Post aus Fulda, Teil 1

Die schwierige Freude am Glauben

Kardinäle, Erzbischöfe, Bischöfe und Weihbischöfe sind in Fulda versammelt, um wichtige Themen zu besprechen und gemeinsam Gottesdienste zu feiern. domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen ist auch vor Ort und blickt täglich hinter die Kulissen.

Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige (DR)
Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige ( DR )

Wer am späten Abend an der Fulda entlang joggt, der weiß genau, wo der Hase hier lang läuft. In der altehrwürdigen Bischofsstadt sind die Wege aber nicht nur den alten Hasen bekannt. Der große Einzug am frühen Morgen im hell erleuchteten Dom orientiert sich auch an den alt vertrauten Laufwegen. Eben noch haben einige der Bischöfe in der Sakristei ein wenig gescherzt und sich lachend gegenseitig ihre liturgischen violetten und weißen Gewänder in die richtige Form gebracht. Jetzt ziehen sie feierlich zum Gottesloblied 642 „Eine große Stadt ersteht“ in das Gotteshaus des Heiligen Bonifatius ein. Die große barocke Kirche ist gut gefüllt, auch wenn man nicht behaupten kann, dass alle Bänke bis auf den letzten Platz gefüllt sind. Aber die jungen Mädchen der katholischen Marienschule haben eigens die ersten Stunden schulfrei zum Besuch des Gottesdienstes erhalten und füllen das weite Kirchenrund gut. Sie strahlen jugendliche Frische aus. Vor der Messe haben sie davon erzählt, dass der ausfallende Unterricht ganz erfreulich wäre, dass sie aber heute extra eine ganze Stunde früher aus den Federn gemusst hätten …

Früher aufgestanden sind auch die Sängerinnen und Sänger des Jugend-Kathedral-Chors Fulda. Unter der Leitung ihres sympathischen Dirigenten Franz-Peter Huber sorgen sie nicht nur für musikalischen Genuss, sondern bringen auch ein wenig Schwung und Leben mit. Schon beim Einsingen hat Huber der versammelten Gemeinde – neben den Jugendlichen sind noch einige, meist ältere Kirchgänger anwesend – ermutigt, doch ein wenig lauter und kräftiger mitzusingen, damit der Refrain „Du bist das Leben Gott“ etwas mehr Lebendigkeit ausstrahlt. Als der Vorsitzende der Bischofskonferenz Erzbischof Robert Zollitsch von der Freude bei der Weitergabe des Glaubens predigt, bräuchte es ebenfalls einen, der zumindest einige Bischöfe ermutigt, doch ein wenig mehr Lebensfreude auszustrahlen. Um es ganz vorsichtig und zurückhaltend auszudrücken: Die Freude am Glauben steht ihnen nicht unbedingt ins Gesicht geschrieben, auch wenn sich der Freiburger Erzbischof am Ambo redlich bemüht, genau diese Freude in seiner Predigt rüber zu bringen: „Viele Christen in unserem Land – und auch darüber hinaus – sind dankbar und froh für unseren Glauben, der ihr Leben trägt und ihnen eine Perspektive über den Tag hinaus gibt!“

Um diese Perspektive über den heutigen Tag hinaus geht es natürlich auch bei den anstehenden dreitägigen Beratungen der 67 Bischöfe hier in Fulda. Gestern, noch bevor die Bischöfe sich das erste Mal in ihrem Sitzungssaal versammelten, hatte ihr Vorsitzender bereits der Presse deutlich gemacht, worum sich die Bischöfe alles kümmern wollen: Sie freuen sich über das Wahlergebnis der Bundeskanzlerin und gratulieren herzlich, sie bedauern das Ausscheiden der Freien Demokraten, man sieht sich durch den Papst ermutigt, man möchte seinen Worten folgen, die Ärgernisse im Bistum Limburg rund um den dortigen Bischof und sein neues Haus will man beseitigen – eine eigene Kommission soll helfen die Kosten transparent zu machen. Viele Dinge haben sich die Bischöfe auf ihre Tagesordnung geschrieben. Und sie haben auch durch ihren Sekretär und die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit eine gute Unterstützung, bei all den anstehenden Dingen:

