König Charles übernimmt Ehrenrolle in St. Paul vor den Mauern

"Der Sitz ist schon angefertigt"

Bis zum Bruch mit Rom war der britische Monarch Ehrendomherr der Basilika St. Paul vor den Mauern. In einem historischen Schritt schließt Charles III. nun an diese Tradition an und bekommt als Anglikaner einen neuen Ehrentitel in Rom.

Autor/in:
Heike Sicconi
Sankt Paul vor den Mauern in Rom vor bewölktem Himmel / © NICOLA MESSANA PHOTOS (shutterstock)
Sankt Paul vor den Mauern in Rom vor bewölktem Himmel / © NICOLA MESSANA PHOTOS ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie lief denn die erste Begegnung von King Charles und Papst Leo XIV.?

Vatikanexperte und Buchautor Ulrich Nersinger. (EWTN)
Vatikanexperte und Buchautor Ulrich Nersinger. / ( EWTN )

Ulrich Nersinger (Vatikanexperte): Sehr beeindruckend. Der Damasushof, wo der König und die Königin empfangen wurden, war festlich geschmückt. Die königliche Standarte war aufgezogen worden. Die Musikkapelle des Vatikans präsent, um die Nationalhymne zu spielen, und ein Ehrendetachement der Schweizer Garde erschienen. Es war doch viel aufgefahren worden, also vom Zeremoniell her eine sehr beeindruckende Sache. Man vernahm bei den Begegnungen eine sehr freundschaftliche Gesprächsatmosphäre.

DOMRADIO.DE: Ist alles protokollgemäß gelaufen, nicht so wie damals bei seiner Mutter, bei Queen Elizabeth?

Nersinger: Queen Elizabeth hat natürlich immer peinlich auf das Protokoll geachtet, war darauf sehr fixiert. Und dann ist ihre Leidenschaft wohl mit ihr durchgegangen. Sie war ja eine große Pferdenärrin. Als Offiziere der damaligen Nobelgarde vorgestellt wurden, sah man, dass diese Offiziere noch Sporen an ihren Stiefeln trugen. Das hat sie direkt notiert und kam dann ins Gespräch mit dem Kommandanten der Nobelgarde. Sie unterhielten sich über die Pferde, wie die Pferde eingesetzt wurden. Das hat das Protokoll ein wenig durcheinandergebracht. Alles hat sich ein wenig verspätet. Das war sehr ungewöhnlich für die Königin, die ja sehr auf Pünktlichkeit und alles geachtet hat.

DOMRADIO.DE: Bei King Charles scheint im Moment alles noch pünktlich zu sein. Was für seine Mutter die Pferde waren, das ist ja für ihn die Natur insgesamt. Wird der Umweltschutz eine große Rolle gespielt haben beim Gespräch mit Papst Leo XIV.?

Nersinger: Denke schon. Wir haben ja unter den Päpsten Franziskus und Leo XIV. ein sehr starkes Engagement für die Umwelt, für die Schöpfung. Denken wir an den Bauernhof in Castelgandolfo. König Charles ist bei dem Thema federführend in England, er hat sich ja sehr dafür eingesetzt. Das wird ein großes Thema zwischen den beiden in dem privaten Gespräch gewesen sein.

DOMRADIO.DE: King Charles bekam noch einen Titel verliehen, nämlich den des königlichen Confraters. Was ist denn das?

Nersinger: Die großen päpstlichen Basiliken hatten seit dem Mittelalter ihre Schutzherrn. St. Peter hatte den deutschen Kaiser, St. Johannes im Lateran den französischen König bzw. später den Staatspräsidenten. Heute ist der Staatspräsident immer noch Ehrendomherr des Laterans. In Santa Maria Maggiore war der spanische Botschafter immer in Vertretung des Königs anwesend. St. Paul vor den Mauern war bis zur Reformation unter einem Protektorat der englischen Monarchie. Wie sehr man mit dieser Kirche verbunden war, das hat sich dann gezeigt, als die anglikanische Gemeinde nach 1870 die Gelegenheit bekam, in Rom eine Kirche zu bauen und zu unterhalten. Man nannte diese Kirche St. Paul innerhalb der Mauern. Das zeigte trotz der Reformation noch die enge Verbundenheit mit St. Paul vor den Mauern. Das wird heute sehr deutlich werden durch die Verleihung des Titels Royal Confrater, also königlicher Bruder. Der König bekommt einen eigenen Sitz in der Basilika, der ist schon angefertigt worden für ihn. Er übernimmt dann so etwas wie eine ökumenische Schutzherrschaft der Grabeskirche des Apostels Paulus.

Das Interview führte Heike Sicconi.

Basilika St. Paul vor den Mauern

Sankt Paul vor den Mauern (DR)
Sankt Paul vor den Mauern / ( DR )

Sankt Paul vor den Mauern (italienisch San Paolo fuori le mura, lateinisch ecclesia Sancti Pauli extra muros) ist eine der Papstbasiliken von Rom. Sie liegt zwischen der heutigen Via Ostiense und dem Tiber und wird daher oft auch Basilica Ostiense genannt. Seit dem Abschluss der Lateranverträge 1929 ist sie eine exterritoriale Besitzung des Heiligen Stuhls und eine der sieben Pilgerkirchen von Rom.

Quelle:
DR

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