Katholisches Büro Niedersachsen besorgt über AfD-Wahlerfolg

"Menschenverachtende Parolen nicht akzeptabel"

Aller Voraussicht nach wird Niedersachsen in den nächsten Jahren von einer rot-grünen Regierung angeführt. Was bedeutet das für die katholische Kirche und wie sieht das katholische Büro den Erfolg der AfD bei der Wahl?

Landtag in Niedersachsen / © Julian Stratenschulte (dpa)
Landtag in Niedersachsen / © Julian Stratenschulte ( dpa )

DOMRADIO.DE: Rot-Grün wird in Niedersachsen in den kommenden fünf Jahren die Regierung stellen. Ist das eher gut für die Kirchen?

Bischof Bode gratuliert Ministerpräsident Weil zum Wahlsieg

Der katholische Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode hat dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) zu seinem Sieg bei der Landtagswahl gratuliert. Zu dem Ergebnis habe sicher auch Weils zugewandte Art beigetragen, sagte Bode am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Hannover. Er bedauere zugleich die starken Stimmverluste der CDU. Dort werde man sich Gedanken über die Gründe machen müssen.

Bischof Franz-Josef Bode / © Julia Steinbrecht (KNA)
Bischof Franz-Josef Bode / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Prälat Prof. Dr. Felix Bernard (Leiter des katholischen Büros Niedersachsen): Wir haben ja Erfahrung damit. Es wäre das dritte Mal, dass die SPD mit den Grünen koaliert. Die vorletzte Regierung war auch rot-grün , dazwischen jetzt rot-schwarz und jetzt kommt wieder möglicherweise rot-grün. Wir können damit leben und es hängt ja auch immer von den konkreten Themen ab, die wir bearbeiten. Wir müssen natürlich mit guten Argumenten aufwarten, aber das müssen wir auch bei einer CDU-Regierung. Und da können wir eigentlich mit den demokratischen Parteien ja auch gut kooperieren.

Prälat Felix Bernard  / © privat
Prälat Felix Bernard / © privat

DOMRADIO.DE: Aber gerade bei den Grünen gibt es auch starke Kräfte, die um eine größere Trennung von Staat und Kirche bemüht sind. Haben Sie Sorge, dass da was passiert?

Bernard: Bei den prozentualen Verhältnissen, die wir im Landtag haben, wird wohl die SPD in vielen entscheidenden Fragen noch die Oberhand behalten. Aber Druck wird da immer mal wieder kommen. Wir haben das ja auch beim Tanzverbot an Karfreitag, das die Grünen eigentlich abschaffen wollen. Aber ich denke, dass die SPD so etwas nicht mitmachen wird, weil die Partei auch den Sonn- und Feiertagsschutz hochhält.

DOMRADIO.DE: Dann schauen wir auf die CDU. Sie hat viele Wähler an die AfD verloren. Woran liegt das?

Landtagswahl in Niedersachsen

Die SPD hat die Landtagswahl in Niedersachsen klar gewonnen. Ministerpräsident Stephan Weil kann nun wie erhofft mit den Grünen ein neues Regierungsbündnis schmieden. Sein bisheriger Koalitionspartner, die CDU, fuhr das schlechteste Wahlergebnis seit Jahrzehnten ein. Landeschef Bernd Althusmann räumte die Schlappe ein und kündigte noch am Sonntagabend an, sein Amt abzugeben. Die FDP flog nach fast zehn Jahren knapp aus dem Landtag - was nun für Ärger auch in der Berliner Ampel-Koalition sorgen könnte.

Die Niedersachsen müssen wieder an die Wahlurnen / © Wolfram Kastl (dpa)
Die Niedersachsen müssen wieder an die Wahlurnen / © Wolfram Kastl ( dpa )

Bernard: Die AfD hat von allen Parteien Wählerstimmen bekommen. Ich denke, dass das mit einer allgemeinen Unzufriedenheit zu tun hat. Es gibt auch Untersuchungen, die zeigen, dass die demokratischen Parteien in Misskredit geraten sind und dass sich das dann bei der Wahl ein Ventil gesucht hat. Ich denke nicht, dass das nachhaltig ist. Die Parteien haben Vertrauen verloren und die Aufgabe aller demokratischer Parteien ist es nun, das Vertrauen wieder zurückzugewinnen.

DOMRADIO.DE: Die AfD hat stark hinzugewonnen. Der Slogan dabei war: "Unser Land zuerst". So ein Slogan ist nicht gerade christlich fundiert. Hat die Kirche da stark genug Stellung bezogen?

Bernard: Die Kirche hat ja vor allem, was Rechtsextremismus und Antisemitismus anbelangt, immer auch in Niedersachsen ganz massiv interveniert. Wir haben uns natürlich nicht parteipolitisch eingemischt, um irgendwelche Parteien zu kritisieren oder zu befördern. Da sind wir der Überzeugung, die Parteien sollen das Verhältnis zur Kirche selbst definieren und nicht andersherum. In sachlichen Aussagen beziehen wir aber durchaus Stellung und sagen: Dieses und jenes ist gar nicht möglich. Menschenverachtende Parolen sind auf jeden Fall für uns nicht akzeptabel.

DOMRADIO.DE: Können denn die Kirchen etwas zur Stärkung der Demokratie tun und dafür, dass sich große Teile der Gesellschaft nicht zunehmend radikalisieren?

Bernard: Ja, da haben wir eine große Möglichkeit. Gerade die katholische Kirche hat über die Sozialverbände Möglichkeiten, Menschen für Politik zu interessieren und dann möglicherweise auch zu motivieren, in die Politik zu gehen. Das war vor einigen Jahrzehnten ja immer noch ein Fundament, eine Börse von guten Leuten, die man in die in die Politik brachte, die aus dieser Sozialverbandstätigkeit der Kirchen hervorgegangen sind. Und da haben wir auch heutzutage große Chancen, etwas zu erreichen.

Das Interview führte Heike Sicconi.

Quelle:
DR
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