Am vierten Tag seiner Nahost-Reise ist Papst Leo XIV. von der Türkei in den Libanon geflogen. Bei einem Treffen mit dem Staatspräsidenten Joseph Aoun rief er am Sonntag zu mehr Einsatz für den Frieden auf.
Auf dem Weg in den Libanon während seiner ersten fliegenden Pressekonferenz dankte der Papst vor allem dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Am Vormittag hatte er noch mit dem ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios, seinen Aufruf zur Einheit der Kirche erneuert.
Die Libanesen seien "ein Volk, das nicht untergeht, sondern angesichts von Prüfungen stets den Mut findet, sich neu zu erheben", betonte der Papst bei seiner Rede am Abend im Präsidentenpalast in Baabda. Mit Nachdruck forderte er die Libanesen auf, in ihrem Land zu bleiben, "auch wenn dies Opfer erfordert". Die Kirche wolle, "dass niemand zur Auswanderung gezwungen wird und dass jeder, der dies wünscht, sicher zurückkehren kann". Der Papst rief die anwesenden Politiker auf, alles zu tun, "damit insbesondere die jungen Menschen sich nicht gezwungen sehen, ihre Heimat zu verlassen".
Libanons Präsident Aoun warb beim Papst dafür, sich für den Erhalt des Landes einzusetzen. Er verwies auf das multikonfessionelle System des Landes, in dem Christen und Muslime gleichberechtigt lebten, das die Einzigartigkeit des Libanons ausmache. "Wenn dieses Modell verschwinden würde, könnte kein anderer Ort es ersetzen", so der Präsident.
Schon auf dem Hinflug von Istanbul nach Beirut hatte der Papst den Frieden in Nahost adressiert. Mit Blick auf Israel und Palästina betonte er, dass der Heilige Stuhl weiter für eine Zwei-Staaten-Lösung einstehe. "Wir wissen alle, dass Israel derzeit diesen Vorschlag nicht akzeptiert. Aber wir wissen, dass es der einzige Weg ist, der eine Lösung für den Konflikt bietet, in dem wir uns fortgesetzt befinden." Der Vatikan versuche, zwischen Israel und den Palästinensern zu vermitteln, um eine Lösung zu finden, die Gerechtigkeit für alle biete. "Wir sind auch Freunde Israels", betonte Leo XIV. Ausdrücklich dankte er Erdogan für dessen Vermittlerrolle im Nahost-Konflikt sowie in Russlands Krieg gegen die Ukraine.
Einheit mit anderen christlichen Kirchen
In der Türkei hatten am Sonntagvormittag wie in den vergangenen Tagen auch hauptsächlich die Themen interreligiöser Dialog und Kircheneinheit im Fokus gestanden. Nach einem Gottesdienst in der orthodoxen Georgs-Kathedrale von Konstantinopel bekräftigten Leo und Patriarch Bartholomaios ihre Vision von einer stärkeren Einheit der Kirchen, die seit dem "Großen Schisma" von 1056 getrennt sind.
Seit der Aufhebung der gegenseitigen Exkommunikation im Jahr 1965 sei man auf einem "Weg der Versöhnung, des Friedens und der wachsenden Gemeinschaft zwischen Katholiken und Orthodoxen", so der Papst. Nach vielen theologischen Fortschritten gehe es "heute darum, dass wir uns verstärkt um die Wiederherstellung der vollen Gemeinschaft bemühen".
Ein ähnliches Bekenntnis hatte Leo bereits am Morgen beim Besuch des armenisch-apostolischen Patriarchen abgelegt. In einem Grußwort an Patriarch Sahag II. sagte der Papst in der armenischen Kathedrale von Istanbul, die Christen müssten aus dem "gemeinsamen apostolischen Glauben schöpfen, um jene Einheit wiederherzustellen, die in den ersten Jahrhunderten zwischen der Kirche von Rom und den altorientalischen Kirchen bestand".