Katholische Vermieter unterstützen Kündigungs-Moratorium

"Wir finden hier immer individuelle Wege und Lösungen"

Teilweise um 100% steigen die Gaspreise für Mieter in Deutschland. Die katholische Aachener Wohnungsgesellschaft setzt sich vor dem Hintergrund der katholischen Soziallehre für mieterfreundliche Lösungen ein.

Heizung (Symbolbild) / © Hauke-Christian Dittrich (dpa)
Heizung (Symbolbild) / © Hauke-Christian Dittrich ( dpa )

DOMRADIO.DE: Was bedeuten die gestiegenen und weiter steigenden Energiepreise ganz grundsätzlich für eine Wohnungsgesellschaft?

Sandra Buchen (Prokuristin und Bereichsleiterin Wohnungswirtschaft bei der Aachener Siedlungs- und Wohungsgesellschaft): Also grundsätzlich sind wir als Wohnungsunternehmen und als Vermieterin natürlich direkt betroffen. Wenn man sich vorstellt, dass rund 30% der Energie in ganz Deutschland allein in privaten Haushalten verbraucht wird. Allein 60 bis 70% unserer Mieter werden also auch direkt durch unsere Verträge mit den Wärmedienstleistern mit Wärme versorgt. Und da gehört es jetzt natürlich auch noch mal mehr zu unseren Aufgaben, unsere Wohnungsbestände gerade im Hinblick auch auf unsere Klimaschutzstrategie perspektivisch klimaneutral umzurüsten und zu modernisieren. Und die steigenden Energiepreise erhöhen da eben umso mehr den Handlungsdruck.

DOMRADIO.DE: Sie müssen ja Kosten an die Mieter weitergeben. Wie machen Sie das? Zügig jetzt die Nebenkosten erhöhen, damit es da nicht zum bösen Erwachen bei der Nachzahlung kommt?

Buchen: Ja, tatsächlich haben wir die Heizkosten-Vorauszahlungen unserer Mieter bereits im Mai angepasst. Das haben wir jetzt weit im Voraus zur nächsten Heizperiode gemacht. Gerade eben im Blick darauf, den steigenden Energiekosten und damit verbundenen hohen Nachforderungen dann möglichst entgegenzuwirken bzw. sie zu verhindern.

Wir sind in Kontakt mit den großen Energieversorgern getreten und haben hier unsere Rahmenverträge neu verhandelt, um dann eben für unsere Mieter günstigere Preise zu erzielen. Es gibt aber auch kurzfristige technische Maßnahmen, die wir umsetzen. So gibt es zum Beispiel ein hohes Sparpotential durch die Optimierung der Einstellung der Heizungsanlagen, zum Beispiel durch die Anpassung der Temperatur bei der Nachtabsenkung oder der hydraulische Abgleich. Aber auch so kleinere Maßnahmen wie die Dämmung der Heizungsleitung, sofern hier noch Nachbesserungsbedarf ist.

Im Hinblick auf die nächste Heizperiode haben wir auch eine umfangreiche Informationskampagne für unsere Mieterinnen und Mieter geplant. In diesem Zusammenhang werden wir insbesondere auch unsere Mitarbeiter vor Ort schulen, die Hausmeisterinnen und Hausmeister zum Energiesparen schulen. Das sind ja nun mal auch die ersten Ansprechpartner für unsere Mieterschaft vor Ort.

DOMRADIO.DE: Thema Nebenkostenerhöhung: In welchem Rahmen bewegt sich das bei Ihnen?

Buchen: Tatsächlich ist es so, dass andere Wohnungsunternehmen die Vorauszahlungen sogar teilweise um 100% angepasst haben. Wir haben die Vorauszahlungen um 30% angepasst. Wir profitieren hier aus den vorangegangenen Jahren, wo wir eben die Anpassung der Heizkosten nach oben hin vorgenommen haben und nicht nach unten. Wir haben hier einfach die Erfahrung gemacht, wenn wir die Vorauszahlung nach unten hin angepasst haben, dann haben die Mieter sich bei uns gemeldet und gesagt: "Nein, bitte nicht, ich möchte weiterhin so viel zahlen wie vorher. Mir ist es einfach lieber, dass die Abrechnung mit einem Guthaben abschließt." Davon profitieren wir jetzt gerade. Und unsere Mieter natürlich auch.

DOMRADIO.DE: Der Deutsche Mieterbund fordert ein Kündigungsmoratorium für alle, die wegen der Preisexplosion ihre Nebenkostenabrechnung oder Preisanpassung nicht zahlen können. Wie stehen Sie dazu?

