Kabinett trifft sich vor "Herbst der Reformen" und Tag der Einheit

"Der Druck ist riesengroß"

Abgeordnete und Bundesregierung haben eine anstrengende Woche hinter sich und keine Zeit zum Verschnaufen. Der Bundeskanzler und seine Minister treffen sich zu einer Kabinettsklausur. Viele Reformthemen müssen auf den Tisch.

Autor/in:
Carsten Döpp
Kabinett der Bundesregierung (Archiv) / © Britta Pedersen (dpa)
Kabinett der Bundesregierung (Archiv) / © Britta Pedersen ( dpa )

DOMRADIO.DE: Zwei Wochen hintereinander hat der Bundestag über gleich zwei Bundeshaushalte debattiert, am Donnerstag wurde dann auch noch gewählt und es fand die verschobene Wahl der drei Richter für das Bundesverfassungsgericht statt. Können Abgeordnete und die Bundesregierung nun durchatmen?

Birgit Wilke, Co-Büroleiterin Hauptstadt / Ostdeutschland der Katholische Nachrichten-Agentur (privat)
Birgit Wilke, Co-Büroleiterin Hauptstadt / Ostdeutschland der Katholische Nachrichten-Agentur / ( privat )

Birgit Wilke (Leiterin des Hauptstadtbüros der Katholischen Nachrichten-Agentur / KNA): Zum Durchatmen musste das Wochenende reichen. Viele werden wegen der Terminen im Wahlkreis nicht mal Zeit dafür gehabt haben und diese Woche geht es gleich weiter: Der Bundeskanzler und seine Minister treffen sich zu einer Kabinettsklausur. Viele erinnern sich an das Schloss Meseberg in Brandenburg, das Gästehaus der Bundesregierung. Dorthin luden Kanzlerin Merkel und ihr Nachfolger Scholz ein. Merz bleibt mit seinem Kabinett in Berlin. Er trifft sich in der Villa Borsig in Berlin-Tegel, auch schön gelegen am Tegeler See. Dort ist heute das Gästehaus des Auswärtigen Amtes untergebracht.

DOMRADIO.DE: Um welche Themen wird es dort gehen?

Wilke: Zum einen sicher um außenpolitische Themen: Bedrohung durch Russland, Lage im Nahen Osten, zum anderen geplante innenpolitische Reformen sicher auch geplante Reformen hierzulande. Bundeskanzler Merz hat den Herbst der Reformen ausgerufen. Da muss geliefert werden: die Reform des Sozialstaats muss an erster Stelle genannt werden. Da haben sich der Bundeskanzler und Sozialministerin Bas schon einen Battle geliefert, als Merz davon sprach, dass der Sozialstaat in dieser Form nicht mehr finanzierbar sei, und Bas das "Bullshit" nannte. 

Die Villa Borsig in Berlin / © Michael Kappeler (dpa)
Die Villa Borsig in Berlin / © Michael Kappeler ( dpa )

DOMRADIO.DE: Ein Stichwort wird dabei sicher das Bürgergeld sein.

Wilke: Davon ist auszugehen und im Prinzip haben sich Union und SPD darauf in ihrem Koalitionsvertrag verständigt. Die Ausgaben für diese Hilfsleistung sind massiv gestiegen, nicht zuletzt auch deshalb, weil man sich nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine darauf verständigte, dass ukrainische Flüchtlinge dies sofort erhalten sollen. Schon der Name Bürgersicherung ist vor allem der Union ein Dorn im Auge. Lieber heute als morgen möchte sie diesen Begriff durch Grundsicherung ersetzen. Inhaltliches Credo ist: Wir müssen mehr fordern. Wenn Menschen, die diese Leistungen erhalten, nicht kooperieren, sollen sie härter sanktioniert werden. Der Druck eine Arbeit anzunehmen, die möglicherweise schlecht bezahlt wird, soll erhöht werden.

DOMRADIO.DE: Werden Union und SPD da Kompromisse finden?

Wilke: Sie müssen, der Druck ist riesengroß. Ministerin Bas hat zuletzt in ihrer Rede am Freitag im Bundestag gesagt, dass man sich bei den Zielen einig sei. Sie hat ein großes Anliegen: Sie will verhindern, dass kriminelle Clans unrechtmäßig Bürgergeld beziehen. Das hat sie sich besonders für ihre Heimatregion – sie kommt ja aus dem Ruhrpott – auf die Fahnen geschrieben. Einen Gesetzentwurf für eine solche Sozialstaatsreform will sie in den nächsten Wochen vorstellen. 

Übrigens hat sich auch der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Bätzing in der vergangenen Woche bei der Vollversammlung zu einer solchen Reform geäußert und betont, es sei mittlerweile ein Punkt erreicht, an dem sorgsam geprüft werden muss, wie eine sozial gerechte Reform gelingen kann, die zugleich eine nachhaltige Finanzierung sichert. 

DOMRADIO.DE: Kirche und Politik kommen am 3. Oktober zusammen, um 35 Jahre Wiedervereinigung zu feiern. Was ist dort geplant?

Wilke: Die Feier ist diesmal in Saarbrücken im Saarland. Geplant ist ein ökumenischer Gottesdienst und dann natürlich ein großes Bürgerfest mit Konzert, Workshops und anderen Veranstaltungen. Dabei sind auch Bundeskanzler und Bundespräsident. Kanzler Merz wird dann sogar am selben Tag noch nach Halle an der Saale reisen, um auch in Ostdeutschland ein Zeichen zu setzen.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Quelle:
DR

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