Menschenrechtler fordern Zugang zu Gefängnissen in Kuba

Keine Impfung, keine Maske, kein Schutz vor dem Virus

In Kuba gibt es aktuell 138 politische Gefangene. Sie werden in der Pandemie nicht medizinisch versorgt, Kuba weist das Internationale Rote Kreuz ab. "Wer das tut, hat ein schlechtes Gewissen", sagen Menschenrechtler.

Hände hinter Gefängnisstäben / © sakhorn (shutterstock)
Hände hinter Gefängnisstäben / © sakhorn ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Was wissen Sie denn über den Corona-Stand der Dinge in Kuba allgemein? Wie sieht es da in den öffentlichen Krankenhäusern aus? Wie läuft's mit den Impfungen?

Martin Lessenthin (Internationale Gesellschaft für Menschenrecht): Die Krankenstationen auf Kuba, die polytechnischen Kliniken, sind leider sehr schlecht versorgt. Sie können der Bevölkerung nur ein sehr begrenztes Angebot machen. Und ein großes Problem ist überall die Hygiene. Es gibt auch einen Mangel an sehr einfachen Medikamenten. Immer dann, wenn um Hilfe gebeten wird, hört man ja, was gebraucht wird. Da reicht die Bestell-Liste der Bedürftigen bis hin zu Kopfschmerztabletten.

Kuba ist auf der einen Seite ein Land, das Ärzte-Brigaden in die Welt entsendet, nach Namibia oder in südamerikanische Staaten, aber auch bei der ersten Corona-Welle zum Beispiel nach Norditalien. Dort werden die Mediziner entsendet und sie helfen in Notsituationen. Sie fehlen aber im eigenen Land. Vor allem fehlt es im eigenen Land an den entsprechenden Mitteln für die Behandlung.

DOMRADIO.DE: Sie sorgen sich ganz besonders um die Situation der politischen Gefangenen. Welche Informationen haben Sie da?

Lessenthin: Zum Beispiel erschreckenderweise, dass in den Gefängnissen die Hygienevorschriften nicht eingehalten werden, dass das zum Teil auch gar nicht möglich ist, wegen Überfüllung. Und dass insbesondere die politischen Gefangenen, gerade auch die Älteren unter ihnen, nicht geimpft werden und auch nicht über einen Mund-Nasen-Schutz verfügen.

DOMRADIO.DE: Es sind aktuell 138 politische Gefangene auf Kuba. Vielleicht haben Sie ein Beispiel, ein Schicksal für uns, damit wir uns das ein bisschen konkreter vorstellen können.

Lessenthin: Ja, es gibt tatsächlich sehr viele bedauernswerte Schicksale. Aber ich möchte eine kubanische Frau herausgreifen, Keilylli de la Mora Valle, sie ist Mitglied der Bürgerrechtsbewegung UNPACU. Das ist die größte Demokratie forderndes Vereinigung auf der Insel. Sie ist verboten, wie alle anderen derartigen Vereinigungen, Gruppierungen und auch Gewerkschaften, weil in Kuba gilt: Es gibt nur die Kommunistische Partei. Andere sind immer verboten.

Sie hat offiziell wegen Ungehorsam und Verbreitung der Epidemie, wegen Missachtung von Autoritäten et cetera, eine Gefängnisstrafe bekommen und wurde teilweise sogar psychiatrisch behandelt, weil sie die Maßnahmen des Regimes kritisiert hat. Auch gerade die Maßnahmen jetzt aktuell in der Corona Situation, aber auch grundsätzlich das Gesundheitssystem und die Mangelversorgung auf der Insel, die bekanntlich in den vergangenen Jahren wieder krasser ist denn je.

DOMRADIO.DE: Mit all dem im Hinterkopf: Was sind Ihre Forderungen an die kubanische Regierung?

Lessenthin: Zunächst einmal fordern wir die kubanische Regierung dazu auf, dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes oder einer anderen unabhängigen Delegation die Gefängnisse zu öffnen und die Möglichkeit zu geben, sich ein Bild zu machen, wie die Hygienesituation in den Gefängnissen ist, wie die Gefangenen über ihre Situation berichten.

Den Gefangenen in Einzelgesprächen muss man geschützt die Möglichkeit zu geben, darüber zu berichten, ob sie misshandelt, missbraucht oder sonstiges sind. Kuba ist einer der wenigen Staaten in der Welt, der kategorisch das Internationale Rote Kreuz abweist. Wer das tut, hat ein schlechtes Gewissen. Und wir glauben den Angehörigen von Gefangenen und den Gefangenen selbst, die nach ihrer Entlassung berichtet haben und wissen, in welchen schrecklichen Zustand der sogenannte Strafvollzug auf dieser karibischen Inseln ausschaut. 

Das Interview führte Hilde Regeniter


Martin Lessenthin / © Internationale Gesellschaft für Menschenrechte / IGFM
Martin Lessenthin / © Internationale Gesellschaft für Menschenrechte / IGFM
Quelle:
DR