Karfreitagsbotschaften handeln von Frieden und der Zukunft der Kirche

Ein Blick auf das Kreuz

An Karfreitag sprechen die Bischöfe der Kirchen über die Gefühle, die ein Blick auf das Kreuz auslösen. In der aktuellen politischen Lage gebe Jesus Hoffnung und lehrt uns, was die Botschaft der Liebe für die Menschheit bedeute.

Jesus Christus am Kreuz. / © Harald Oppitz (KNA)
Jesus Christus am Kreuz. / © Harald Oppitz ( KNA )

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hat am Karfreitag dazu ermutigt, angesichts beunruhigender Zeiten Orientierung im christlichen Glauben zu suchen. "Wir haben die Wahrheit nicht gepachtet, nicht angesichts politischer Einschätzungen, religiöser Überzeugungen oder weltanschaulicher Positionen", sagte der Limburger Bischof laut Redetext. "Wahrheit öffnet sich den Suchenden, den Nachdenklichen, Hörbereiten, Aufmerksamen."

Bätzing warnte zugleich vor Selbstzufriedenheit: "Wir sind gefragt. Es liegt auch an uns, ob die Gottesrede in unserer Zeit hörbar bleibt oder unter dem Druck der Säkularität verstummt; ob der Himmel offen bleibt für die Kinder nachfolgender Generationen oder ob er sich mehr und mehr schließt, weil wir ja selber vorleben, dass wir ohne ihn ohnehin genug Erfüllung finden." Er rief dazu auf, bei der Gründung der Kirche der Zukunft mitzuhelfen.

Bischof Georg Bätzing / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Georg Bätzing / © Harald Oppitz ( KNA )

Wer an Jesus Christus glaube, bezahle einen Preis, räumte Bätzing ein: "Vielen unserer Geschwister weltweit wird er abverlangt. Womöglich lockt uns gerade in der letzten Zeit der Ruf des Herrn heraus aus der Komfortzone. Wir haben eine Mission. Darf der Herr auf mich zählen?"

Der Limburger Bischof wandte sich gegen "das verführerische Missverständnis, Gottes Reich der Gerechtigkeit und des Friedens ließe sich unter den Bedingungen dieser Welt mit Macht und Gewalt, mit arglistiger Berechnung oder kühler Strategie herbeiführen". Dies werde nicht gelingen, sagte Bätzing: "Im Gegenteil: Wer im Namen des Glaubens nach Menschen greift und deren Würde und Freiheit antastet, missbraucht Gottes heiligen Willen."

Overbeck: "Kriegstauglichkeit braucht gesellschaftliche Akzeptanz"

Angesichts der aktuellen Krisen und Konflikte sieht Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck die Christen gefordert, Gewaltspiralen zu durchbrechen und für Menschenwürde, Versöhnung und Frieden einzutreten. "Für das christliche Profil einer Friedensethik ist es entscheidend, stets das Ziel der Überwindung von Gewalt zu verfolgen", sagte der katholische Militärbischof am Karfreitag beim traditionellen Kreuzweg des Bistums Essen auf der Halde Haniel in Bottrop. "Es geht darum, Wege aus dem Krieg zu finden - hin zu einem gerechten Frieden." Gewaltfreie Konfliktbewältigung, Ursachenprävention sowie das Bemühen um Abrüstung und Rüstungskontrolle müssten Vorrang haben.

Solange es die Gefahr von Gewalt und Krieg gebe, müsse aber auch das Recht auf Selbstverteidigung anerkannt werden, betonte der Essener Bischof laut Redetext. Es gelte, für die Rechte der Opfer von Angriffen einzutreten. Niemals dürfe es einen "Siegfrieden" geben, der etwa über die Köpfe der Menschen in der Ukraine hinweg ausverhandelt wird, das Recht des Stärkeren dürfe nicht die Stärke des Rechts ersetzen. Kern des christlichen Menschenbildes sei, "den zur Freiheit berufenen Menschen in seiner ganzen Verletzlichkeit zu schützen" und für den Frieden und das Heil aller einzustehen.

Bischof Franz-Josef Overbeck / © Nicolas Ottersbach (DR)
Bischof Franz-Josef Overbeck / © Nicolas Ottersbach ( DR )

Fundamentale Werte wie Selbstbestimmung, Freiheit und Menschenrechte müssten daher in einer wehrhaften Demokratie verteidigt werden, sagte Overbeck: "Die Soldatinnen und Soldaten sollen in der Lage sein, im Ernstfall unsere Freiheit zu verteidigen." Für eine solche "Kriegstauglichkeit" brauche es in Demokratien gesellschaftliche Akzeptanz.

