Kabinett beschließt Atomausstieg

Durchgewunken

Die Bundesregierung hat den Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022 und den beschleunigten Umstieg in die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien beschlossen. Die Grünen halten ihre Zustimmung zum geplanten Atomausstieg offen. Sie fordern Bewegung in der Endlagerfrage.

 (DR)

Die Billigung hänge davon ab, ob mit dem Gesetzespaket eine "ergebnisoffene, vergleichende" Suche nach einem Endlager für Atommüll gewährleistet werde, sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast am Montag im Südwestrundfunk. Außerdem dürfe es beim Ausbau erneuerbarer Energien "keine Deckelung" geben.



Die Grünen wüssten aber, dass es auch Kompromisse geben und sich "beide Seiten einen Schritt bewegen" müssten. Wichtig sei, dass die Novelle keine "Tricks" enthalte. Die Erfahrung der vergangenen Jahre lehre zudem, dass die Bundesregierung offenbar nicht ein einziges Gesetz vorlegen könne, "das nicht massive handwerkliche Fehler" enthalte. Am Wochenende hatte Künast erklärt, die Pläne der Regierung gingen "in die richtige Richtung". Der Atomausstieg befinde sich "jetzt auf einem guten Weg".



Gesetzentwürfe und Rahmenvereinbarungen

Das Kabinett brachte in einer Sondersitzung am Montag in Berlin Gesetzentwürfe und Rahmenvereinbarungen auf den Weg. Danach werden acht alte Atomkraftwerke sofort stillgelegt, für die übrigen neun gibt es einen Stufenplan mit einem Stilllegungstermin für jeden einzelnen Meiler. Die letzten Drei sollen 2022 vom Netz gehen. Dafür wird das Atomgesetz neu gefasst. Die sieben ältesten Atomkraftwerke und der Pannen-Reaktor Krümmel waren bereits zu Beginn des dreimonatigen Atom-Moratoriums vom Netz genommen worden und sollen nicht wieder in Betrieb gehen.



Mit weiteren Gesetzesnovellen werden die Folgen des Ausstiegs und ein beschleunigter Umstieg auf erneuerbare Energien geregelt. So muss der Bund Einnahmeausfälle im Klima- und Energiefonds ausgleichen, in den die Energieerzeuger einen Teil ihrer zusätzlichen Gewinne aus der nun rückgängig gemachten Laufzeitverlängerung einzahlen sollten. Beschlossen wurden auch eine stärkere steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung sowie ein beschleunigter Ausbau der Stromnetze.



Außerdem wird die Subvention der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien neu geregelt. Es soll weniger Geld fließen für Stromerzeugung aus Biomasse und mehr für die Windkraftanlagen im Meer. Weitere Eckpunkt-Beschlüsse zielen auf Verordnungen zur Energieeinsparung, der Förderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen sowie die Berücksichtigung der Energieeffizienz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge.



Umstritten innerhalb der CDU

Der Bundestag soll die Gesetze noch vor der Sommerpause verabschieden. Die Ministerpräsidenten der Bundesländer hatten den Vorhaben am vergangenen Freitag grundsätzlich zugestimmt. Die schwarz-gelbe Koalition ist nicht auf die Zustimmung des Bundesrats angewiesen, will aber im Einvernehmen mit den Ländern vorgehen.



Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima ein Moratorium für die Atomkraft verkündet mit dem Ziel, die im vorigen Herbst von Union und FDP beschlossene Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre zurückzunehmen und einen beschleunigten Ausstieg einzuleiten.



Die Bundestagsfraktionen wollten am Montagnachmittag in Sondersitzungen über die Energiewende beraten. Bundeskanzlerin Angela Merkel war auf Forderungen der Opposition bereits eingegangen und hatte um einen breiten Konsens geworben. In den eigenen Reihen trifft die CDU-Chefin allerdings auf einige Kritik.



Umweltverbände kritisieren

Umweltverbände sind unzufrieden mit dem Kabinettsbeschluss zur Energiewende. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bezeichnete die Entscheidung zum Atomausstieg am Montag als halbherzig. Der Ausstieg dauere viel zu lange, kritisierte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.



Er werde zudem der Neubewertung des atomaren Risikos nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima nicht gerecht. Wenn der Großteil der deutschen Atomkraftwerke erst um das Jahr 2020 vom Netz gehen, müsse die Bevölkerung viele weitere Jahre mit der Gefahr schwerer atomarer Störfälle leben. Enttäuscht zeigte sich Weiger auch mit den Beschlüssen zu den erneuerbaren Energien. Deren Anteil soll nur soweit erhöht werden, wie dies vor dem Atomausstieg geplant gewesen sei.



Auch der Naturschutzbund (NABU) bemängelte, das Abschalten von AKW sei noch keine Energiewende. "Der Kraftakt des Atomausstiegs ist endlich gelungen, nun muss die Regierung aber auch mit der Energiewende Ernst machen", kommentierte NABU-Präsident Olaf Tschimpke das Gesetzespaket. Die angekündigte Hinwendung weg von Atom und Kohle hin zu Energiesparen und erneuerbaren Energien sei im Gesetzespaket noch nicht zu erkennen.