Kardinal Hollerich sieht Christentum in Europa schrumpfen

"Wenig Platz in Europas Identität"

Der Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich hält es für möglich, dass das Christentum in Europa mittelfristig nahezu verschwindet. In seinem Buch "Was auf dem Spiel steht" bezeichnet er den Schrumpfungsprozess als erschreckend.

Jean-Claude Kardinal Hollerich / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Jean-Claude Kardinal Hollerich / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )

Auch nehme Religion heute nur wenig Platz in Europas Identität ein. "Viele katholische Vertreter glauben immer noch, Europa sei christlich. Das ist ein großer Fehler", so der Erzbischof.

Hollerich spricht sich für Dialog aus. Es sei wichtig, nicht nur mit denen zu sprechen, die die eigene Meinung teilen. "Wir müssen schlicht dorthin gehen, wo die Leute sind. Das ist seit 2.000 Jahren immer das Gleiche. Doch im Moment sitzen wir in der Kirche und warten, dass die Leute kommen. Wenn sie nicht kommen, schimpfen wir auf sie. Das ist bequem - und falsch." Das Christentum habe Europa viel zu bieten, so der Kardinal: "Erneuerung und Freude, denn Europa ist nicht fröhlich. Europa fehlt es an wahrer Freude, an wahrem Glück. Die Menschen sind nicht glücklich."

Buch über Leben, Glauben und Kirche

In dem Buch spricht Hollerich mit dem Journalisten Volker Resing und dem Theologen Alberto Ambrosio über Leben, Glauben und Kirche. Im Vorwort heißt es, Hollerich werde für die "Zukunft der Kirche" eine wichtige Rolle spielen; ihm komme bei der Weltsynode die "möglicherweise entscheidende Schlüsselrolle" zu. Papst Franziskus ernannte den Kardinal bei der für 2023 geplanten weltweiten Bischofssynode in Rom zum Generalrelator, also Koordinator und Berichterstatter.

Hollerich spricht in fünf Kapiteln über Erlebnisse, Brüche und Wendungen seines Lebens. Er geht auf seine katholische Prägung in der "luxemburgischen Provinz" ein, seine Entscheidung für die Jesuiten und wie die Zeit in Japan ihn veränderte. Inhaltliche Schwerpunkte sind Europa, Migration, Jugendarbeit und die Zukunft des Christentums. Das Buch versteht sich als Reise "zu ganz unterschiedlichen Wirklichkeiten und Lebensweisen des Katholischen in dieser Welt". 

Jean-Claude Hollerich

Kardinal Jean-Claude Hollerich ist seit 2011 Erzbischof im traditionell katholisch geprägten Luxemburg. Am 9. August 1958 im luxemburgischen Differdingen geboren, studierte er Ende der 70er Jahre in Rom Theologie. 1981 trat er in den Jesuitenorden ein und verbrachte in den 80er und 2000er Jahren jeweils mehrere Jahre in Tokio.


Jean-Claude Hollerich, Erzbischof von Luxemburg, / ©  Sven Becker (KNA)
Jean-Claude Hollerich, Erzbischof von Luxemburg, / © Sven Becker ( KNA )
Quelle:
KNA
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