Weihnachten im syrischen Maalula

Kaum Strom, kein Heizöl und Gas

Die Corona-Krise setzt den Menschen in Syrien zu. Weihnachten feiern Christen dort unter harten Bedingungen - die von europäischen Wirtschaftssanktionen noch erschwert werden. Die Hoffnung geben sie aber nicht auf.

Autor/in:
Karin Leukefeld
Auf dem zentralen Platz in Maalula wird der Weihnachtsbaum aufgestellt / © Karin Leukefeld (KNA)
Auf dem zentralen Platz in Maalula wird der Weihnachtsbaum aufgestellt / © Karin Leukefeld ( KNA )

In Maalula, einem zwischen hohen Felswänden gelegenen christlichen Ort nördlich von Damaskus, erwarten die Menschen Weihnachten unter harten Bedingungen. Sie sind enttäuscht von ihren europäischen Nachbarn, die ihre Heimat seit Jahren mit Wirtschaftssanktionen belegt haben. Die Botschaft von Vater Taher Jussif von der Kirche des heiligen Georg an die Europäer lautet: "Helfen Sie uns nicht".

So hart wie in diesem Jahr war es in seinem Leben noch nie in Maalula, sagt Joseph Saadi, der Bürgermeister von Maalula. Über seinen warmen Pullover hat der Endvierziger eine dicke Winterjacke gezogen. Saadi stammt aus Maalula, dem Ort in Syrien, wo die Christen noch in der Sprache Jesu beten, auf Aramäisch.

Christliche Bewohner kommen zurück

Im Krieg wurde Maalula von bewaffneten Dschihadisten besetzt, die Kirchen verwüstet. Wer nicht fliehen konnte, wurde ermordet. Nach der Befreiung des Ortes kehrten die christlichen Bewohner nur langsam zurück. Die Muslime blieben fort.

"Entschuldigen Sie, es sieht hier etwas ungastlich aus", sagt der Bürgermeister, als er den Empfangsraum in der kleinen Stadtverwaltung von Maalula aufschließt. "Wir haben schon lange keine Gäste mehr empfangen." Aus dem Nebenraum holt der hochgewachsene Mann einen Heizstrahler. Ibrahim Al Shaer, Vorsitzender des Stadtrates, kommt herein: "Wir haben Glück, es gibt gerade Strom."

Erinnerungen an Weihnachten vor dem Krieg

2.000 Menschen lebten derzeit in Maalula; im Sommer seien es etwa doppelt so viele, berichten die beiden Männer. Im Winter könnten die Temperaturen auf bis zu minus 20 Grad Celsius fallen. Familien mit älteren Kindern zögen nach Damaskus, wo die Versorgungslage etwas besser sei. "Wir haben kaum Strom, kein Heizöl und kein Gas, um zu kochen", zählt Bürgermeister Saadi auf. Die Corona-Krise habe das ohnehin schwierige Leben in Syrien weiter verschärft.

"Früher haben sich die Leute in den dunklen Dezemberwochen auf Weihnachten vorbereitet. Immer gab es Strom;, Kirchen, Klöster und Häuser wurden geschmückt und erleuchtet", erinnert sich al Shaer an Weihnachten vor dem Krieg. Am Christbaum im Zentrum seien Choräle gesungen und in der Heiligen Nacht Gottesdienst gefeiert worden.

Mit Glück leuchtet der Weihnachtsbaum

Dieses Jahr verzichten die Menschen auf das weihnachtliche Schmücken ihrer Häuser und Gärten. Wegen verteuerter Lebensmittel infolge der Wirtschaftskrise hätten viele Menschen lange kein Fleisch gegessen, so Saadi. "Wenn wir Glück haben, wird der Generator der Georgskirche in der Heiligen Nacht Strom erzeugen, damit wir den Weihnachtsbaum erleuchten können."

Er verstehe nicht, warum Europa eine Wirtschaftsblockade über Syrien verhängt habe. Damit würden auch die Nachbarstaaten Irak, Jordanien und Libanon bestraft: "Wenn das nicht wäre und wenn wir unser Öl wieder nutzen, wichtige Dinge importieren und unsere Produkte exportieren könnten, könnten wir unser Land wiederaufbauen", sagt Saadi.

Hoffnung trotz der angespannten Situation

Vater Jussif leitet die griechisch-orthodox-melkitische Gemeinde Sankt Georg. Mit Freiwilligen und Restaurationsmalern aus Maalula werden letzte Renovierungen vor Weihnachten abgeschlossen. Die Kirche gleicht einem großen Atelier. Die farbgewaltigen Wandbilder wurden genauso wie alte Ikonen restauriert. Die von den Dschihadisten bei der Besatzung von Maalula zerstörten Skulpturen will der Priester in einem Museum aufbewahren - gegen das Vergessen.

Jussif ist ein Mann der Tat und wartet nicht lange, um etwas zu beginnen. Die Arbeit in der Kirche unterbricht der Priester nur, um ein Mittagessen mit Gästen einzunehmen oder mit den Kindern von Maalula Lieder und Choräle für den Weihnachtsgottesdienst einzustudieren, die er auf der Querflöte begleitet.

Weihnachten erfülle ihn trotz allem mit Hoffnung, sagt er. "Weihnachten bedeutet Leben und Licht, dann sind wir Jesus Christus wirklich nah." Die Kirche könne ein Zeichen für Hoffnung und Veränderung geben. Für Jussif sind die Christen in Europa weit von der Christen-Realität in Syrien entfernt. Daher lautet auch seine Botschaft: "Helfen Sie uns nicht. Punkt."


Quelle:
KNA