Chronologie der Stammzellen-Debatte

Hintergrund:

Drei Stunden lang will der Bundestag am Donnerstag in erster Lesung über eine mögliche Änderung des Stammzellgesetzes diskutieren. Schon 2002 war das Gesetz heftig umstritten. Dokumentation der Etappen hin zur neuen Debatte:

 (DR)


1. Januar 1991: Das deutsche Embryonenschutzgesetz tritt in Kraft. Unter anderem wird damit die Gewinnung von menschlichen embryonalen Stammzellen zu Forschungszwecken verboten.

14. August 2000: Der Bonner Neuropathologe Oliver Brüstle stellt einen Förderantrag bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Forschung mit importierten embryonalen Stammzellen.

20. Dezember 2000: Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) spricht sich in der Zeitung «Die Woche» für einen Kurswechel zum Ausbau der Gentechnik-Forschung aus.

2. Mai 2001: Schröder beruft den Nationalen Ethikrat ein, der die Bundesregierung in bioethischen Fragen beraten soll.

3. Mai 2001: Die bis dahin skeptische DFG legt einen Stufenplan für die Stammzellforschung vor. Als ersten Schritt empfiehlt sie den Import embryonaler Stammzellen.

12. November 2001: Die Enquete-Kommission des Bundestags «Recht und Ethik der modernen Medizin» spricht sich mehrheitlich gegen den Import embryonaler Stammzellen aus.

25. April 2002: Der Bundestag verabschiedet das Stammzellgesetz. Ein
Kompromiss: Der Import embryonaler Stammzellen bleibt mit Ausnahmen verboten. Eine Stichtagsregelung (1. Januar 2002) soll sicherstellen, dass nur bereits existierende Zellinien genutzt werden.

1. Juli 2002: Das Stammzellgesetz tritt in Kraft.

23. Dezember 2002: Brüstle und sein Kollege Otmar Wiestler erhalten vom Robert-Koch-Institut erstmals die Erlaubnis zum Import embryonaler Stammzellen.

10. November 2006: Die DFG fordert eine Reform des Stammzellgesetzes und die Streichung des Stichtags sowie der Strafandrohung für Forscher. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, regt daraufhin eine einmalige Verschiebung des Stichtags auf den 31. Dezember 2005 an.

9. Mai 2007: Bei einer Anhörung im Bundestag drängen Wissenschaftler auf eine Änderung des Stammzellgesetzes, Ethiker warnen davor.

16. Juli 2007: Der Nationale Ethikrat zeigt sich in seiner letzten Stellungnahme uneins zum Thema. 14 der 24 Gremiums-Mitglieder sprechen sich für eine Novellierung des Gesetzes mit einer Einzelfallprüfung statt des Stichtags aus, neun dagegen, einer plädiert für die Stichtags-Verschiebung.

22. Oktober 2007: Bundesbildungsministerin Annette Schavan spricht sich erstmals für eine Stichtags-Verschiebung aus.

14. November 2007: Vertreter von FDP, SPD und CDU fordern in einem Gruppenantrag die Aufhebung des Stichtags.

20. November 2007: Fachzeitschriften berichten, dass es Wissenschaftlern aus den USA und Japan erstmals gelungen ist, menschliche Hautzellen in embryonale Stammzellen umzuwandeln.

3. Dezember 2007: Mit knapper Mehrheit votiert die CDU auf ihrem Parteitag für eine mögliche Lockerung des Stamzellgesetzes.

8. Dezember 2007: Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, warnt den Bundestag vor einer Verschiebung des Stichtags. Der Kritik schließen sich in den kommenden Wochen weitere katholische und einige evangelische Kirchenvertreter an.

16. Januar 2008: In einem Gruppenantrag sprechen sich Abgeordnete aller Bundestags-Fraktionen gegen eine Änderung der bestehenden Stichtags-Regelung aus.

17. Januar 2008: Kalifornische Forscher geben an, erstmals einen Embryo aus menschlichen Hautzellen geklont zu haben. Sie hoffen, auf diese Weise embryonale Stammzellen gewinnen zu können.

24. Januar: Befürworter einer einmaligen Stichtags-Verschiebung präsentieren ihren Gruppenantrag, dem sich knapp ein Drittel der Abgeordneten angeschlossen haben.

7. Februar: Abgeordnete von Union, Grünen, Linken und FDP bringen einen Gesetzentwurf gegen den Import embryonaler Stammzellen ein.