Kirchenoberhaupt blickt in seiner neuen Autobiografie nicht nur zurück

Das Leben des Papstes auf knapp 400 Seiten

Franziskus Biografie "Hoffe" sollte eigentlich nach seinem Tod erscheinen. Doch die Weltlage und das Heilige Jahr brachten ihn dazu, die Veröffentlichung zu Lebzeiten zuzulassen, wie Co-Autor Carlo Musso im Nachwort schreibt.

Autor/in:
Severina Bartonitschek
Papst Franziskus / © Lola Gomez/CNS photo (KNA)
Papst Franziskus / © Lola Gomez/CNS photo ( KNA )

Sechs Jahre haben die Arbeiten an dem Buch gedauert. Kein Wunder, behandelt es doch mehrere Biografien, nicht nur die des argentinischen Papstes. Für Franziskus braucht ein Mensch Wurzeln, um voranzukommen, zu wachsen und Früchte tragen zu können. Das belegt er mit der Geschichte seiner eigenen Wurzeln.

Migrationsgeschichte in der eigenen Familie

Und so beginnt das Buch nicht mit der Geburt von Jorge Mario Bergoglio, wie der Papst mit bürgerlichem Namen heißt, sondern mit der Geschichte seiner italienischen Großeltern. Diese wanderten mit seinem Vater Mario im Jahr 1929 nach Argentinien aus. Über weite Strecken schildert Franziskus das Leben seiner Familie nach dem Neuanfang. Vor allem seine Oma Rosa spielt dabei eine große Rolle. Er beschreibt sie als Alltagsheilige, einen Eckpfeiler seines Daseins, die ihm einen großen Teil seiner Religiosität vermittelte.

Persönliche Verbindungen

Interessanterweise begegnen dem Leser bei der Lektüre Personen, die auch im aktuellen Pontifikat auftauchen. Da wäre beispielsweise Pier Giorgio Frassati (1901-1925), den Franziskus am 3. August heiligsprechen wird. In Turin engagierte sich Frassati als Student für Arme und Ausgegrenzte und war unter anderem Mitglied der katholischen Volkspartei. Auch Oma Rosa verfolgte ein soziales Engagement in derselben Stadt und lernte Frassati bei dieser Gelegenheit kennen.

Eine persönliche Verbindung hat Franziskus mit dem Tangomusiker Carlos Gardel - heute bringen ihm Besucher regelmäßig dessen Schallplatten oder CDs als Geschenke in den Vatikan. In "Hoffe" erzählt Franziskus von häufigen Besuchen einer Kirche in seiner Heimatstadt Buenos Aires. Gardel sang dort als Kind im Kirchenchor.

Kindheitserinnerungen

Insgesamt schildert Franziskus sehr detailreich sein Aufwachsen in einem multi-ethnischen und multi-religiösen Viertel der argentinischen Hauptstadt. Dabei geht es auch um weltliche Freuden wie etwa Fußball. Diesen Sport hat der heutige Papst geliebt, obwohl er nach eigener Aussage kein großer Ballkünstler war und "zwei linke Füße" habe. Mit Vater und Brüdern besuchte er häufig Spiele des Clubs San Lorenzo. Noch heute ist er dessen Fan, lässt sich einmal wöchentlich von einem Schweizergardisten die Ergebnisse des Clubs sowie die aktuelle Tabelle bringen.

Club San Lorenzo / © Sobrevolando Patagonia (shutterstock)
Club San Lorenzo / © Sobrevolando Patagonia ( shutterstock )

Natürlich spricht der Papst ebenso von seiner Berufung, seiner Ausbildung zum Priester und seiner Entscheidung, in den Orden der Jesuiten eintreten. Eindrücklich schildert er seine Zeit als Jesuiten-Provinzial während der argentinischen Militärdiktatur (1976-1983), wie er etwa Menschen versteckte oder außer Landes schmuggelte.

Vereitelter Sprengstoffanschlag

Ausführlich erzählt Franziskus von Begebenheiten rund um seine Wahl 2013. Seine eindrücklichsten Reisen sind ebenfalls Thema, beispielsweise die in den Irak, die Franziskus trotz Sicherheitsbedenken unbedingt hatte antreten wollen. Unbegründet waren diese offenbar nicht. Der Papst berichtet von zwei geplanten Sprengstoffanschlägen, die vereitelt wurden.

Blick auf eine Straße in Telskuf (Irak). Im Hintergrund ist die chaldäisch-katholische Kirche Sankt Georg zu sehen.  / © Jean-Matthieu Gautier (KNA)
Blick auf eine Straße in Telskuf (Irak). Im Hintergrund ist die chaldäisch-katholische Kirche Sankt Georg zu sehen. / © Jean-Matthieu Gautier ( KNA )

Eingewoben in die zum Teil emotional geschilderten Stationen und Begegnungen seines Lebens erläutert Franziskus in langen Passagen zudem die politischen Kernanliegen seines Pontifikats: Frieden, Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit. Der 88-Jährige spricht sich gegen Populismus und die Ausgrenzung von Migranten aus und mahnt zur Vorsicht beim Umgang mit neuen Technologien. Ebenso erklärt er seine optimistische Sicht auf die Zukunft der katholischen Kirche.

Deutschland kein Thema

Deutschland kommt trotz seiner Aufenthalte 1985 und 1986 im gesamten Buch nicht vor. Die Zeit an der Jesuiten-Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt/Main erwähnt er nur in einem Halbsatz: im Zusammenhang mit einer im nahe stehenden Ordensfrau, die am Tag seiner Rückkehr nach Argentinien starb.

Der Eingangsbereich der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen / © Silas Stein (dpa)
Der Eingangsbereich der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen / © Silas Stein ( dpa )

Auch auf die Lage der katholischen Kirche in Deutschland geht Franziskus nicht ein. Zur Zukunft der Kirche überhaupt schreibt er, diese solle hinausgehen und mitten unter den Menschen leben, statt im Stillstand zu erstarren. Die erste Reform müsse einer der Haltung sein, befindet der Papst.

Organisatorische und strukturelle Reformen kämen hinterher. "Doch die Kirchen, speziell in einigen Ländern, sind manchmal zu erstarrt in ihren Programmen, in ihren festgefahrenen Vorhaben. Ich weiß, dass solche Programme nötig sind, aber ich schaffe es nicht, auf Organigramme zu vertrauen."

Das Leben des Jorge Mario Bergoglio/Franziskus

Franziskus ist der erste Papst der Kirchengeschichte aus Lateinamerika und der erste Jesuit im obersten Kirchenamt. Seine Wahl löste weltweit einen regelrechten Papst-Hype aus. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) zeichnet zentrale Stationen seines Lebens und seiner bisherigen Amtszeit nach:

Papst Franziskus lächelt (Archiv) / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus lächelt (Archiv) / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA