsaufgaben die Führung zu übernehmen, Einblick in sein Herz. Für die Menschen da zu sein, sie in Kontakt mit Jesus zu bringen, sie auf ihrem Glaubensweg zu begleiten und ein offenes Ohr für ihre Sorgen und Nöte zu haben – das entspricht sehr viel mehr dem Selbstverständnis eines Mannes, den schon früh eine tiefe Marienfrömmigkeit prägt und der für viele der Inbegriff eines authentischen Seelsorgers ist – weil er lebt, woran er glaubt.

Rainer Maria Kardinal Woelki

"Die Fastenzeit ist eine Zeit des Neuanfangs, und die beginnt heute mit Ihrem neuen Pfarrer Monsignore Markus Hofmann"

Nun also geht es abermals um eine herausragende Position mit viel Außenwirkung und Repräsentanz, aber dann doch vor allem eben auch um das, was zum Alltag eines guten Hirten am Ort gehört. Eine weitere Gratwanderung, wie Hofmann sie schon aus vorherigen Kontexten kennt. Nichtsdestotrotz: Von nun an wird der Geistliche, der auch unter den Mitbrüdern eine hohe Akzeptanz genießt, der katholischen Kirche in Bonn "Gesicht und Gestalt geben", wie Kardinal Woelki sagt. Dabei erklärt er den mehreren hundert Mitfeiernden in der Münsterbasilika: "Die Fastenzeit ist eine Zeit des Neuanfangs, und die beginnt heute mit Ihrem neuen Pfarrer Monsignore Markus Hofmann." Dieser stehe in einer langen Tradition von Pfarrern und Stadtdechanten. Denn in der Kirche sei es wie bei einem Staffellauf; der Dienst der Verkündigung werde immer weitergetragen.

Eigens erinnert der Erzbischof an den vor einem Jahr völlig unerwartet verstorbenen Vorgänger, Pfarrer Wolfgang Picken, der an seiner Wirkungsstätte hochangesehen war und sich als Münsterpfarrer und Stadtdechant beachtliche Verdienste erworben hatte. Und er dankt ausdrücklich Pfarrer Peter Rieve und Kaplan Christian Jasper, die an diesem Vormittag oben am Altar rechts und links von Hofmann sitzen, dass sie in der Zeit der Vakanz als Pfarrverweser tätig waren. Auch Pfarrer Bernd Kemmerling, der im letzten Jahr das Stadtdekanat kommissarisch geleitet hatte und den Woelki als die "personengewordene Kirche Bonns mit einem großen seelsorglichen Herzen" bezeichnet, gilt sein besonderer Dank. 

Amt des Stadtdechanten hat Brückenfunktion

Später, als der Kardinal ganz zum Schluss Hofmann die Ernennungsurkunde zum Stadtdechanten überreicht, spricht er von einer Brückenfunktion, die sich mit dem Amt eines Stadtdechanten verknüpfe: Er sei die Brücke zwischen Bischof und Diözese auf der einen und den Gemeinden der Stadt auf der anderen Seite. "Und wie es auf einer Brücke so ist, trampeln alle auf einem herum", fügt der Kardinal mit Humor hinzu. Daher wünsche er dem neuen Amtsinhaber "viele nette Menschen, die wie Pfeiler sind, die Dich, aber auch die Kirche tragen".

Die Münsterbasilika, in deren Chorraum die strahlende Frühlingssonne ein buntes Farbenspiel zaubert, ist bis auf den letzten Platz besetzt. Viele Gläubige finden schon lange vor Beginn der Festmesse keinen Sitzplatz mehr. Ehrenamtlichen Ordner sorgen für eine freundliche Willkommenskultur und dafür, dass es trotz der zahlreichen Gäste andächtig zugeht. Etwa 1500 Zuschauer schalten sich per Livestream dazu. Mitglieder von Kirchen- und Jugendchören aus dem ganzen Stadtgebiet unter der Gesamtleitung von Regional- und Münsterkantor Markus Karas umrahmen die Liturgie mit feierlichem Gesang; es erklingt eine "Messe brève" von Léo Delibes. Außerdem musiziert die Oboistin Claudia Schoppmann zusammen mit Münsterorganist Thiemo Dahmen. 

Minutenlanger Einzug der vielen Delegationen

Die Musik bietet die Hintergrundfolie für einen Festtag, der die gesamte Stadtgesellschaft mobilisiert. Alle wollen sie ihren Beitrag zu diesem Neuanfang leisten. Minutenlang gestaltet sich allein der Einzug der vielen Delegationen der Bonner Ordensgemeinschaften, des Ritterordens und des Deutschen Ordens, der Cassius- und Florentiusbruderschaft, der Studentenverbindungen und Konzelebranten. Außerdem sind die Kölner Weihbischöfe, Mitglieder des Domkapitels, Vertreter der Kreis- und Stadtdechanten, viele weitere Priester und Diakone in Chorkleidung sowie zahlreiche Messdiener aus Bonn, aber auch dem Kölner Dom und Vertreter der Ökumene mit dabei. 

