DOMRADIO.DE: Mit 88 Jahren ist Papst Franziskus am Ostermontag nach langer Krankheit verstorben, ein trauriger Tag für die Katholikinnen und Katholiken in aller Welt.
Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki: Es hat mich sehr betroffen gemacht, heute Morgen zu erfahren, dass der Heilige Vater von Gott heimgerufen worden ist. Es ist natürlich für einen glaubenden Menschen eigentlich ein wunderbares Datum, wenn man das so sagen darf, an Ostern heimzugehen. Das ist unsere große Hoffnung. Das ist das große Ziel unseres Lebens. Die Osterbotschaft ist die Botschaft, für die der Papst in seinem Pontifikat immer eingestanden hat. Er war immer auf der Seite des Lebens in allen seinen Varianten, das zeichnet ihn und sein Pontifikat aus. Vielleicht ist das deshalb auch ein wunderschönes Zeichen, dass Gott ihn zu Ostern zu sich geholt hat.
DOMRADIO.DE: Jetzt haben Sie als Kardinal natürlich das Pontifikat von Franziskus sehr eng begleitet. Was bedeutet das für Sie persönlich? Das ist ja auch ein Mensch, mit dem Sie Kontakt hatten, den Sie gekannt haben.
Woelki: Der Tod verändert natürlich immer alles zunächst einmal, die Betroffenheit überwiegt gegenwärtig. Ich stehe eigentlich noch ganz unter dem Eindruck der Bilder und der Botschaft des gestrigen Ostertages, als sich dieser Papst noch einmal wirklich gewissermaßen hinausgeschleppt hat zu den Menschen, um ihnen seinen Segen zu spenden.
Ich glaube, das ist das Größte und das Wichtigste, was ein Papst tun kann, gewissermaßen am Ende seines Pontifikates noch einmal diese Welt zu segnen. Ansonsten ist natürlich ein Mensch für mich von Gott heimgerufen worden, der sich vor allen Dingen dadurch auszeichnete, dass er ein Herz für die Schwachen und für die Kleinen hatte, und zwar in allen Lebensphasen und Lebenssituationen, dass er nie müde geworden ist, die Option für die Armen ins Spiel zu bringen. Und das ist eine Stimme, die wir jetzt sehr vermissen werden.
DOMRADIO.DE: Was wird das für die Kirche, für die Christen in aller Welt bedeuten, die jetzt ihr Oberhaupt verloren haben?
Woelki: Er war ein Mann, der sich mit seiner Stimme eingebracht hat in die großen Konflikte dieser Erde, der sich eingebracht hat in die große Diskussion um die Schöpfungsverantwortung, der immer wieder darauf hingewiesen hat, dass es innerhalb der großen Menschheitsfamilie, ich sage bewusst Familie, kein Oben und Unten, sondern immer nur ein Miteinander und ein Füreinander gibt. Er hat immer betont, dass wir nicht auf Kosten anderer, vor allen Dingen auch nicht auf Kosten der Armen und der Schwachen leben dürfen. Das ist eine Stimme, die der Weltkirche verloren geht. Und weil die Kirche immer auch im Dienst an der Welt steht, auch für die Welt verloren geht.
Für die Kirche ist natürlich auch ein Mann von uns gegangen, der unermüdlich für eine Neuevangelisierung gestanden hat und eingetreten ist. Ich erinnere mich noch sehr gut an den Brief, den er uns deutschen Katholiken geschrieben hat, in dem er uns das so ans Herz gelegt hat. Der Papst sagte, er hätte diesen Brief eigenhändig geschrieben. Er hat dafür sehr viel Zeit investiert, um diesen Brief an uns zu richten. Das ist wie großes Testament und Vermächtnis, das er gerade uns hier in Deutschland hinterlassen hat.
DOMRADIO.DE: Die katholische Kirche befindet sich jetzt im Ausnahmezustand. Wie wird es weitergehen in den nächsten Tagen und Wochen für Sie hier in Köln und auch für die Kirche?
Woelki: Ich würde nicht sagen, dass sich die Kirche im Ausnahmezustand befindet. Ja, wir haben unseren Papst verloren. Es ist wichtig, dass wir jetzt für ihn beten, so wie wir das für jeden tun, der heimgegangen ist.
Wir wollen darum beten, dass er jetzt in der Vollendung Gottes lebt und dass er ihn schauen darf, ihn, den er ein Leben lang verkündet hat und für den er gegangen ist und für den er eingetreten ist. Es wird jetzt eine Gruppe von Kardinälen geben, die die laufenden Geschäfte, die jetzt den Vatikan berühren, regeln werden. Es wird eine Gruppe geben, die sich mit den Beerdigungsfeierlichkeiten beschäftigen wird. Wir werden dann den Papst zu Grabe tragen. Es wird dann eine Zeit auch der Trauer sein. Und dann wird der Kardinalsdekan die Kardinäle zur Papstwahl zusammenrufen. Die Kardinäle werden dann in dem anstehenden Konklave einen neuen Papst zu wählen haben.
Aber ich glaube, dass das Wichtigste jetzt erst einmal ist, dass Zeit und Raum gegeben ist zum Abschied, für das Gebet und Zeit und Raum auch für die Trauer über den Heimgang und sicherlich auch für die Würdigung des Lebenswerkes dieses Papstes.