Der Militärbischof räumte ein, dass zwischen gewaltfreiem Handeln und der Anwendung von Gewalt eine Spannung bestehe, die nicht aufgelöst werden könne. Es gehe darum, "zwischen radikalem Pazifismus und kriegsbegeistertem Militarismus zu zeigen: Wir sind Hüter aller Menschen". Grundlage der Menschenrechte sei der unantastbare Wert jedes Individuums als Ebenbild Gottes.

Kohlgraf: "Die Feindesliebe ist der Ernstfall der Liebe"

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat vor negativen Folgen durch den Besitz von Macht gewarnt. "Macht korrumpiert nicht selten den Menschen, und es ist ein Alarmsignal, wenn in der Kirche zu viel davon die Rede ist - von allen Seiten", sagte Kohlgraf laut Manuskript am Karfreitag im Mainzer Dom. Wie sehr Macht das Miteinander präge, zeige etwa der Blick auf die globale Nachrichtenlage.

Bischof Peter Kohlgraf / © Bert Bostelmann (KNA)
Bischof Peter Kohlgraf / © Bert Bostelmann ( KNA )

Kohlgraf rief dazu auf, sich auch gegenüber mutmaßlichen Feinden zugewandt zu zeigen. "Die Feindesliebe ist der Ernstfall der Liebe im Evangelium", betonte er. Für Feinde zu beten und ihnen Achtung entgegenzubringen, sei Kern der Liebesbotschaft Jesu. "Ich tue dies in einer Zeit der weltweiten Aufrüstung, des zunehmenden Waffenhandels", erklärte er. Doch Krieg und Hass führten nie zum Segen. Kohlgraf ist seit 2019 Präsident der deutschen Sektion der katholischen Friedensbewegung Pax Christi.

Ackermann: "Wird die Welt versöhnter und friedlicher sein?"

Als Appell an jeden einzelnen Menschen sieht der Trierer Bischof Stephan Ackermann die christliche Passionsgeschichte. Da derzeit auf Stärke gesetzt werde und es etwa darum gehe, sich militärisch abwehrbereit zu zeigen, sollten die Menschen skeptisch bleiben. Denn diese Abwehrhaltung stehe "massiv im Widerspruch zur Botschaft des Karfreitags", sagte Ackermann laut Manuskript am Karfreitag im Trierer Dom. Die Verantwortung für eine bessere Welt liege jedoch nicht nur bei denen, die in Gesellschaft und Politik, national wie international, Macht hätten.

Bischof Stephan Ackermann / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Stephan Ackermann / © Harald Oppitz ( KNA )

"Wenn wir alle uns nur etwas entschiedener von dieser Botschaft prägen lassen würden, sähe die Welt bald anders aus", so der Bischof. Er rief die Gläubigen dazu auf, in einer ehrlichen Haltung Karfreitag zu feiern: "Lassen Sie uns den Herrn darum bitten, dass er uns die Offenheit und den Mut gibt, uns von seiner Liebe und Hingabe berühren zu lassen."

Vielleicht habe dieser Karfreitag, der 2025 von allen christlichen Konfessionen am selben Datum gefeiert wird, Auswirkungen auf die Welt. "Wird die Welt nach der Feier des Karfreitags versöhnter und friedlicher sein? Wird die Politik sich auch nur einen Deut ändern? Wird sie überhaupt von der Feier dieser Heiligen Tage ernsthaft Notiz nehmen?", fragte Bischof Ackermann.

Kramer: "Wer Frieden will, muss Frieden vorbereiten"

Am Gründonnerstag haben die ersten Ostermarsch-Aktionen der Friedensbewegung begonnen. Bei einer Kundgebung in Erfurt erklärte der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Friedrich Kramer, wer Frieden wolle, müsse den Frieden vorbereiten. Viele Menschen in Deutschland fürchteten sich mit Blick auf die Bilder aus der Ukraine vor einem aggressiven Russland. In einer ungeregelten Aufrüstung und einer Bedrohung Russlands liege jedoch keine Lösung.

Friedrich Kramer, Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland / © Frank Drechsler (epd)
Friedrich Kramer, Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland / © Frank Drechsler ( epd )

Wenn überhaupt, müsse Europa in Verteidigungsfähigkeit investieren. Vor jedem einzelnen Schuss müssten tausend diplomatische Initiativen stehen, mahnte der Bischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.

