Journalisten fordern öffentliche Kirchenrechtsprechungen

Keine "Geheimjustiz" mehr

Nach der Veröffentlichung einer Missbrauchsstudie für das Bistum Münster fordern katholische Journalisten mehr Transparenz in der kirchlichen Rechtsprechung. Die kirchliche Gerichtsbarkeit dürfe keine "Geheimjustiz" sein.

 Studie zu Macht und sexuellem Missbrauch in Münster
 / © Lars Berg (KNA)
Studie zu Macht und sexuellem Missbrauch in Münster / © Lars Berg ( KNA )

Das erklärte der Vorsitzende der Gesellschaft Katholischer Publizisten (GKP), Joachim Frank, am Montag in Kürten. Es brauche öffentliche mündliche Verhandlungen und Urteilsverkündungen, die Veröffentlichung von Urteilen sowie Informations- und Auskunftsrechte für die Medien.

Breites Maßnahmenpaket angekündigt

Nach der Vorstellung einer Aufarbeitungsstudie hatte der Münsteraner Bischof Felix Genn ein breites Maßnahmenpaket zur Verhinderung von Missbrauch und gegen Machtmissbrauch angekündigt. Unter anderem lässt er prüfen, ob sein Bistum vorübergehend ein kirchliches Verwaltungsgericht einführt, bis es hierzu Festlegungen aus Rom und auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz gibt.

Solche Gerichte könnten gerade bei Missbrauchsfällen kirchliche Verwaltungsakte durchschaubarer, transparenter und rechtlich überprüfbar machen, sagte der Bischof.

Lob von der GKP

Die GKP begrüßte diese Ankündigung. Seit Jahren liege eine von der Deutschen Bischofskonferenz beschlossene Gerichtsordnung im Vatikan zur Prüfung, ohne dass Reaktionen aus Rom bekannt seien. Während die Bischofskonferenz Gerichte nur mit Genehmigung des Vatikan einrichten dürfe, könne jeder Diözesanbischof für sein Bistum selbst tätig werden - nicht nur Bischof Genn, so der Journalistenverband.

Joachim Frank / © KStA/Rakoczy
Joachim Frank / © KStA/Rakoczy

Die GKP forderte zudem ein allgemeines Öffentlichkeitsprinzip in allen kirchlichen Verfahren. Bislang sei Berichterstattung über kirchliche Prozesse bis auf wenige Ausnahmen kaum möglich.

Frank erklärte: "Die Kirche darf in ihrem eigenen Rechtssystem nicht hinter Selbstverständlichkeiten des Rechtsstaats zurückbleiben, wenn sie Vertrauen zurückgewinnen will."

Forschende der Universität Münster hatten vergangene Woche eine Aufarbeitungsstudie zu sexuellem Missbrauch durch Geistliche im Bistum Münster vorgelegt. Die Untersuchung zählt 196 Beschuldigte zwischen 1945 und 2020 sowie 610 Betroffene.

Studie: Flächendeckender Missbrauch im Bistum Münster

Die Zahl der beschuldigten Priester und Missbrauchsopfer im Bistum Münster ist nach einer Studie der Universität Münster deutlich höher als bekannt. Laut der über zwei Jahre dauernden Forschungsarbeit eines fünfköpfigen Teams gab es von 1945 bis 2020 fast 200 Kleriker und bekannte 610 minderjährige Opfer von sexuellem Missbrauch. Damit sind 4,17 Prozent der Priester betroffen. Die Dunkelziffer ist erheblich höher. Die Forscher gehen von 5000 bis 6000 Opfern aus.

 Studie zu Macht und sexuellem Missbrauch in Münster
 / © Lars Berg (KNA)
Studie zu Macht und sexuellem Missbrauch in Münster / © Lars Berg ( KNA )
Quelle:
KNA