Kardinal Marx kritisiert Umgang des Vatikan mit Woelki

Es braucht transparente Verfahren

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat Kritik am Vatikan in der Krise um seinen Kölner Amtsbruder Rainer Maria Woelki geübt und mehr Transparenz angemahnt. Zudem kritisierte Marx den russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill.

Symbolbild Kardinal Marx hinter Mikrofonen von Rundfunk- und Fernsehanstalten / © Robert Kiderle (KNA)
Symbolbild Kardinal Marx hinter Mikrofonen von Rundfunk- und Fernsehanstalten / © Robert Kiderle ( KNA )

"Es braucht Verfahren - transparente und nachvollziehbare", sagte Marx der "Welt am Sonntag". Der Erzbischof von München und Freising verwies beispielhaft auf die im Frühjahr 2021 vom Vatikan angeordnete Prüfung in Form einer sogenannten Apostolischen Visitation.

"Bis heute kennt wohl niemand den Visitationsbericht. Selbst der Apostolische Nuntius in Berlin sagt mir, er kenne ihn nicht", sagte Marx. "Wissen diejenigen, die von den Visitatoren befragt wurden in Köln, was von ihren Aussagen überhaupt weitergegeben wurde? Was genau ist zwischen dem Papst und Kardinal Woelki mündlich oder schriftlich vereinbart worden? Ich weiß es nicht."

Vor allem wegen der Missbrauchsaufarbeitung ist im Erzbistum Köln eine Vertrauenskrise entstanden. Papst Franziskus hatte Woelki im Herbst vergangenen Jahres in eine mehrmonatige Auszeit geschickt und ihn später aufgefordert, seinen Rücktritt anzubieten. Über den Amtsverzicht hat der Papst noch nicht entschieden.

Kardinal Marx kritisiert russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. wandelt nach Ansicht des Münchner Kardinals Reinhard Marx auf Abwegen. Kyrill vertrete das Konzept des "Heiligen Krieges" - "das hatten wir eigentlich hinter uns", sagte Marx der "Welt am Sonntag". Die Kreuzzüge im Mittelalter seien "mit solchen Sprüchen" geführt worden.

Im Angesicht der Krise des Religiösen gebe es zwei Irrwege, führte der Kardinal aus. "Der eine ist die Sentimentalisierung der Religion, Religion als reine 'Erbauung', der andere ist die Politisierung. Ich hatte eigentlich gedacht, zumindest der zweite Weg habe sich irgendwann in der Geschichte erledigt. Aber er feiert gerade fröhlichste Auferstehung."

Religion, auch die christliche, könne zu einem "Schwungrad der Macht" werden. "Das ist die Versuchung des Großinquisitors in den 'Brüdern Karamasow'. Ihr nachzugeben, führt zur 'Perversion' des Christentums", so Marx. "Aber Kyrill ist nicht der Sprecher des gesamten Christentums."

Marx: Gott bei Krieg aus dem Spiel lassen

Auf die Frage, ob Deutschland mehr Waffen an die Ukraine liefern sollte, antwortete Marx: "Auch mit unseren Waffen werden Menschen umgebracht. Ich finde es schlecht, dass Pazifisten mittlerweile als Dummköpfe runtergemacht werden." Weiter meinte der Kardinal: "Waffenlieferungen mögen derzeit das kleinere Übel sein, dem man dann zustimmen muss - ich selbst bin kein Pazifist und sehe keinen besseren Weg, den Angegriffenen zu helfen. Das ist aber keine theologische Einsicht, sondern eine der rationalen Ethik."

Grundsätzlich solle man "den lieben Gott aus dem Spiel lassen, wenn Menschen Krieg führen", fügte der Erzbischof von München und Freising hinzu. "Vor allem, wenn man sich überlegt, dass wahrscheinlich auf beiden Seiten die meisten getauft sind."

Erzbistum München und Freising

Das Erzbistum München und Freising ist mit rund 1,45 Millionen Katholiken (Stand: Juni 2024) das größte unter den sieben bayerischen Bistümern und eine der bedeutendsten Diözesen in Deutschland. Sie erstreckt sich über eine Fläche von 12.000 Quadratkilometern vorwiegend auf Oberbayern und ging hervor aus dem Hochstift Freising, das der heilige Bonifatius 739 errichtete. Nach der Säkularisation 1821 wurde der Bischofssitz nach München verlegt und die Erhebung zum Erzbistum verfügt.

Türme des Liebfrauendoms in München / © FooTToo (shutterstock)
Türme des Liebfrauendoms in München / © FooTToo ( shutterstock )
Quelle:
KNA