Islamkonferenz startet in zweite Phase

Zum Auftakt vier Projekte

Überschattet vom Boykott großer muslimischer Verbände ist die Deutsche Islamkonferenz in ihre zweite Phase gestartet. Erstmals tagte in Berlin das neue Plenum der Konferenz unter Leitung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Nach der konstituierenden Sitzung wurde das Arbeitsprogramm beschlossen.

 (DR)

Nach der konstituierenden Sitzung am Montag in Berlin sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), die Zugehörigkeit der Muslime als Bürger solle gestärkt werden. Die Konferenz wolle dazu beitragen, dass aus Andersartigkeit kein Problem entstehe. An der vierstündigen Zusammenkunft nahmen sechs islamische Verbände, muslimische Einzelpersonen sowie Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen teil. Die nächste Plenarsitzung soll Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres stattfinden.

Zwei wichtige muslimische Dachverbände waren nicht vertreten. Der Islamrat wurde wegen laufender Ermittlungen gegen seine Mitgliedsorganisation Milli Görus ausgeschlossen. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland sagte seine Teilnahme ab, weil er sowohl die personelle Zusammensetzung als auch die Themensetzung kritisiert.

Vier "vordringliche Projekte"
Bei der ersten Sitzung wurde ein Arbeitsprogramm für diese Legislaturperiode beschlossen, das vier vordringliche Projekte enthält. Es sollen ein Modellkonzept für die landeskundliche Fortbildung von Imamen sowie ein bundesweites Modellprojekt für islamischen Religionsunterricht entwickelt werden. Daneben will die Islamkonferenz eine Studie zur Geschlechterungleichheit in Auftrag geben. Schließlich soll eine Begriffsdefinition stattfinden. In diesem Glossar soll etwa die Grenze zwischen Islam und Islamismus gezogen werden.

Das Arbeitsprogramm sei einvernehmlich beschlossen worden, berichtete de Maizière. Allerdings gaben die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) und der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) ergänzende Stellungnahmen ab.

Der Bundesinnenminister betonte, dass die Islamkonferenz keine Vertretung der Muslime und auch kein Religionsseminar sei, sondern eine Dialogplattform. Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU) sagte, die Defizite bei der Integration hätten zunächst nichts mit der Religion zu tun. Das müsse getrennt betrachtet werden. Der Oberbürgermeister von Nürnberg, Ulrich Maly (SPD), verwies darauf, dass das Zusammenleben von Menschen immer konfliktträchtig sei. Es müsse aber aufgepasst werden, wenn normale Konflikte eine ethnische oder religiöse Komponente bekämen.

Eine "Art Verhandlungsprozess"
Von muslimischer Seite wurde bei der ersten Sitzung vor allem sprachliche Differenzierung gefordert. Auch die Einrichtung islamisch-theologischer Lehrstühle könne die Sprachfähigkeit verbessern, sagte Ali Dere von DITIB. Die iranische Theologin Hamideh Mohagheghi, die als unabhängige Muslimin an der Islamkonferenz teilnimmt, warnte davor, soziale Probleme entweder religiös zu überfrachten oder zu behaupten, sie hätten nichts mit der Religion zu tun. Es müsse ein Mittelweg gefunden werden.

Nach Ansicht des Politologen Hamed Abdel-Samad ist die Islamkonferenz eine "Art Verhandlungsprozess". Es gehe darum, rechtliche Rahmenbedingungen für die Institutionalisierung des Islams zu finden. Innerislamisch müsse geklärt werden, welcher Islam in Deutschland unterrichtet werden solle, sagte Abdel-Samad, der ebenfalls zu den zehn muslimischen Einzelpersönlichkeiten in der Islamkonferenz gehört.