Katholischer Medienverband beklagt sinkenden Umsatz

Geringes Interesse

Der religiöse Buchmarkt ist in Zeiten von Corona, Kirchenaustritten und Missbrauchskrise eingebrochen. Hoffnungen setzt der Verband, der aus rund 120 konfessionelle Medienunternehmen besteht, auf die Frankfurter Buchmesse.

Eine Frau steht vor Bücherregalen der katholischen Buchhandlung Münsterladen am 2. März 2018 in Bonn.
 / © Julia Steinbrecht (KNA)
Eine Frau steht vor Bücherregalen der katholischen Buchhandlung Münsterladen am 2. März 2018 in Bonn. / © Julia Steinbrecht ( KNA )

KNA: Herr Höß, spielen die Themen Kirche und Religion innerhalb der vielen Veranstaltungen der Frankfurter Buchmesse mehr als eine Nebenrolle?

Konrad Höß (Geschäftsführer des Katholischen Medienverbands KM): Kirche und Religion spielen auf der Messe per se keine Rolle, solange es nicht ein Thema gibt, das von allgemeinem Interesse ist. Wir hatten 2019 eine gut besuchte Veranstaltung im Lesezelt mit Pater Anselm Grün und dem wegen Untreue verurteilten früheren Topmanager Thomas Middelhoff.

Konrad Höß, Geschäftsführer des katholischen Medienverbandes, auf der Buchmesse in Leipzig am 13. März 2015. / © Rocco Thiede (KNA)
Konrad Höß, Geschäftsführer des katholischen Medienverbandes, auf der Buchmesse in Leipzig am 13. März 2015. / © Rocco Thiede ( KNA )

Da kam uns die Messeleitung sehr entgegen, weil Middelhoff damals durch alle Talkshows ging. Anders gesagt: Wenn man aus der Nische herauskommen will, muss man aktiv werden und ein zugkräftiges Thema beziehungsweise eine interessante Person bieten.

KNA: Die Corona-Pandemie hat ihren Schrecken weitgehend verloren. Wirkt sich diese vermeintliche Rückkehr von Normalität auf das Interesse an religiösen Büchern aus?

Höß: Leider nein. Was aber deutliche Auswirkungen zeigt, ist der tatsächliche und der befürchtete Rückgang der Kaufkraft beziehungsweise die Angst der Menschen, angesichts der aktuellen Lage wirtschaftlich den Anschluss zu verlieren. Das macht sich deutlich im Verkauf von Büchern bemerkbar - allerdings nicht nur religiösen Titeln, sondern generell.

KNA: Bereits vor zwei Jahren verzeichneten Sie einen verhältnismäßig starken Rückgang des Umsatzes bei religiösen Buchtiteln. Welche Entwicklung sehen Sie seitdem?

Höß: Leider hat sich dieser Trend fortgesetzt. Zwischen 2017 und 2021 betrug der kumulierte Rückgang des Umsatzes rund 35 Prozent, im ersten Halbjahr 2022 büßten die betreffenden Warengruppen zusammengenommen abermals 8,9 Prozent an Umsatz ein.

KNA: Die Relevanz der Kirchen für das Leben vieler Menschen schwindet. Was bedeutet das für den Buchmarkt bei kirchennahen sowie theologischen Themen?

Höß: Der allgemeine Trend bildet sich natürlich auch im Interesse der Buchkäufer ab. Je weniger Relevanz die Kirche(n) im Leben der Menschen haben, desto weniger Interesse hat man natürlich an entsprechenden Buchtiteln. Dies gilt übrigens nicht oder zumindest nicht in gleichem Maße für Titel zur Spiritualität oder der sogenannten Lebenshilfe, die ja auch in unseren Verlagen erscheinen. Aber man kann schon sagen: je näher an der verfassten Kirche, desto geringer das Interesse.

KNA: Welche Titel laufen gut? Spiritualität, Selbsthilfe?

Höß: Genau. Bücher zur Spiritualität und zur Lebenshilfe gehen gut. Auch Biografisches in Verbindung mit dem Thema Glauben, wobei der Promi-Faktor immer auch eine Rolle spielt. Aber es ist auch möglich, Autoren aufzubauen, also den Promi-Faktor aktiv zu fördern.

Katholischer Medienverband KM.

Religiöse Bücher, Zeitungen und Zeitschriften sowie elektronische Medien erfüllen eine wichtige Aufgabe in unserer Gesellschaft. Sie vermitteln Glaubensinhalte, helfen Menschen auf der Suche nach Antworten auf die substantiellen Lebensfragen und vermitteln positive Werte auf der Grundlage des christlichen Glaubens. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Verlagen, Buchhandlungen und Redaktionen setzen durch Ihr Engagement positive Akzente in der Gesellschaft, in der katholischen Kirche und in der publizistischen Landschaft im deutschsprachigen Raum.

Papstbücher in einer Buchhandlung / © Romano Siciliani (KNA)
Papstbücher in einer Buchhandlung / © Romano Siciliani ( KNA )

Pfarrer Rainer Maria Schießler aus München ist ein gutes Beispiel. Der ist authentisch, wirkt nahbar und geerdet und sagt seine Meinung. Da wird dann auch «die Kirche» wieder interessant, weil man das Gefühl hat, da spricht nicht jemand mit vorgestanzten und vorhersehbaren Sätzen von der Kanzel oder vom Katheder, sondern da redet einer «wie ihm der Schnabel gewachsen ist» und erreicht die Menschen im Herzen.

Daneben gibt es natürlich inzwischen viele Titel, die sich mit der Krise der Kirche beschäftigen und mögliche Lösungswege aus dieser Krise skizzieren. Man muss aber so ehrlich sein zuzugeben, dass diese Titel eine eher kleine Zielgruppe sehr kirchennaher Leser haben.

KNA: Die Dimension des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche in Deutschland wird immer klarer mit jedem Aufarbeitungsbericht aus den Bistümern. Bildet der religiöse Buchmarkt das Erschrecken über die Kirche als Institution adäquat ab?

Höß: Ich glaube: Ja. Ich möchte nicht behaupten, dass ich einen umfassenden Überblick über das Thema habe, aber wie ich sehe, ist das in vielen unserer Mitgliedsverlage seit einigen Jahren ein Thema, das auf vielfältige Weise sehr kritisch beleuchtet und begleitet wird.

KNA: Extreme Wetterereignisse - Waldbrände, Flutkatastrophen, Wirbelstürme - nehmen zu. Der Klimawandel wird sichtbar. Wird diese Bedrohung für die Menschheit und die Schöpfung ausreichend thematisiert im Sektor des religiösen Buches?

Höß: Auch hier ein eindeutiges Ja. Das Thema wird unter dem Aspekt gesehen: Wie gehen wir mit unserer Schöpfung um? Das wendet sich dann auch nicht nur an die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, sondern hat immer auch den Bezug zu mir selber: Wie muss ich leben, was kann ich tun, um verantwortungsvoll mit der Schöpfung umzugehen.

KNA: Eine Energiekrise könnte in Deutschland die Schere zwischen Arm und Reich vertiefen und die Gesellschaft spalten. Wo bleiben mutige christliche Autoren, die den Wohlhabenden im Sinne des Sozialstaatsgebots mehr als bisher abverlangen?

Höß: Das ist eine gute Frage. Zwar gibt es zu diesem Thema schon seit Jahren immer wieder Titel, aber ich glaube, dass die aktuellen Ereignisse auch diese Diskussion ganz stark befeuern werden.

Das Interview führte Norbert Demuth.

Quelle:
KNA