Juden und Christen fordern Ende der Gewalt in Nahost

"Dauerhafte Lösungen suchen"

Die Oberhäupter der christlichen Kirchen in Jerusalem haben ein Ende der Kämpfe zwischen Palästinensern und Israelis gefordert. Auch christliche und jüdische Verbände in Deutschland und weltweit brachten ihre Forderungen vor.

Nahost-Konflikt / © Ilia Yefimovich (dpa)
Nahost-Konflikt / © Ilia Yefimovich ( dpa )

"Wir hoffen und beten inständig, dass alle beteiligten Parteien diesen Aufruf zur sofortigen Beendigung der Gewalt
beherzigen werden", heißt es in einer Erklärung, die der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) am Montag in Genf verbreitete.

"Wir bitten die politischen Führer und Behörden inständig, in einen aufrichtigen Dialog einzutreten und nach dauerhaften Lösungen zu suchen, die Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung für die Menschen in diesem Land fördern, die schon viel zu lange die Last des Konflikts ertragen müssen." Die blutige Auseinandersetzung sei auf den anhaltenden politischen Konflikt und das beklagenswerte Fehlen von Gerechtigkeit und Achtung der Menschenrechte zurückzuführen.

In der Erklärung werden alle Handlungen verurteilt, die sich gegen Zivilisten richten, ungeachtet ihrer Nationalität, ethnischen Zugehörigkeit oder ihres Glaubens. Die Patriarchen und Oberhäupter der Kirchen in Jerusalem, hätten immer wieder dazu aufgerufen, den historischen und rechtlichen Status Quo der heiligen Stätten zu respektieren. Die Erklärung erschien bereits am Samstag auf der Internetseite des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem.

Jüdische Verbände fordern Freilassung der Geiseln

Der Zentralrat der Juden in Deutschland und weitere Verbände der sieben größten jüdischen Diasporagemeinden in der Welt forderten die sofortige Freilassung aller Geiseln der palästinsischen Hamas. Die Staatengemeinschaft solle sich zum Beispiel über die Vereinten Nationen unverzüglich dafür einsetzen, dass die israelische Geiseln sicher zu ihren Familien zurückgebracht würden, so die Verbände in einer am Sonntagabend veröffentlichten Erklärung der J 7.

Der Zusammenschluss J7 wurde als Reaktion auf eine zunehmende Verbreitung von Antisemitismus auf der ganzen Welt gegründet. Er umfasst große jüdische Organisationen in den USA, Kanada, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Argentinien und Australien.

Zentralrat der Juden macht Vorwürfe und fordert Konsequenzen

Der Zentralrat der Juden in Deutschland forderte zudem eine Bestrafung der Terrororganisation und ihrer Unterstützer. "Alle Vereine, die mit der Hamas oder Fatah verbunden sind oder sich mit ihnen solidarisieren, müssen überprüft und, wenn nötig, verboten werden", erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster am Montag. Auch die finanzielle Unterstützung für die Palästinenser über Entwicklungshilfe müsse sofort eingestellt werden.

Josef Schuster / © Paul Zinken (dpa)
Josef Schuster / © Paul Zinken ( dpa )

Den muslimischen Verbänden in Deutschland warf der Zentralrat vor, sich nicht klar positioniert zum Angriff zu haben. "Die Gefährdung für jüdische Einrichtungen auch hier in Deutschland zeigt, dass es den Terroristen nicht allein um Israel geht, sondern dass jüdisches Leben überall von ihnen in Frage gestellt wird", heißt es weiter.

Konsequenzen forderte der Zentralrat zudem gegenüber dem Iran. Das Land steht im Verdacht, die palästinensische Terrororganisation finanziell und logistisch zu unterstützen. "Das Mullah-Regime muss konsequent politisch bekämpft werden", mahnte Schuster. Dafür sollten die im internationalen Atomabkommen mit dem Iran aufgeführten Sanktionen umgesetzt werden. "Der Iran gefährdet nicht nur Israel und Juden, sondern die gesamte freie Welt", betonte der Zentralratspräsident.

Katholikenkomitee fordert Unterstützung für Palästinenser gegen Hamas

Das Zentralkomitee deutscher Katholiken (ZdK) rief zur Hilfe auch für die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen auf. "Die zwei Millionen Menschen, die hier unter schwierigsten Bedingungen leben, brauchen eine Perspektive der Hoffnung", erklärte die ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp am Montag in Berlin. "Dazu gehören freie Wahlen, um sich vom Joch der Hamas zu befreien, und eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Lebensrealität."

Irme Stetter-Karp / © Dieter Mayr (KNA)
Irme Stetter-Karp / © Dieter Mayr ( KNA )

Eine Ausweitung der Gewalt müsse nun unbedingt verhindert werden, betonte Stetter-Karp. "Sie trifft unschuldige Menschen auf allen Seiten." Sie hoffe in der aktuellen Situation auch auf eine Friedensmission von Papst Franziskus. "Einen Brückenbauer braucht es gerade jetzt, mitten im Krieg, mitten in diesem brutalen Konflikt."

Sie bedauere es, so Stetter-Karp weiter, dass durch den Angriff der Hamas die Proteste in Israel gegen die Justizreform sowie gegen die Siedlungspolitik in den Hintergrund gedrängt "wenn nicht erstickt" werde. "Es ist fatal, dass der Angriff der Hamas Menschenleben, aber auch Hoffnungen und Visionen zerstört."

Gleichzeitig versicherte die ZdK-Präsidentin den in Deutschland lebenden Juden sowie dem Staat Israel ihre Solidarität. Die spontanen pro-israelischen Demonstrationen am Wochenende seien dafür ein wichtiges Signal gewesen. "Schrecklicherweise gab es aber auch Demonstrationen des Hohns und der Verachtung Israels. Das beunruhigt mich tief."

Israelisches Sicherheitskabinett erklärt offiziell Kriegszustand

Israel befindet sich jetzt offiziell im Krieg. Das Sicherheitskabinett der israelischen Regierung hat Samstagnacht den Kriegszustand und die damit verbundene Einleitung militärischer Maßnahmen gebilligt, wie das israelische Regierungspressebüro am Sonntagnachmittag mitteilte.

Es beruft sich dabei auf Artikel 40 des israelischen Grundgesetzes. Dieses legt fest, dass der Beginn eines Kriegs oder entsprechender militärischer Operationen nur aufgrund eines Regierungsbeschlusses erfolgen dürfen.

Ein Gesamtbild der Zerstörung nach dem tödlichen Angriff auf eine Polizeistation in der Stadt Sderot am zweiten Tag des andauernden Konflikts zwischen Israel und der militanten palästinensischen Gruppe Hamas / © Ilia Yefimovich (dpa)
Ein Gesamtbild der Zerstörung nach dem tödlichen Angriff auf eine Polizeistation in der Stadt Sderot am zweiten Tag des andauernden Konflikts zwischen Israel und der militanten palästinensischen Gruppe Hamas / © Ilia Yefimovich ( dpa )
Quelle:
epd , KNA