Kirchen fordern größere Anstrengungen im Kampf gegen Hunger

Ohne Leitbild keine Hoffnung

Bei ihrem traditionellen Gottesdienst zu Jahresbeginn in Bonn haben Misereor und Evangelischer Entwicklungsdienst die Bedeutung der kirchlichen Entwicklungshilfearbeit hervorgehoben. Es gehe darum, "sich ohne Ansehen der Person für die Menschenrechte einzusetzen".

 (DR)

Gerade in einer Zeit zunehmender religiöser Radikalisierungen und Gewaltausbrüche sei es "Aufgabe der Christinnen und Christen, sich ohne Ansehen der Person für die Menschenrechte einzusetzen", sagte der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge am Montagabend. Der Vorsitzende der Evangelischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe, Bernhard Felmberg, rief die Bundesregierung beim anschließenden Neujahrsempfang zu größeren Anstrengungen beim Kampf gegen den Hunger auf.



Der Glaube an die Kraft der Versöhnung sei keine Angelegenheit privater Frömmigkeit, unterstrich Dröge, der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und Aufsichtsratsvorsitzender des EED ist. "Wir müssen, wenn wir unserem Glauben treu bleiben wollen, das Leitbild einer sozialen, ökologischen und global verpflichteten Weltwirtschaftsordnung einfordern." Ohne ein solches Leitbild gebe es "keine Zukunftshoffnung für die rasant zusammenwachsende Menschheit".



Die Finanzkrise sorgt für Rückschläge

Entwicklungsarbeit sei ein wichtiges gemeinsames Anliegen von Kirche und Staat, sagte Felmberg. Susanne Schraa vom Bundesentwicklungsministerium (BMZ) würdigte angesichts des diesjährigen 50-jährigen Bestehens ihres Ressorts die Zusammenarbeit von Staat und Kirchen in der Entwicklungshilfe. Das BMZ wolle den Dialog mit den Kirchen weiter ausbauen. Rahmen für die Entwicklungsarbeit seien die Milleniumsziele.



Dröge kritisierte jedoch, die Bemühungen, die Millenniumsziele im weltweiten Kampf gegen die Armut zu erreichen, hätten durch die Finanzkrise starke Rückschläge erlitten. In den Entwicklungsländern seien rund 100 Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen. "Zusätzlich ist die Finanzkrise zur Hungerkrise geworden, weil die Nahrungsmittelspekulation angefacht wurde." Die Entwicklungshilfe sei ein Ansatzpunkt, von dem aus die Spirale dieser unheilvollen Entwicklungen durchbrochen werden könne, betonte der Theologe.



Um den Hunger in der Welt zu bekämpfen forderte Felmberg, neue Finanzierungsinstrumente für die Entwicklungshilfe einzuführen, wie etwa eine Finanztransaktionssteuer. Die Kirche wolle die Bundesregierung bei der Durchsetzung einer solchen Steuer in der Europäischen Union unterstützen. Felmberg und der Vorstand der Katholischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe, Karl Jüsten, riefen außerdem zu einem besseren weltweiten Schutz der Christen vor Verfolgung auf.



Südsudan: Entwicklungshilfe wieder aufnehmen

Misereor-Geschäftsführer Josef Sayer forderte die Bundesregierung auf, nach dem friedlich verlaufenen Unabhängigkeits-Referendum im Südsudan die eingefrorene Entwicklungshilfe wieder aufzunehmen. Sayer hatte das Land als Wahlbeobachter besucht. Schraa stellte für Februar ein erstes Treffen von BMZ-Mitarbeitern mit Vertretern zivilgesellschaftlicher Entwicklungshilfeorganisationen zum Thema Südsudan in Aussicht.



Die Menschen im überwiegend von Christen und Anhängern alter afrikanischer Religionen bewohnten Südsudan hatten vergangene Woche über die Unabhängigkeit vom islamisch geprägten Norden angestimmt.