Post aus Fulda, Teil 3

Jedem Abschied wohnt ein Zauber inne

Kardinäle, Erzbischöfe, Bischöfe und Weihbischöfe sind in Fulda versammelt, um wichtige Themen zu besprechen und gemeinsam Gottesdienste zu feiern. domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen ist auch vor Ort und blickt täglich hinter die Kulissen.

Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige (DR)
Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige ( DR )

Draußen vor dem Dom in der altehrwürdigen Bischofsstadt haben sich die Blätter der alten Kastanien rund um den Vorplatz schon herrlich bunt verfärbt. Es wird Herbst, Gold und Rottöne dominieren. Am frühen Morgen im weiß-gold hell erleuchteten Kirchenrund ist aus Anlass des Gedenkens an die Heiligen Zwillingsbrüder Kosmas und Damian auch die liturgische Farbe Rot als Hinweis auf das Blutzeugnis angesagt. Immerhin gedenkt man der Märtyrer, die in der Zeit der frühen Christenverfolgung ihr Glaubenszeugnis mit dem Leben bezahlten. Die Bischöfe, die ihre Herbstvollversammlung auch heute Morgen mit einer feierlichen Heiligen Messe beginnen, müssen bei Ihren Beratungen Weichenvorstellungen vornehmen, wie das christliche Glaubenszeugnis in der heutigen Zeit glaubwürdig verkündet werden kann. Schwierige Fragen, auch wenn man hierzulande als Christ Gott sei Dank wahrlich keine Sorgen um sein Leben haben muss.

Hauptzelebrant Joachim Kardinal Meisner gibt in seiner Predigt die Richtung vor. Christen müssten immer erst in sich selber Gott suchen – ihn danach aber auch ihren Mitmenschen verkünden. Ein sichtbares Glaubenszeugnis abgeben. Wenn Priester heutzutage in der Öffentlichkeit gar nicht mehr als Männer des Glaubens zu erkennen seien, fehle dieses Zeugnis. Auch die am Bahnhof erkennbare Ordensfrau, der die Mutter in früheren Zeiten bedenkenlos einfach spontan einen Kinderwagen hätte anvertrauen können, wenn sie selber sich noch schnell eine Fahrkarte habe besorgen müssen, sei heute kaum noch zu finden. Der Kölner Erzbischof nimmt aber auch sich selbst und seine Mitbrüder im bischöflichen Amt nicht aus. Die Träger einer Mitra würden nicht immer automatisch in der Treue ihres Lehramtes bleiben. An der Stelle, wo Meisner offen die mangelnde Solidarität und Einigkeit unter den Bischöfen anspricht, wird es mucksmäuschenstill, und das mag nicht nur an den aktuellen Diskussionen um den Bischof von Limburg liegen.

Als der große alte Kölner Kardinal dann noch einmal auf der Kathedra, dem Bischofsstuhl, der für den Nachfolger des Heiligen Bonifatius reserviert ist, Platz nimmt, wird es für einen weiteren Augenblick ganz still. Jeder spürt in dieser Stille den Moment der Geschichte. Für den dienstältesten deutschen Kardinal im Amt wird es vermutlich das letzte Mal sein, dass er bei der Konferenz in Fulda dabei ist, wenn denn der Papst Meisners Rücktrittsgesuch annimmt. Wenn man bedenkt, wie viele schwierige Weichenstellungen und Fragen in all den Dienstjahren des Kardinals hier in Fulda auf den Tisch kamen, weiß man, dass die Freuden der Pflicht oft auch zur Last werden können. Zum Beispiel gestern: Mehrere Stunden lang haben die Bischöfe über ihren Weltbild-Konzern diskutiert. Die bischöflichen Köpfe haben geraucht – und am Ende wurde den wartenden Journalisten nur berichtet, man sei sich der Verantwortung für das kircheneigene Unternehmen bewusst. Auch der Verantwortung für die vielen Mitarbeiter. Da Stillschweigen vereinbart worden sein, könne man leider auch keine weiteren Informationen bekannt geben. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Weltbildgruppe, der Münchner Generalvikar Prälat Dr. Peter Beer tut einem fast leid, spätestens da, wo er wegen Tonproblemen der ARD seine auswendig gelernten zwei Sätze mit der Nullaussauge auch noch einmal vor den mehr als 20 Journalisten wiederholen muss.

Aber es gibt auch hoffnungsvolle Signale, die durch die verschlossenen Konferenztüren nach draußen dringen. Nahezu alle Bischöfe berichten, dass der neue Papst bei den verschieden Argumenten in Sitzungssaal immer wieder in aller Munde sei. Ob Kardinal oder Weihbischof, der neue Mann in Rom scheint alle  zu bewegen und zu beflügeln. Ein Weihbischof scherzt: „Unser alter Papst in Rom legt ein Tempo vor, da bleibt uns ja fast die Luft weg!“ Ein anderer Weihbischof verrät uns, dass auch er selber von den Impulsen des Heiligen Vaters profitiere. Demnächst wolle er gar einen kleineren Dienstwagen ordern. Dem einen mag in Fulda bei der großen Versammlung der Bischöfe das Tempo zu schnell sein, dem anderen vielleicht zu langsam. Wer aber hier am traditionsreichen Ort selber vor Ort dabei ist, der spürt, dass  hier tief in Osthessen die Zeit alles andere als still steht. Die Kastanienblätter mögen rot-gold dahinwelken, wer genau hinschaut, erkennt nicht nur im dahinterliegenden Schlosspark schon ganz zaghafte erste Triebe, die neu beginnendes Leben ankündigen …


Joachim Kardinal Meisner (DR)
Joachim Kardinal Meisner / ( DR )

Fulda: Frischluft für die Bischöfe (DR)
Fulda: Frischluft für die Bischöfe / ( DR )
Quelle:
DR