Buchen: Das finde ich wichtig und auch richtig. So eine ähnliche Regelung gab es ja auch schon in der Corona-Krise, als viele Arbeitnehmer in Kurzarbeit gehen mussten. Ich verstehe uns aber grundsätzlich auch als Vermieterin mit sozialer Verantwortung und da ist es für uns auch ein Selbstverständnis, dass wir in solchen Situationen eben auch auf Seiten unserer Mieterinnen und Mieter stehen und da niemand befürchten muss, sein Zuhause zu verlieren. Wir finden hier immer individuelle Wege und Lösungen.

DOMRADIO.DE: Was unterscheidet Sie als katholische Wohnungsgesellschaft in der Krise von anderen Gesellschaften?

Buchen: Ich denke, dass der Gedanke der sozialen Verantwortung bei uns größer ist, dass wir insgesamt sozialverträglicher handeln als andere Unternehmen. So zum Beispiel jetzt auch in der Corona-Krise. Wir haben seit zweieinhalb Jahren keine Mietanpassung der Grundmieten vorgenommen. Dafür sind wir auch in diesen Krisenzeiten besonders gefordert. Wir beherbergen zum Beispiel aufgrund des Ukraine-Krieges rund 130 geflüchtete Menschen in unseren Wohnungen.

Und die katholische Soziallehre. Das ist ein fester Bestandteil unseres Leitbildes, das für uns immer gilt. Und vielleicht ist eben auch aufgrund unseres katholischen Hintergrundes das Verantwortungsgefühl einfach bei jedem einzelnen Mitarbeiter größer. Wir merken einfach gerade jetzt in Krisenzeiten, dass alle mehr geben, als sie müssten, weil es ein gemeinsames Werteverständnis bei uns im Unternehmen gibt.

DOMRADIO.DE: Stichwort Beratung und auch Transparenz. Das sind ja Gesichtspunkte, die für Mieterinnen und Mieter auch wirklich wichtig sind. Gerade jetzt.

Buchen: Ja, wir haben sowohl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die direkt vor Ort für die Mieterschaft Ansprechpartner sind. Wir sind aber auch in persönlichen Sprechzeiten auch bei uns im Bürogebäude für unsere Mieter da. Wir sind eine Vermieterin mit Gesicht. Wir finden immer Lösungen und Wege, um unsere Mieter da zu unterstützen.

DOMRADIO.DE: Wie reagieren Sie langfristig? Modernisierungsmaßnahmen haben Sie schon angesprochen, wie zum Beispiel Umstieg auf Solarenergie oder bessere Dämmung. Aber die haben natürlich immer auch den Schönheitsfehler, dass sie doch deutlich höhere Mieten nach sich ziehen.

Buchen: Ja, das ist richtig. Gerade im Hinblick darauf, dass wir eben auch einen großen Gebäudebestand aus den 50er bis 70er Jahren haben, ist es eben jetzt auch aufgrund des Alters der Gebäude unumgänglich, dass wir diese Gebäude energetisch modernisieren und auch weiterhin energetisch modernisieren. Natürlich sind das die Klassiker, die Fassaden-Dämmung, die sie gerade ansprachen, der Austausch der Fenster, aber natürlich auch der Einbau und Umbau moderner und energieeffizienter Wärme- und Energieversorgung. Ein wichtiger Baustein ist natürlich auch die Solarenergie, gerade in Kombination mit Luft-Wärmepumpen, aber auch für die Bereitstellung von E-Mobilität.

Da versuchen wir immer, das Thema gesamtheitlich zu denken und zu lösen. Wir haben ein großes Netzwerk von Partnerinnen und Partnern uns aufgebaut, die uns hierbei unterstützen. Klimaschutz ist teuer, sowohl für die Mieterinnen und Mieter, aber auch natürlich für uns als Vermieter. Und da sehe ich die Herausforderungen ganz klar im Bestand, auch wenn wir natürlich im Neubau dieselben oder ähnliche Probleme haben. Aber der Klimaschutz ist im Neubau einfach leichter umzusetzen.

Sie sprachen jetzt die Mietanpassungen an oder die finanziellen Herausforderungen, vor denen dann die Mieter stehen. Auch hier gilt, dass wir auch diese Mietanpassung, so wie auch in der Vergangenheit immer sozialverträglich umsetzen werden.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Quelle:
DR