Katholiken protestieren gegen Drangsalierungen in Nicaragua

"Die Christen geben nicht auf"

Täglich erleben Christen in Nicaragua Menschenrechtsverletzungen, Geistliche werden inhaftiert. Viele fliehen ins Nachbarland Costa Rica. Der Zusammenhalt der Katholiken ist dennoch groß, wie ein Reiseleiter berichtet.

Die katholische Kirche und die Bevölkerung in Nicaragua halten zusammen, sagt Hernandez / © Inti Ocon (dpa)
Die katholische Kirche und die Bevölkerung in Nicaragua halten zusammen, sagt Hernandez / © Inti Ocon ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie sind Reiseleiter für Pilgergruppen aus Lateinamerika sowie der Karibik, den USA und Europa und führen Touristen durch die Regenwälder in Costa Rica. Wie nehmen Sie die Situation in ihrem Nachbarland Nicaragua wahr?

Reiseleiter Edgar Hernandez / © Oliver Kelch (DR)
Reiseleiter Edgar Hernandez / © Oliver Kelch ( DR )

Edgar Hernandez (Reiseleiter für Pilgergruppen in Costa Rica): Zunächst einmal natürlich über die Nachrichten. Dort wird seit mehr als 13 Jahren über die Situation berichtet. Präsident Daniel Ortega und seine Frau wurden vom Volk an die Macht gewählt. Man stellt seit Jahren fest, dass der Sozialismus nicht funktioniert. Das wollen die Menschen seit mehreren Jahren nicht mehr und gehen auf die Straße.

Proteste in Nicaragua / © Steve Lewis (KNA)
Proteste in Nicaragua / © Steve Lewis ( KNA )

DOMRADIO.DE: 2018 wurden die Proteste der Regierung brutal niedergeschlagen. Die Zahl der Menschen, die damals bei den Unruhen starben, wird von der UNO auf 400 geschätzt. Nun gehen die Demonstrationen scheinbar in eine neue Runde.

Hernandez: Offensichtlich haben die Menschen nach Jahren gemerkt, dass die Dinge gar nicht gut laufen. Die Art und Weise, wie die Menschen behandelt werden, wie Nicaragua verwaltet wird, die Armut – sie haben vermutlich überall Probleme gesehen und wollen nicht mehr. Ich würde vermuten, die Leute kommen wieder zusammen und versuchen weiterhin, das Regime zu stürzen.

Edgar Hernandez (Reiseleiter für Pilgergruppen in Costa Rica)

"Die Menschen in Nicaragua gehen auf die Straße und zeigen der Regierung, dass die katholische Kirche und die Bevölkerung des Landes zusammenhalten."

DOMRADIO.DE: Sie sind Reiseführer für Pilgergruppen aus den lateinamerikanischen Ländern und der Karibik aber auch für Touristen. Wie hat sich die Situation für Christen vor Ort geändert?

Hernandez: In den letzten 15 bis 20 Jahren ist es immer mehr ein Problem geworden, in Nicaragua katholisch zu sein oder eine andere christliche Religion auszuüben. Aufgrund dieser Situation müssen wir tatsächlich sagen, dass viele der Priester, Nonnen, Geistlichen sowie Leute aus der Kirche in Nicaragua ins Gefängnis gehen oder auch über die Grenzen nach Costa Rica fliehen.

Aber die Menschen und Christen scheinen dennoch nicht aufzugeben, auch wenn die Situation mehr als brandgefährlich ist. Die Menschen in Nicaragua gehen auf die Straße und zeigen der Regierung, dass die katholische Kirche und die Bevölkerung des Landes zusammenhalten. Und sie sind – so würde ich es sehen – nicht gerade schwach.

Verschmiertes Wandgemälde mit Gesicht des nicaraguanischen Präsidenten Ortega / © Moises Castillo (dpa)
Verschmiertes Wandgemälde mit Gesicht des nicaraguanischen Präsidenten Ortega / © Moises Castillo ( dpa )

Wie wir leider sehen, hat die Regierung von Nicaragua nur ihren eigenen Weg damit umzugehen – und der ist Gewalt. Ich denke, dass es kein guter Zeitpunkt ist katholisch zu sein, aber auch kein Guter in Nicaragua zu leben, weil die Situation sehr schwer ist und soziale Probleme auftreten. Und diese Gemengelage ist kurz vor der Explosion.

Edgar Hernandez (Reiseleiter für Pilgergruppen in Costa Rica)

"Verschiedene christliche Gemeinden nehmen die Flüchtlinge auf, aber es leben auch sehr viele auf den Straßen, in Zelten und unter Brücken."

DOMRADIO.DE: Wie geht die Regierung von Costa Rica mit den Flüchtlingen aus Nicaragua um? Das sind ja Zehntausende und auch viele Christen.

Hernandez: Verschiedene Organisationen und verschiedene christliche Gemeinden nehmen die Flüchtlinge auf, aber es leben auch sehr viele auf den Straßen, in Zelten und unter Brücken. Auch die Lebensmittelversorgung ist nicht die beste, aber wir Costa Ricaner tun unser Möglichstes. Wir handeln nach dem Motto „Lasst es uns tun“.

Das Interview führte Oliver Kelch.

Nicaragua kappt diplomatische Beziehungen mit Vatikan

Nicaragua hat wohl die diplomatischen Beziehungen zum Heiligen Stuhl gekappt. Grund ist ein Interview des Papstes, in dem er das Regime mit ehemaligen kommunistischen Diktaturen und dem Nationalsozialismus verglichen hatte. Das berichtet die Zeitung "La Presa" aus Managua unter Berufung auf diplomatische Kreise in Rom.

Fahne Nicaraguas / © BUTENKOV ALEKSEI (shutterstock)
Quelle:
DR
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