Kann der Arbeitgeber für Straftaten haftbar gemacht werden, die ein Angestellter außerhalb der Arbeitszeit begangen hat? Im weltlichen Kontext ist diese Frage klar mit Nein zu beantworten. Im kirchlichen Fall ist diese Frage komplizierter, wie der Prozess um die Missbrauchsbetroffene Melanie F. im vergangenen Monat gezeigt hat.
Die Klägerin hatte vom Erzbistum Köln über 800.000 Euro verlangt, weil sie als Mädchen über Jahre von einem Priester missbraucht worden sei, der sie als Pflegevater bei sich aufgenommen hatte. Eine Amtshaftung des Erzbistums sah das Kölner Landgericht aber nicht und wies diese Klage ab, mit der Begründung: dass der Täter als Privatmann gehandelt habe, nicht als Amtsträger. Ähnlich hatte im Prozess auch das Erzbistum Köln argumentiert.
In einem Schreiben an den Präfekten des Glaubensdikasteriums, Kardinal Victor Manuel Fernández, über das der Kölner Stadt-Anzeiger am Mittwoch berichtete, wirft die Klägerin nun gemeinsam mit anderen Verfassern die Frage auf, ob die Argumentation des Erzbistums, die das Gericht in seinem Urteil bestätigt, nicht im Konflikt mit der kirchlichen Lehre stehe. Nach katholischer Überzeugung ist ein Priester immer Priester.
Kardinal Woelki reagiert
Diese Überzeugung kräftigt der Kölner Erzbischof Kardinal Woelki in einer Reaktion, die die Katholische Nachrichten-Agentur am Donnerstag zitiert. Ein katholischer Priester habe nach dem Selbstverständnis der Kirche nie einfach Feierabend: “Er ist berufen, das Wort Gottes zu verkünden, die Sakramente zu feiern, zu beten, zu segnen und zu helfen, wann immer es nötig ist. Er steht mit seinem ganzen Leben im Dienst Gottes und der Menschen.”
Weiter führte der Amtsleiter des Erzbistums, Frank Hüppelshäuser, aus: “Mit Blick auf die Urteilsfindung des Landgerichts Köln in der Amtshaftungsklage auf Schmerzensgeld der Melanie F. war die Frage des kirchlichen Weiheverständnisses überhaupt nicht entscheidend.”
Das Kölner Landgericht hatte die Klage von Melanie F. am 1. Juli abgewiesen; diese hat angekündigt, in Berufung zu gehen.