Kardinal Lehmann ruft zu Solidarität mit den sozial Schwachen auf und ist dankbar über das Zusammenwachsen Europas

Sozialappell und Dankbarkeit

Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann hat zum Jahreswechsel zur Solidarität mit den sozial Schwachen in der Gesellschaft aufgerufen. "Die Rede von einer Zweidrittelgesellschaft ist nicht nur ein Gespenst", sagte er in seiner Silvesterpredigt im Mainzer Dom.
Arm und Reich in der Bundesrepublik klafften oft weit auseinander. Die Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in die EU zum 1. Januar begrüßte Lehmann in dem Gottesdienst.

 (DR)

Notwendig sei soziale Gerechtigkeit, auch wenn einige "Entgleisungen" des Sozialstaates korrigiert werden müssten, fügte Lehmann hinzu. In der Unternehmenskultur würden mitunter einseitig nur der Markt und der Profit als Maßstäbe gesehen und der notwendige Ausgleich, der zur sozialen Marktwirtschaft gehöre, hintangestellt.

"Wir dürfen uns nicht mit der hohen Arbeitslosigkeit und vor allem der Langzeitarbeitslosigkeit abfinden", betonte Lehmann. Gerade wenn es wirtschaftlich besser gehe, müssten hier vermehrte Anstrengungen unternommen werden. Die Kirche werde mit Blick auf die sozial Schwachen besonders wachsam bleiben, denn dies sei ihr, gegründet auf das Evangelium, durch ihre Soziallehre aufgegeben.

Lehmann vertrat weiter die Ansicht, dass in den vergangenen zwei Jahren ein neues Interesse an echten religiösen Fragen festzustellen sei. So gebe es beträchtlich weniger Austritte aus der Kirche, eine größere Zahl von Wiedereintritten und auch von neuen Christen. Dies zeige, "dass wir in der Kirche wirklich immer wieder an die Hecken und Zäune gehen müssen, um das Evangelium Jesu Christi zu verkünden".

Dankbar über Zusammenwachsen Europas
Die Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in die EU zum 1. Januar ist von Kardinal Karl Lehmann begrüßt worden. "Wir sind dankbar für dieses Zusammenwachsen in einem Kontinent, der sich jahrhundertelang zerfleischt und nun schon über 60 Jahre im Ganzen friedlich zusammen leben darf", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Sonntag im Mainzer Dom.

Lehmann wies in seiner Silvesterpredigt auf die deutsche EU-Ratspräsidentschaft und das 50-jährige Jubiläum der "Römischen Verträge" hin. Dies sei eine Gelegenheit, mehr Begeisterung für die Idee eines geeinten Europas zu wecken. Diese Begeisterung habe man ziemlich verloren und es gebe Enttäuschung über das ökonomische und vor allem bürokratische Übergewicht. Nun gelte es, die kulturelle Gemeinschaft in ihren "Werte"-Grundlagen zu erneuern. Dies schließe eine Diskussion über eine europäische Verfassung ein: "Wir werden von kirchlicher Seite alles tun, um auch in einer Präambel die religiösen und christlichen Grundlagen Europas wieder neu ins Gespräch und zur Geltung zu bringen."