Kirchen ringen um gemeinsame Friedensethik

"Ende des Krieges ist noch kein Friede"

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine dauert an. Im Nahen Osten nimmt die Gewalt nicht ab. Der Konflikt zwischen China und Taiwan spitzt sich zu. Die beiden großen Kirchen suchen nach Wegen, sich zu positionieren.

Autor/in:
Joachim Heinz
Ordensschwestern mit Ukraine-Schleife / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Ordensschwestern mit Ukraine-Schleife / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Die beiden großen Kirchen in Deutschland suchen nach neuen Wegen, um den Friedensgedanken in einer Welt von Kriegen und Konflikten zu verteidigen. 

Die Evangelische Kirche in Deutschland will im Rahmen einer "EKD-Friedenswerkstatt" eine zeitgemäße protestantische Friedensethik entwickeln. Die katholischen Bischöfe stellten am Mittwoch im Rahmen ihrer Frühjahrsvollversammlung in Augsburg das Ergebnis ihrer Überlegungen vor: ein 175 Seiten umfassendes Papier mit dem Titel "Friede diesem Haus".

"Friede diesem Haus"

Das Friedenswort wurde am Mittwoch (21.02.2024)  in einer Pressekonferenz während der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz von Bischof Georg Bätzing (Bild), Bischof Bertram Meier und Prof. Dr. Heinz-Günther Stobbe vorgestellt. / © Marko Orlovic (DBK)
Das Friedenswort wurde am Mittwoch (21.02.2024) in einer Pressekonferenz während der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz von Bischof Georg Bätzing (Bild), Bischof Bertram Meier und Prof. Dr. Heinz-Günther Stobbe vorgestellt. / © Marko Orlovic ( DBK )

Darin warnen sie vor einem neuen Wettrüsten und bekennen sich zugleich zur Waffenhilfe für die Ukraine. Der Idee der nuklearen Abschreckung erteilen sie eine Absage. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, betonte, es brauche einen langen Atem, um einen Konflikt wie den zwischen Russland und der Ukraine zu beenden. "Das Ende des Krieges ist noch kein Friede, sondern der Anfang einer mühsamen Friedensarbeit", so der Bischof von Limburg.

Darin liege vielleicht auch eine Chance zur Mitwirkung der katholischen Kirche "mit ihrem Elefantengedächtnis". In einem Gastbeitrag für die "Zeit"-Beilage "Christ und Welt" (Donnerstag) äußerte der katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck zudem Verständnis für die geplante Aufrüstung der Bundeswehr. 

Deutschland müsse in der Lage sein, seine Bevölkerung und seine Bündnispartner im militärischen Krisenfall zu schützen, so der Bischof von Essen. "Es geht darum, die notwendigen Voraussetzungen für den Fall moralisch erlaubter Selbstverteidigung zu schaffen."

"Friedenswerkstätte" der evangelischen Kirche

Im baden-württembergischen Bad Boll berieten unterdessen Vertreter der EKD auf der dritten von vier geplanten "Friedenswerkstätten" über eine Weiterentwicklung ihrer ethischen Positionen zu Krieg und Frieden. Auch auf protestantischer Seite ist der Angriff Russlands auf die Ukraine ein wichtiger Auslöser. 

Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl / © Bernd Weißbrod (dpa)
Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl / © Bernd Weißbrod ( dpa )

Die Debatte der vergangenen zwei Jahre habe gezeigt, "dass wir als Kirche eine neue Position erarbeiten müssen, um den friedensethischen Grundanliegen, die wir teilen, weiter gerecht werden zu können", sagte der württembergische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl.

Konfliktlinien zwischen evangelischer und katholischer Kirche

Mit Blick auf den vielzitierten Ausspruch von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) "Wir müssen kriegstüchtig werden" wurden allerdings auch Konfliktlinien zwischen evangelischer und katholischer Kirche deutlich. Der katholische Militärbischof Overbeck deutete in seinem Beitrag für "Christ und Welt" den Satz als Problemanzeige, "wie bedrohlich die Lage in Europa durch den fortdauernden russischen Angriffskrieg auf die Ukraine geworden ist".

Der EKD-Friedensbeauftragte Friedrich Kramer nannte den Satz von Pistorius in der gleichen Zeitung dagegen grundfalsch. "Denn er macht nicht mehr deutlich, dass es um Verteidigung geht", so der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. "Die Sprache muss präzise sein, denn ein Krieg ist schnell herbeigeredet, und das ist verantwortungslos."

Wohin geht's zur Ökumene?  / © Harald Oppitz (KNA)
Wohin geht's zur Ökumene? / © Harald Oppitz ( KNA )

Kein "ökumenischer Schulterschluss"

Die Frage nach einem gemeinsamen friedensethischen Wort der Kirchen beantwortete der Augsburger katholische Bischof Bertram Meier mit den Worten, er wisse nichts von einem ökumenischen Schulterschluss.

Ulrich Pöner vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz fügte hinzu, derzeit seien die Diskussionslagen in der katholischen und evangelischen Kirche zu unterschiedlich. Da erscheine es wenig sinnvoll, "jetzt mit viel Kleister und Farbe etwas herzustellen, was nach Einheit aussieht, wo jede Seite doch an ihren eigenen Problemen zu arbeiten hat". Man bleibe aber im Gespräch.

Ökumene

Der Begriff "Ökumene" stammt aus dem Griechischen und heißt wörtlich übersetzt "die ganze bewohnte Erde". Gemeint sind die Bemühungen um die Einheit aller getrennten Christen. Die Ökumenische Bewegung ging zunächst von evangelischer Seite aus; als Beginn gilt die Weltmissionskonferenz von Edinburgh im Jahr 1910. Sie führte 1948 zur Gründung des Ökumenischen Rates der Kirchen (Weltkirchenrat, ÖRK) mit Sitz in Genf. Ihm gehören heute 349 reformatorische, anglikanische und orthodoxe Kirchen mit 560 Millionen Christen in 110 Ländern an.

Bewegung in der Ökumene / © Paul Sklorz (KNA)
Bewegung in der Ökumene / © Paul Sklorz ( KNA )

 

Quelle:
KNA