Losinger: "Wir brauchen Kreuze in den Herrgottswinkeln"

Sollten in Schulen Kreuze hängen? Ja, meint der Augsburger Weihbischof Anton Losinger. "Gerade Kinder und junge Menschen von heute brauchen dringender denn je Antworten auf die Sinnfragen, die Leid-fragen ihres Lebens sind", sagte Losinger laut Manuskript am Karfreitag im Augsburger Dom. Sie bräuchten religiöse Zuwendung und ein Gesicht, in das sie blicken könnten "in ihren Zweifeln und auch Ängsten, die eben nicht pädagogisch und psychologisch geglättet werden können". Losinger betonte: "Dafür steht das Kreuz in unseren Klassenzimmern, dafür steht das Gesicht des liebenden, mitleidenden Christus."

Schließlich sei das Kreuz auch im Alltag notwendig, fügte Losinger hinzu. "Wir brauchen heute Kreuze in den Herrgottswinkeln unserer Familien, wir brauchen Gipfelkreuze auf unseren Bergen, wir brauchen das Kreuz auch in den Gerichtssälen, in den Amtszimmern und in der politischen Öffentlichkeit." Das Kreuz sei wichtig, damit die Menschen sich nicht über die Würde des anderen stellten. "Das Kreuz ist wichtig, damit wir immer wieder die eigene Endlichkeit und Begrenztheit realisieren gegen die Kreuzigung und Erniedrigung des Nächsten."

Fehrs: "Die Liebe ist nicht totzukriegen"

Schmerz und Trauer Raum geben - das brauche es für eine menschliche Gesellschaft, sagt die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). "Berührbar bleiben für den Schmerz, das heißt eben auch: Nicht wegschauen, sondern die Kreuze unserer Tage, all das, was in diesen komplizierten Zeiten uns Menschen zutiefst belastet, zu beklagen und vor Gott zu bringen", erklärte Bischöfin Kirsten Fehrs.

Bischöfin Kirsten Fehrs, Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), am 19. März 2024 in der Kapelle im Ökumenischen Forum HafenCity in Hamburg. / © Lars Berg (KNA)
Bischöfin Kirsten Fehrs, Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), am 19. März 2024 in der Kapelle im Ökumenischen Forum HafenCity in Hamburg. / © Lars Berg ( KNA )

Die EKD-Ratsvorsitzende verglich den Einsatz Jesu für die Menschen mit dem Einsatz der Menschen heute: "So viele setzen sich für Gottes Weltordnung ein, für die Würde und das Recht aller Menschen, und stoßen derzeit mit Weltbildern und Ideologien zusammen, die Liebe und Barmherzigkeit zum Feindbild erklärt haben." In einer Welt der Machtpolitik, die nur Sieger und Verlierer kenne, sei Jesus zwar scheinbar der Schwächere, aber gerade dadurch überlegen. "Und mit ihm alle, die weiter lieben und hoffen und vertrauen wollen."

Als stiller Feiertag stehe der Karfreitag für die Trauer über das Leid in der Welt. "Es ist wichtig, sich dem Mitgefühl und den Tränen hinzugeben. Um dann festzustellen, dass da diese widerständige Hoffnung aufleuchtet, selbst im dunkelsten Moment." Die Botschaft dieses Tages sei: "Die Liebe ist eben nicht totzukriegen. Am Ende des Schmerzes steht ein Neuanfang."

Kühnbaum-Schmidt: "Am Kreuz ist der Tod am Ende"

Die Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, ruft in ihrer Botschaft zum Karfreitag zu einem wachen Blick auf Leid und Gewalt in der Welt auf. Die Erzählung vom Tod Jesu am Kreuz zeige bedrückende Parallelen zur Gegenwart. "Das Kreuz ist stumm und macht stumm", sagte die Bischöfin laut Manuskript in Schwerin. Die Gewalt, die Jesus erleide, stehe für das Leid, das Menschen weltweit durch Hass und Brutalität erfahren - gezielt, erbarmungslos und ohne Respekt für menschliches Leben.

Zugleich betonte Kühnbaum-Schmidt die Kraft von Liebe und Mitgefühl. Das Kreuz sei kein Ort der Trennung, sondern der Beginn neuer Gemeinschaft. Hoffnung wachse gerade in der Dunkelheit: "Am Kreuz ist der Tod am Ende - Hoffnung wird möglich", so die Bischöfin. Gott bleibe inmitten menschlichen Leids gegenwärtig. Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Unsicherheiten rief Kühnbaum-Schmidt zu Hoffnung und Solidarität auf. Es gehe nicht um Besitz oder Macht, sondern um Mitgefühl, Respekt und Vertrauen. Karfreitag lade dazu ein, aus dieser Erfahrung neue Kraft zu schöpfen.

Der Artikel wird fortlaufend aktualisiert.

Quelle:
epd , KNA