Koordinator der Flüchtlingshilfe lobt Enthusiasmus im Erzbistum

"Wir können immer mehr tun"

Seit vier Monaten koordiniert der Sozialpädagoge Klaus Hagedorn die Flüchtlingshilfe im Erzbistum Köln. Die Aktion "Neue Nachbarn" sei gut angelaufen. Die Menschen im Bistum helfen z.B. mit Wohnraum, Sprachkursen und Fahrrädern.

Deutsche Grammatik pauken / © Aktion Neue Nachbarn (Erzbistum Köln)

domradio.de: Der Umgang mit Flüchtlingen ist in Deutschland ein großes Thema. Gerade wird ein Bundespolizist beschuldigt, Flüchtlinge misshandelt und gequält zu haben. Nicht der erste Fall - wir erinnern uns an Übergriffe von Wachpersonal in Flüchtlingsheimen vor ein paar Monaten. Kann man angesichts dieser Schlagzeilen überhaupt von einer Willkommenskultur für Flüchtlinge in Deutschland sprechen?

Klaus Hagedorn (Koordinator für die Flüchtlingshilfe im Erzbistum Köln und Sozialpädagoge): Eindeutig ja. Kardinal Woelki hat im Erzbistum Köln deutlich dazu beigetragen, dass wir hier eine Gegenposition aufmachen und beziehen, indem wir Flüchtlinge nachbarschaftlich willkommen heißen. Die Aktion "Neue Nachbarn" trägt dazu bei, dass Menschen in den Gemeinden dazu befähigt werden.

domradio.de: Was konkret tun die Menschen da? Wie helfen Sie?

Hagedorn: Es gibt eine riesige Vielzahl von Projekten, da geht es um den Aufbau von Radwerkstätten, da geht´s um den Aufbau von Sprachkursen, die Menschen engagieren sich in Kommunikationstreffen, um die Sprache einzuüben mit den Flüchtlingen. Es gibt Gartenbauprojekte, es gibt Kunstprojekte, Einladungen zu Theaterbesuchen und vieles vieles mehr.

domradio.de: Glauben Sie, dass man sagen kann, dass die Aktion "Neue Nachbarn" tatsächlich Menschen motiviert, sich aufzurappeln und zu sagen: "Jetzt tue ich auch einmal was für Flüchtlinge"?

Hagedorn: Ich erlebe, dass es so ist. Dass Menschen sich angesprochen fühlen, auch von dem Enthusiasmus, den Erzbischof Kardinal Woelki in die Flüchtlingshilfe hineinträgt. Ich habe das gerade am Samstag beim Gemeindeforum erlebt, wo Menschen sich haben anstecken lassen und gemerkt haben, wir sind nicht alleine in dem, was wir tun. Ganz viele Menschen engagieren sich im Moment im Erzbistum Köln. Ich erlebe das in den täglichen Telefonaten - wir haben eine Telefonhotline eingerichtet (0221-1642-1212 werktags von 9 bis 16 Uhr, Anm. d. Red.) wo alle Menschen sich melden können, um Fragen zur Flüchtlingshilfe beantwortet zu bekommen. Es gibt viele viele Menschen in zahlreichen Gemeinden, die sich ermutigen lassen, die sich aufgerufen fühlen, hier mitzumachen und sich nachbarschaftlich zu engagieren.

domradio.de: Gibt es auch Dinge, von denen Sie sagen, davon haben wir zurzeit so viel in Hülle und Fülle, die Fahrradwerkstatt zum Beispiel, für uns wäre es z.B. wichtiger zu gucken, wer kann noch Deutschunterricht geben?

Hagedorn: Es gibt von nichts zu viel! Wir können in jeder Region die Mobilität von Flüchtlingen steigern, indem wir Fahrräder sammeln, reparieren und wieder abgeben, wir können in jeder Region im Erzbistum weitere Sprachkurse gebrauchen. Im Moment gibt es schon an über 90 Stellen Sprachkursangebote für Flüchtlinge, gefördert durch das katholische Bildungswerk. Es gibt an jeder Ecke den Bedarf, Feste zu feiern miteinander und ins Gespräch zu kommen. Ich erlebe nicht, dass es irgend wovon zu viel gibt. Im Gegenteil wir können immer mehr tun.

domradio.de: Konzentrieren Sie sich in der Arbeit als Koordinator der Aktion "Neue Nachbarn" auf Köln oder sind Sie unterwegs im Erzbistum?

Hagedorn: Die Konzentration gilt dem gesamten Bereich im Erzbistum vom Norden im Kreis Mettmann bis hinunter nach Altenkirchen und in der ganzen Breite. Das erleben wir auch, dass überall Initiativen, die schon bestanden haben, sich ausdehnen oder neue Initiativen gegründet werden.

domradio.de: Das klingt nach viel Optimismus und positiven Dingen. Inwieweit erstreckt sich das auch auf die Unterbringung von Flüchtlingen, denn Baumärkte und Schulturnhallen sind wahrscheinlich suboptimal?

Hagedorn: Auch da hat der Aufruf des Erzbischofs Kardinal Woelki im November ja deutliche Früchte getragen. Hier war ja auch sein Anliegen, dass sowohl wir als Erzbistum als auch die Kirchengemeinden bis hin zu den Privatleuten gucken, wo kann man Wohnraum für Flüchtlingsunterbringung zur Verfügung stellen. Das ist in allen Gebieten im Erzbistum passiert. Im Erzbistum wird jede freiwerdende Wohnung darauf überprüft, ob sie zur Verfügung gestellt werden kann, den Kommunen angeboten werden kann zur Flüchtlingsunterbringung. In den Gemeinden passiert das gleiche. Hier gibt es unglaublich engagierte Menschen, die Objekte, die schon seit Jahren leer standen wieder herrichten, um überhaupt eine geeignete Flüchtlingsunterkunft aufbauen zu können und in den privaten Haushalten die Wohnungseigentümer. Da gucken sehr viele Menschen im Moment, wo können wir selber unseren Beitrag leisten, in dem wir Wohnraum zur Verfügung stellen.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Klaus Hagedorn (kfd)
Klaus Hagedorn / ( kfd )
Quelle:
DR