In seiner Predigt stellt Erzbischof Woelki zunächst nüchtern fest, dass der neue Bonner Münster-Pfarrer und Stadtdechant seine Aufgabe "wahrlich in nicht leichten Tagen" übernehme. "Wir leben in glaubensschwachen, glaubensarmen Zeiten", formuliert er wörtlich. So gehe die Krise der Akzeptanz der Kirche und ihrer Botschaft im letzten mit einer tiefer liegenden Glaubenskrise und auch Gotteskrise einher. "Darauf gilt es zu reagieren", erklärt der Kardinal und schlägt vor, das Prinzip von Biotopen, die helfen würden, die Natur zu schützen und sie mit neuem Leben zu erfüllen, auch auf die Kirche und den Glauben anzuwenden, "damit dieser lebendig ist und lebendig bleibt".

Rainer Maria Kardinal Woelki

"Als Christen sind wir ja nicht nur dazu berufen, an das Evangelium zu glauben, sondern dem Evangelium auch zu erlauben, in uns, in unserem Herzen, Wurzeln zu schlagen"

Es brauche Erfahrungsräume des Christlichen, fährt Woelki fort, wie es sie immer gegeben habe – auch in Bonn. Aber solche Orte müssten stets neu entdeckt, belebt und gestärkt werden, außerdem weitere hinzukommen, "damit Menschen die Möglichkeit haben, über ihre Erfahrungen, ihre Lebens-, ihre Glaubenserfahrungen und sicher auch über die Not ihres Glaubens sprechen zu können". Es müssten Orte sein, "an denen sie ihren Glauben mit anderen teilen, suchen und entdecken können".

Neben allem, was dem neuen Pfarrer und Stadtdechanten als Verpflichtungen aufgegeben sei, werde es eine der wichtigsten Aufgaben sein, solche Erfahrungsorte des Glaubens zu pflegen, zu entdecken, weiterzuentwickeln und neue zu kreieren. "Gefordert sind die Entwicklung und Implementierung einer Haltung sowie Praxis einer Neuevangelisierung. Als Christen sind wir ja nicht nur dazu berufen, an das Evangelium zu glauben, sondern dem Evangelium auch zu erlauben, in uns, in unserem Herzen, Wurzeln zu schlagen." Und dies in einer Art und Weise, die es unmöglich mache zu schweigen. Stattdessen müsse das Evangelium in Wort und Tat bezeugt und verkündet werden. 

Woelki betont die missionarische Berufung der Kirche und bezieht sich auf Papst Franziskus, der schon bei Amtsantritt 2013 in seinem Apostolischen Schreiben "Evangelii gaudium" den Wunsch äußert, die Kirche in einen Zustand permanenter Mission zu versetzen, um mehr der Evangelisierung der heutigen Welt als der Selbstbewahrung zu dienen. Und das Ziel einer solchen Evangelisierung bestehe in der persönlichen Begegnung des Menschen mit Jesus Christus, der seinen Jüngern aufgetragen habe, alle Völker zu seinen Jüngern zu machen, so der Kölner Erzbischof. Immer wieder brauche es neue Herausforderungen von außen und innovative Kräfte im Inneren, um eingefahrene Denk- und Handlungsmuster aufzusprengen und verkrustete Strukturen aufzubrechen, erklärt er. 

Rainer Maria Kardinal Woelki

"Nicht ein endloser Richtungsstreit, nicht ermüdende Selbstbeschäftigung, nicht lange Phasen eines lethargischen Wartestandes und jahrelange Trauerarbeit über vergangene, vermeintlich bessere Zeiten sind es, die etwas in Bewegung bringen"

Bereits die ersten Christen hätten gemeinsam mit dem Apostel Paulus, dem größten Missionar aller Zeiten, der die Gemeinden im Glauben habe stärken wollen, zum Aufbruch eingeladen. "Wer aufbricht, ist noch nicht angekommen, aber er hat eine Vorstellung von dem, worum es geht", so der Kardinal. "Nicht ein endloser Richtungsstreit, nicht ermüdende Selbstbeschäftigung, nicht lange Phasen eines lethargischen Wartestandes und jahrelange Trauerarbeit über vergangene, vermeintlich bessere Zeiten sind es, die etwas in Bewegung bringen. Es ist die Aufforderung und das Vermächtnis des auferstandenden Herrn, in die ganze Welt aufzubrechen, um überall das Evangelium zu verkünden." Mit Nachdruck unterstreicht Woelki: "Das allein ist das Ziel der Kirche. Dazu allein gibt es sie." Das mache ihr Wesen, ihre Berufung und Sendung aus. 

