Ordensfrauen werden auch in Deutschland sexuell missbraucht, nicht nur in Asien und Afrika.
Die Täter sind nicht immer Männer, sondern manchmal auch Mitschwestern. Zu diesem Befund kommt eine erste wissenschaftliche Untersuchung zum Thema für den deutschsprachigen Raum, die am Montag in Buchform veröffentlicht wurde. Autorin ist die Freisinger Theologin Barbara Haslbeck, die an der Universität Regensburg forscht.
Haslbeck hat für ihre 378 Seiten starke "Pionierstudie", wie sie vom Herder-Verlag beworben wird, 15 Mitglieder klassischer Orden und Neuer Geistlicher Gemeinschaften intensiv befragt. "Mir haben mehrere Frauen von Missbrauch durch Mitschwestern berichtet - in einem Ausmaß, mit dem ich nicht gerechnet habe", sagte sie der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Die meisten schon als Kind missbraucht
Besonders erschreckt habe sie ein weiteres Ergebnis: "Neun Frauen hatten schon als Kind sexuellen Missbrauch erlebt und brachten diese Belastung in der geistlichen Begleitung zur Sprache." Dabei seien sie erneut missbraucht worden.
Anders als Missbrauchstäterinnen hätten die Männer ihre Übergriffe auch stark spirituell gedeutet und etwa gesagt: "Was ich mit dir tue, soll dir zeigen, wie sehr Gott dich liebt." Zudem hätten diese Täter ihr Handeln mit Erfolg als etwas kaschiert, das angeblich zur Heilung des Kindheitstraumas beitragen würde.
Körperliche Gewalt eher selten
Körperliche Gewalt ist beim Missbrauch von Ordensfrauen nach Haslbecks Erkenntnissen eher selten im Spiel. Etwa die Hälfte der Frauen habe sich an die Täter emotional eng gebunden gefühlt.
"Sie fingen an, für sie nicht nur zu putzen und zu kochen, sondern auch die Predigt zu verfassen." Bei manchen habe es Jahre gedauert, bis sie realisiert hätten, was wirklich passiert sei. Dass es nicht um sie gehe, sondern dass sie ausgebeutet würden, sei ihnen typischerweise erst da klar geworden, wo sich ihnen gezeigt habe, "dass der Priester weitere Frauen in ähnlicher Weise benutzt".
Die Autorin referiert am Ende ihres Buches auch Empfehlungen ihrer Interviewpartnerinnen für andere Betroffene. So sollten die Ideale, die den Missbrauch flankiert hätten, kritisch hinterfragt werden. "Etwa dass eine gute Ordensfrau das eigene Ich aufzugeben hat, dass sie einen Priester immer zu unterstützen hat", sagte Haslbeck.