Losinger: Neuer Ethikrat ist "pluraler" - Standpunkt der katholischen Kirche eindeutig

Harte Kontroversen um Lebensrechtsfragen

Der Augsburger Weihbischof Anton Losinger hat die Einrichtung des neuen Deutschen Ethikrats begrüßt. Das Gremium sei pluraler als sein Vorgänger und verfüge über mehr Kompetenzen, sagte Losinger am Mittwoch dem domradio. Der Weihbischof gehört zu den 26 Mitgliedern des neuen Rats. Er erwartet harte Kontroversen im Ethikrat über Lebensrechtsfragen vom Augenblick der Zeugung bis zum Tod. Am Donnerstag geht die Debatte um die Stammzellforschung im Bundestag in die erste Runde.

 (DR)

Losinger sehe bei den ernannten Mitgliedern aber "so viel logische Vernunft und Verantwortungsbereitschaft, dass wir auf gemeinsame Ergebnisse hinarbeiten werden". Positiv äußerte er sich über die Tatsache, dass "eine respektable Zahl" von Mitgliedern des früheren Nationalen Ethikrats auch im neuen Gremium vertreten ist. Dies sei ein Garant für Kontinuität in der Sacharbeit.

Nach den Worten des Weihbischofs sind im Deutschen Ethikrat wissenschaftliche Kompetenzen vertreten, die der Vorgängereinrichtung fehlten. Dies sei hilfreich, etwa um Fragen der Priorisierung und Rationierung von Leistungen im Gesundheitssystem erörtern und bewerten zu können.

Erfreut zeigte sich Losinger auch über die Berufungen aus dem Raum der evangelischen Kirche. So sei der evangelisch-lutherische Landesbischof von Thüringen, Christoph Kähler, "ein konservativer, standfester Mann, der in Fragen des Lebensschutzes und der embryonalen Stammzellenforschung sicher auf unserer Seite ist". Einen Mitstreiter sieht der Weihbischof auch im Transplantationsmediziner Eckhard Nagel (Bayreuth/Augsburg), der dem Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentags angehört.

An Themen, die der Deutsche Ethikrat in nächster Zeit aufgreifen wird, erwartet Losinger die Sterbehilfe, die Verwendung von Gentests in der Arbeitswelt und im Versicherungswesen sowie den Einsatz leistungssteigernder Mittel beim Militär oder in der Schule. "Jeder zehnte Schüler in Deutschland nimmt Psychopharmaka, bevor er in den Unterricht geht", sagte der Weihbischof. Die Mitarbeit im Ethikrat bezeichnete Losinger als sehr anspruchsvolle Aufgabe. Um auf dem aktuellen Stand der Forschung mitreden zu können, müsse man täglich studieren.

Donnerstag: Im Bundestag werden die verschiedenen Anträge vorgestellt
Der Bundestag will sich heute (Donnerstag) in einer dreieinhalbstündigen Debatte mit einer möglichen Änderung des Stammzellgesetzes befassen. In den vier fraktionsübergreifenden Gruppenanträgen geht es um eine Verschiebung oder Aufhebung des Stichtags zum Import menschlicher embryonaler Stammzellen, eine Beibehaltung der jetzigen Regelung oder ein völliges Importverbot embryonaler Stammzellen.

Das geltende Stammzellgesetz wurde 2002 nach teils heftiger Debatte verabschiedet. Es verbietet die Einfuhr menschlicher embryonaler Stammzelllinien, die vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden. Nach der heutigen ersten Lesung ist eine Expertenanhörung im Bundestag geplant. Zum Beschluss einer Gesetzesänderung könnte es schon vor Ostern kommen.