Kubas Opposition kritisiert Äußerungen des Papstes

"Für das Volk und nicht für das Regime"

Kubanische Oppositionsbewegungen haben die jüngsten Äußerungen von Papst Franziskus zu Kubas Ex-Präsident Raul Castro verurteilt. Ein kubanischer Erzbischof fordert derweil die Freilassung aller politischen Gefangenen.

Autor/in:
Tobias Käufer
Kirche in Kuba / © Bildagentur Zoonar GmbH (shutterstock)
Kirche in Kuba / © Bildagentur Zoonar GmbH ( shutterstock )

In Kuba haben Mitglieder der sogenannten "Versammlung des Kubanischen Widerstands" (ARC), eines symbolischen oppositionellen Parlaments, in einem Brief an Papst Franziskus "Überraschung und Schmerz" über jüngste Äußerungen des Kirchenoberhauptes zur Lage in Kuba ausgedrückt. Zugleich fordern sie Franziskus auf, sich für das "Volk und nicht für das Regime" einzusetzen.

Vermittlung für das Volk

Die wichtigste Vermittlung, die der Papst und die Kirche leisten könnten, sei die für das kubanische Volk, das am 11. Juli 2021 auf die Straße gegangen sei, um friedlich für die Freiheit und einen Wandel zu demonstrieren und stattdessen Schläge, Unterdrückung und Inhaftierung als Antwort erhalten hätten. Franziskus habe zu alldem geschwiegen, heißt es in dem am Dienstag (Ortszeit) veröffentlichen Schreiben, aus dem unter anderen die kubakritische Zeitung "El nuevo Herald" aus der Exilkubaner-Hochburg Miami zitiert.

In den Äußerungen des Papstes gebe es keine Worte der Barmherzigkeit und Ermutigung für die mehr als 700 politischen Gefangenen, für die kubanischen Mütter, für die Kinder und Ehemänner der 77 Frauen, die seit mehr als einem Jahr inhaftiert seien, für die Kinder im Alter von nur zwölf Jahren, die in Verhaltensschulen interniert seien, für Minderjährige in politischen Gefängnissen und Zwangsarbeitslagern, schreiben die Vertreter der offiziell in Kuba nicht erlaubten Oppositionsparteien.

Weitere Demonstrationen

Die Menschen auf Kuba würden weiter demonstrieren, die kubanische Exilgemeinde werde weiter all ihre Kräfte mobilisieren, damit die Kubaner nicht länger ihrer Heimat und ihres Lebens beraubt würden. Freiheit sei "ein göttliches Geschenk", das keine Tyrannei einem Volk nehmen dürfe, heißt es weiter. Dem Papst warfen sie "mangelnde Anerkennung der Risiken vor, die einige Priester, Ordensschwestern und Seminaristen in Kuba eingehen, weil sie ihr Volk in seinen Forderungen nach Freiheit begleiten".

Interview mit Papst Franziskus

In der vergangenen Woche hatte sich Papst Franziskus in einem Interview mit dem Sender TelevisaUnivision auch zu Kuba geäußert und erklärt, er liebe das kubanische Volk sehr. "Und ich gestehe auch, ich habe eine menschliche Beziehung zu Raul Castro." Kuba sei ein Symbol. "Kuba hat eine große Geschichte: Ich fühle mich sehr nahe, auch den kubanischen Bischöfen", erklärte Franziskus.

Das kubanische Außenministerium stellte in einer Erklärung heraus, dass "die Antworten Seiner Heiligkeit die Regierung und das kubanische Volk unterstützten". Ex-Spion Gerardo Hernandez, heute nationaler Koordinator des Komitees zur Verteidigung der Revolution (CDR), erklärte laut lokalen Medienberichten, die "Kuba-Hasser" seien wütend angesichts der Aussage des Papstes, dass Kuba ein Symbol sei. "Die Welt braucht viele Männer wie Papst Franziskus. Was für ein außergewöhnlicher Christ und Mensch", wird er zitiert.

Demonstrationen gegen staatliche Repression

In Kuba waren am 11. Juli 2021 tausende Menschen gegen staatliche Repression, für eine demokratische Öffnung des Ein-Parteien-Systems sowie gegen die Versorgungskrise auf die Straße gegangen, darunter auch zahlreiche Jugendliche und junge Erwachsende. Eine Vielzahl von Journalisten, Künstlern, Aktivisten und Intellektuellen wurde verhaftet. Einigen von ihnen drohen jahrelange Haftstrafen, andere sind bereits verurteilt worden.

Der Erzbischof von Santiago de Cuba, Dionisio Garcia, forderte unterdessen laut lokalen Medienberichten, dass alle ausgesprochenen Strafen rund um die Demonstrationen überprüft werden müssten. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hatte die Niederschlagung der Proteste auf Kuba jüngst scharf kritisiert. Ziel des Vorgehens der Regierung sei es gewesen, Demonstranten zu bestrafen und zukünftige Demonstrationen zu verhindern. In dem Bericht "Gefängnis oder Exil - Die systematische Repression der Juli-Demonstranten" dokumentiert HRW zahlreiche Menschenrechtsverletzungen wie willkürliche Inhaftierung, missbräuchliche Strafverfolgung und Folter.

Katholische Kirche auf Kuba

Auf der Karibikinsel Kuba ist die katholische Kirche weniger stark verankert als in anderen lateinamerikanischen Ländern. Rund 60 Prozent der rund 11,3 Millionen Kubaner sind katholisch getauft. Diese vergleichsweise geringe Präsenz ist nicht allein Ergebnis der seit rund 60 Jahren andauernden kommunistischen Herrschaft, sondern reicht bis in die spanische Kolonialzeit zurück. Die langjährige gesellschaftliche Ausgrenzung der Kirche auf Kuba spiegelt sich insbesondere auch im Bildungs- und Gesundheitswesen wider.

Straßenbild aus Havanna, Kuba / © Mike Laptev (shutterstock)
Straßenbild aus Havanna, Kuba / © Mike Laptev ( shutterstock )
Quelle:
KNA