Dass die Bonner ihren neuen Pastor und Stadtdechanten mit offenen Armen aufnehmen, wird in den Grußworten am Ende der Feier deutlich. "Wir heißen sie sehr herzlich willkommen in unserer Stadt, die ihnen ja nicht fremd ist", spielt Oberbürgermeisterin Katja Dörner auf die bisherigen Stationen Hofmanns in Bonn an. "Als Repräsentant der katholischen Kirche in Bonn nehmen Sie nun alle Christinnen und Christen in unserer Stadt in den Blick. Bonn ist eine vielfältige Stadt, Sie werden den unterschiedlichsten Menschen begegnen, und ich bin mir sicher, Sie werden ihnen allen als geistlicher Begleiter zur Seite stehen." Sie freue sich auf die Zusammenarbeit, "nicht nur auf den Festen des Jahreskalenders, sondern auch bei Projekten zur Gestaltung einer nachhaltigen Stadt und für ein menschenwürdiges und sozial gerechtes Bonn angesichts der Fliehkräfte, die auf uns einwirken".

Andrea Honecker

"Der größte Schatz sind die in dieser Stadt lebenden Menschen"

Auch der evangelische Superintendent Dietmar Pistorius, Caritasdirektor Jean-Pierre Schneider, die Vorsitzende des Bonner Katholikenrates, Andrea Honecker, sowie Monika Rosen und Markus Wagemann für die beiden Pfarrgemeinderäte und Kirchenvorstände von St. Martin und St. Petrus begrüßen den neuen Stadtdechanten auf das Herzlichste und versichern ihn eines konstruktiven und hochmotivierten Miteinanders zum Wohl der Menschen, wenn es darum gehe, als Kirche ein geachteter Gesprächspartner zu sein, sich bei Not solidarisch zu zeigen und grundsätzlich in die Gesellschaft hineinzuwirken. "Der größte Schatz sind die in dieser Stadt lebenden Menschen", hebt die Katholikenratsvorsitzende Honecker hervor. Viele engagierten sich aus dem Glauben heraus und setzten sich dafür ein, das Reich Gottes für alle erfahrbar zu machen.

Das letzte Wort hat schließlich der neue Bonner Stadtdechant Markus Hofmann, bevor er im Anschluss im Kreuzgang des Münsters die vielen Glückwünschen persönlich entgegennimmt und schon jetzt "angekommen" scheint. Er dankt allen Anwesenden für ihr Vorschussvertrauen. Und auch er erwähnt eigens den verstorbenen Pfarrer Wolfgang Picken, Pfarrer Bernd Kemmerling, der nochmals für weitere drei Jahre die Aufgabe des stellvertretenden Stadtdechanten übernimmt, Kaplan Christian Jasper und Pfarrer Peter Rieve, die für ein "gut bestelltes Feld" gesorgt hätten, "auf dem ich gerne weiter arbeiten will", so Hofmann. Er erinnert daran, dass Papst Franziskus die Kirche im Heiligen Jahr dazu eingeladen habe, Pilger der Hoffnung zu sein. Als Pilger der Hoffnung komme auch er nun nach Bonn, sagt er. "Als jemand, der sich bewusst ist, das ganze Leben ist ein großer Pilgerweg, raus aus der Komfortzone und der Bequemlichkeit des Gewohnten und Vertrauten hinaus auf das Meer der Zeit im Boot der Kirche: ohne Angst. Denn es gibt einen, der Halt und Sicherheit gibt: Jesus Christus."

Und noch einmal gewährt der neue Leitende Pfarrer der Pastoralen Einheit Bonn-Mitte für einen Moment lang einen Blick in sein Innerstes, als er bekennt: "Ich bin heute hier, weil ich in der Zeit meines Studiums in Bonn die Stimme Jesu Christi gehört habe, der mir sagte: Komm, folge mir. Geh dahin, wohin ich Dich durch den Bischof sende." Und in den fast 30 Jahren als Priester habe er immer erfahren: "Es ist gut, diesem Ruf Jesu zu vertrauen."

Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken gestorben

Der auch bundesweit bekannte Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken ist tot. Das teilte das Katholische Stadtdekanat Bonn am
Samstag mit. Picken, Jahrgang 1967, sei am selben Tag "nach einer kurzen, aber hochaggressiven onkologischen Erkrankung" gestorben, hieß es. Picken war auch Mitglied der bundesweiten Synodalversammlung zur Zukunft der katholischen Kirche. Vor knapp einem Jahr hatte er allerdings sein Mandat niedergelegt.

Wolfgang Picken (KNA)
Wolfgang Picken / ( KNA )
Quelle:
DR

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