Bevor die Bischöfe mit ihren Beratungen anfingen, durften wie gewohnt die zahlreichen Kamera- und Presseleute den Auftakt filmen und beobachten. Aber auf Bilder, die den in den letzten Wochen besonders angefragten Bischof von Limburg zeigten, warteten sie vergeblich. Dieses Jahr wurden die versammelten Journalisten durch einen anderen Ausgang als den ihnen so vertrauten Weg geschickt. Die alten Hasen unter den Journalisten bemerkten auch schnell den Grund dafür: So konnte der Limburger Bischof ohne großes Aufsehen an ihnen vorbei eingeschleust werden. Am frühen Morgen heute früh saß er aber in großer brüderlicher Eintracht, fast unauffällig, neben seinen Mitbrüdern.

Alles andere als unauffällig ist der neue Weihbischof Ansgar Puff aus Köln. Alleine durch seine Köpergröße überragt er fast alle. Er wird lachend und frohgemut in den Kreis der Bischöfe aufgenommen, als sein Kölner Kardinal Meisner ihn in kleiner Runde vorstellt. Platznehmen darf der frisch geweihte neue Bischof aus Köln allerdings erst einmal in der allerletzten Reihe ganz hinten links. Die Sitzordnung geht nach Dienstjahren und Rang. Kardinal Meisner, dienstältester Bischof, sitzt dementsprechend ganz vorne, neben ihm die anderen Kardinäle und der Vorsitzende der Bischofskonferenz.  Auch der aus dem Amt scheidende Nuntius Erzbischof Perisset ist noch einmal eigens nach Fulda gereist, um sich zu verabschieden. In der Frühmesse muss er bei der Verteilung der Kommunion einige Mädchen eigens extra ermahnen und zur Ordnung rufen. Freude am Glauben hin oder her, Ordnung muss sein und man hat den hohen Diplomaten des Vatikans selten so energisch gesehen.

Draußen vor dem Dom nach dem Gottesdienst ist dann wirklich die Freude groß. Der Gottesdienst dauert gut 80 Minuten, das heißt, auch die zweite Unterrichtsstunde fällt – Gott sei Dank (!)– aus. Dem interessierten Reporter berichten zwei Mädchen noch, dass sie es ungerecht fänden, dass katholische Priester nicht heiraten dürften, wenn sie doch gerade die Liebe weitergeben sollten. Ein weiteres langhaariges Mädchen ergänzt, Frauen könnten in der Kirche auch nichts Richtiges werden, da sollten die Bischöfe ruhig mal drüber nachdenken, wenn die Kirche weiter „überleben wolle…“. Das werden die meist grauhaarigen Kirchenmänner auch beherzigen. Am Donnerstagmittag ist die Presse eingeladen: „Das Zusammenwirken von Frauen und Männern im Dienst und Leben der Kirche“ soll noch mal vorgestellt werden. Das stand schon bei der Frühjahrsvollversammlung in Trier auf der Tagesordnung. Aber gut Ding will eben Weile haben und die Fulda fließt ganz ruhig und gemütlich unterhalb des großen Doms, dort, wo die alten Hasen genau wissen, wo es lang geht …


Erzbischof Zollitsch in Fulda (epd)
Erzbischof Zollitsch in Fulda / ( epd )

Bischöfe in Fulda (epd)
Bischöfe in Fulda / ( epd )

Bischof Tebartz-van Elst in Fulda (epd)
Bischof Tebartz-van Elst in Fulda / ( epd )

Ernste Mienen in Fulda (DR)
Ernste Mienen in Fulda / ( DR )
Quelle:
DR